Patricia Vandenberg

Das Amulett Staffel 3 – Liebesroman


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Annette heklommen, nachdem die Kleine das Zimmer verlassen hatte.

      »Ich weiß nicht, was mein Bruder falsch verstanden hat«, erwiderte Almut herzlich und streckte Annette ihre Hand entgegen. »Wir können uns doch aussprechen, von Frau zu Frau, Annette.«

      »Ich weiß es auch nicht«, meinte Annette ratlos. Ein unterdrücktes Schluchzen war in ihrer Stimme, das Almuts feines Ohr vernahm.

      Warm ergriff sie die Hand der anderen. »Ich kann sehr schlecht sehen«, sagte sie verhalten, »aber dafür kann ich um so besser hören, Annette. Magnus ist seit Sonnabendnachmittag völlig verändert. Es muß etwas geschehen sein.«

      Seit Sonnabendnachmittag? Annette überlegte. Konnte er etwa Bob Webster gesehen haben?

      »Ich kann es mir nur so erklären, daß Magnus Sie sehr gern hat und irgendwie enttäuscht worden ist«, sprach Almut weiter. »Ich komme zu keinem anderen Ergebnis. Annette, ich bin eine völlig hilflose Frau. Magnus war mein ganzer Halt in diesen Jahren. Sie kennen meine Geschichte nicht, sonst könnten Sie mich verstehen.«

      »Doch, ich kenne Ihre Geschichte, Frau von Thalau«, erwiderte Annette. »Und ich kenne auch Bob Webster.«

      Almut erstarrte. »Sie kennen ihn?«

      »Ich möchte ihn aus meinem Gedächtnis streichen wie Sie«, entgegnete Annette mutig. »Ich weiß nicht, warum ausgerechnet ich ihm begegnen mußte«, fuhr sie fort. »Was er mir angetan hat, ist wohl bei weitem nicht so schlimm wie das, was er Ihnen zufügte.«

      Almut von Thalau suchte nach einem Halt, und griff blindlings nach dem Amulett, dessen Glanz sogar ihre schwachen Augen erfaßt haben mußten.

      »Was ist das?« fragte sie ganz erregt.

      »Ein Amulett«, erwiderte Annette mit tränenerstickter Stimme. »Nehmen Sie es. Es ist alles, was ich noch tun kann.«

      Leise Schritte schreckten sie auf. »Onkel Magnus kommt«, raunte Jasmin.

      Annette wandte sich zur Flucht, aber sie kam nicht weit. Ihr Fuß verfing sich in dem Teppich, sie stolperte und im nächsten Augenblick fingen sie zwei kräftige Arme auf. Das geliebte Gesicht, das sie im Wachen und Träumen verfolgte, war dicht über ihr, sein Atem streifte ihre Stirn.

      Magnus von Thalau blickte mit brennenden Augen auf den Kopf, der an seiner Schulter ruhte.

      Eine Tür fiel zu. Das Geräusch rief ihn in die Wirklichkeit zurück. Mit einer heftigen Bewegung schob er Annette von sich.

      »Ich glaube, wir haben uns nichts mehr zu sagen«, stieß er hart hervor. »Bob Webster ist mein größter Feind. Wissen Sie nun Bescheid?«

      Annette besaß plötzlich die Kraft, ihm in die Augen zu blicken.

      »Ich verstehe es«, antwortete sie ruhig. »Aber hatten wir beide uns jemals etwas zu sagen? Seien Sie doch so fair, mich wenigstens anzuhören, Herr von Thalau. Ich wußte nicht, was Webster Ihrer Schwester angetan hat, als ich ihn kennenlernte. Mit ihm habe ich nichts mehr zu schaffen.«

      »Und das soll ich Ihnen glauben?« fragte er zornerfüllt. »Warum hat er Sie dann besucht?«

      »Ich würde es erklären, wenn Sie mir dazu Gelegenheit geben«, bat Annette.

      Jäh war Magnus die Erkenntnis gekommen, daß Annette ihm mehr bedeutete, als er sich eingestehen wollte.

      »Ich kenne Webster noch nicht lange«, berichtete Annette. »Er wurde mir von Bekannten vorgestellt, die über jeden Zweifel erhaben sind. Vielleicht verfüge ich über keine allzu gute Menschenkenntnis, aber würden Sie mir sagen können, ob Sie ihn sogleich durchschaut haben? Und wenn es so war, warum haben Sie Ihre Schwester dann nicht vor dieser Heirat bewahrt?«

      Es war pure Selbstverteidigung, daß sie so aggressiv wurde.

      »Sie brauchen mir nichts zu erklären«, erwiderte er schroff. »Wenn ich Sie bitte, alles, was mit Webster zusammenhängt, für sich zu behalten, so tue ich es meiner Schwester zuliebe.«

      »Und Sie meinen, ihr damit helfen zu können, wenn Sie schweigen? Übrigens habe ich es Ihrer Schwester gesagt. Ich wollte ihr sehr gern helfen, aber natürlich möchte ich Ihren Unwillen nicht noch mehr erregen. Bitte, geben Sie ihr dieses Amulett und sagen Sie ihr, daß ich ihr von ganzem Herzen alles Gute wünsche!«

      »Annette«, rief er und wollte ihr nachlaufen, da stand Almut in der Tür.

      »Laß sie jetzt gehen, Magnus«, sagte sie sanft. »Du bist zu erregt, um vernünftig zu denken. Laß uns beide lieber miteinander sprechen. Annette hat recht. Man muß sich aussprechen können. Ich habe alles gehört, was sie sagte. Willst du etwa um meinetwillen leugnen, daß du sie liebst?«

      »Was redest du denn da?« brauste er auf.

      »Gib mir das Amulett«, bat Almut. »Vorhin, als ich es in der Hand hatte, fühlte ich mich viel leichter.«

      »Das Amulett der Fatima Radames«, meinte er. »Wie ist Annette in seinen Besitz gekommen?«

      *

      Annette ging langsam durch den Garten.

      Was würde Felicia dazu sagen, daß sie das Amulett weitergegeben hatte?

      »Annette«, wisperte ein Stimmchen. Die Büsche teilten sich, und unter ihnen kam Jasmin hindurchgekrochen.

      »Ich habe eine Latte zur Seite geschoben«, erklärte sie verschmitzt. »Da merkt es gar keiner, wenn ich zu dir komme.«

      »Das darfst du nicht, Jasmin«, versuchte sie die Kleine zu tadeln. »Du mußt befolgen, was dein Onkel sagt.«

      »Ich will aber nicht folgen«, beharrte Jasmin eigensinnig. »Vielleicht mag Onkel Magnus nur nicht, daß du einen anderen Mann hast. Ich mag es auch nicht gern«, fügte sie kleinlaut hinzu.

      »Ich habe keinen anderen Mann«, widersprach Annette. »Du hast das falsch verstanden.«

      »Dann soll es mir Onkel Magnus erklären«, verlangte Jasmin. »Ich komme jedenfalls doch zu dir. Oder schickst du mich weg?«

      Tränen blinkten in ihren Augen. Ungestüm warf sie sich in Annettes Arme, die sich fest um den bebenden Kinderkörper schlossen. Nicht einmal dieses Glück sollte mir vergönnt sein, dachte sie voller Schmerz. War es so, daß das Amulett manchen Menschen alles schenkte und anderen alles nahm?

      »Geh jetzt wieder zu deiner Mami. Jasmin«, bat sie traurig. »Ich werde dich immer liebbehalten.«

      Ganz fest drückte sie das Kind an sich, doch plötzlich befreite es sich und verschwand eilends wieder hinter den Büschen. Annette drehte sich um. Durch einen Tränenschleier bemerkte sie den Mann, der durch den Garten auf sie zukam, was wohl der Grund für Jasmins schnellen Rückzug war.

      Ihr Herz schlug bis zum Hals, als sie sah, wie er bittend die Hände hob, und sie wußte nicht, wie es geschehen konnte, daß sie ihm blindlings entgegenstolperte und von seinen Armen aufgefangen wurde wie vorhin.

      Doch diesmal war es anders. Diesmal hielt er sie ganz fest, und seine Lippen glitten über ihr Gesicht. Weich, zärtlich und voller Sehnsucht, bis sie ihren Mund fanden.

      »Vergiß, was ich gesagt habe!« bat er. »Wir werden über alles sprechen. Ieh will nicht, daß etwas zwischen uns steht. Aber gibt es jetzt überhaupt noch etwas zu klären?«

      »Ich liebe dich«, flüsterte sie.

      »Ich liebe dich«, sagte auch er, und das löschte alle Zweifel aus.

      *

      »Ich muß dir etwas sagen, Mami«, rief Jasmin.

      Almut saß in ihrem Sessel am Fenster und blickte auf das Amulett, das in ihrer Hand lag.

      »Was mußt du mir sagen?« fragte sie gedankenverloren.

      »Onkel Magnus ist zu Annette gegangen«, berichtete Jasmin. »Ist er ihr jetzt nicht mehr böse?«

      »Er war ihr nicht böse.«

      »Was