Magda Trott

PUCKI (Buch 1-12)


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      »Bekomme ich dann auch eine Waffel?«

      »Komm mal mit, ich werde die Minna fragen.« Pucki streckte die Hand aus und versuchte den Primaner in den Garten zu ziehen.

      »Laß nur«, wehrte der ab, »wir wollen die Waffeln deinen kleinen Gästen nicht fortnehmen.«

      »Komm nur ruhig mit in den Garten. Mutti hat gemeint, wir sollen nachher spielen, dann kannst du mitmachen.«

      »Siehst du, Claus«, lachte der Oberförster, »nun hast du gleich eine Beschäftigung. Pucki wird dir schon zu tun geben.«

      Der Primaner schien wenig Lust zu haben, mit all den kleinen Kindern zu spielen. Aber Pucki ließ seine Hand nicht mehr los.

      »Nur ein bißchen, weil – ich dich doch so gern hab'!«

      »Du kennst mich doch noch gar nicht.«

      »Nein; aber jetzt kenne ich dich, und dich habe ich gern. – Ich habe aber auch den Harras gern. – Du mußt dir mal den Harras ansehen.«

      Frau Sandler, die noch im Garten umherging, um die vielen kleinen Gäste nach Möglichkeit zu bewirten, bemerkte den Oberförster mit seinen beiden Söhnen. Sie kam rasch näher und erstattete mit verlegenem Lachen Bericht über den unerwarteten Besuch, der sich heute im Forsthause eingefunden hatte.

      »Es sollten nur einige bedürftige Kinder herauskommen, Herr Oberförster, aber Pucki hat wahrscheinlich die Einladung so ungenau gemacht, daß noch viele andere Kinder sich mit auf den Weg gemacht haben. Ich konnte sie doch nicht wieder fortschicken.«

      »Du – großer Claus«, flüsterte Pucki, »das sind alles kleine Kinder, die furchtbar hungern. Aber heute sind sie satt.«

      »Macht dir das Freude, Pucki?«

      »Sehr große!«

      »Du bist ein braves, kleines Mädchen.«

      »Kommst du jetzt mit uns spielen, großer Claus? Ich rufe schnell ein paar Kinder, dann gehen wir in den Wald und spielen.«

      Es gelang Claus Gregor nicht, sich fortzuschleichen.

      »Bleibe nur hier«, lachte der Oberförster, »die kleine Pucki rechnet auf deine Hilfe. Lange wird es ja nicht dauern.«

      Pucki hatte sich verschiedene Kinder zu einem Kreisspiel herangeholt. »Wir spielen nun ›Fuchs, du hast die Gans gestohlen.‹«

      Hell und lustig erklangen die Kinderstimmen. Claus Gregor mußte mitsingen. Und während man sich dauernd im Kreise drehte, tönte es durch den Wald:

      »Fuchs du hast die Gans gestohlen,

       Gib sie wieder her,

       Sonst wird dich der Jäger holen

       Mit dem Schießgewehr.«

      Pucki sang das Lied bis zu Ende.

      »Nimm, du brauchst nicht Gänsebraten,

       Mit der Maus fürlieb!«

      Da lachte der große Claus, hob Pucki auf seinen Arm und schwenkte sie einige Male hoch in die Luft.

      Endlich kam Förster Sandler aus dem Walde heim und erklärte, es sei nun an der Zeit, daß die Kinder wieder heimgingen. Pucki bedauerte das auf das lebhafteste. Der heutige Tag war für sie eine einzige Freudenstunde gewesen, die sie gar gern noch länger ausgedehnt hätte.

      »Wir kommen bald wieder«, klang es von vielen Kinderlippen.

      »Ja, kommt mal recht bald!«

      Frau Sandler warf ihrem Manne einen verzweifelten Blick zu, doch der winkte beruhigend mit der Hand. Es ging selbstverständlich nicht, daß öfters ein derartiger Massenbesuch das Forsthaus aufsuchte.

      »Bist du nun glücklich?« fragte Pucki eine der Frauen, die mitgekommen war.

      »Sehr glücklich, du kleines Mädchen. Du kannst dir nicht denken, wie schlimm es ist, wenn man Kinder hat, die manchmal hungern und frieren müssen.«

      »Frieren mußt du auch?«

      »Sehr oft; wir sind arme Leute und haben kein Holz und keine Kohlen.«

      »Oh –« jubelte Pucki, »Holz kannste kriegen! Mein Vati hat so viel Holz! Weißt du was, wenn ihr wiederkommt, dann sage ich es dem Vati und dem Onkel Oberförster. Der hat noch viel mehr Holz! Dem gehört alles Holz, das im Walde steht. Der Onkel Oberförster ist sehr gut.«

      Für die gutgemeinten Worte des Kindes hatte die Frau nur ein Lächeln. Sie wußte genau, daß auch der gutmütigste Oberförster das Holz, das im Walde aufgeschichtet war, nicht verschenken durfte. Trotzdem nahm Pucki sich vor, den guten Onkel Oberförster bei der nächsten Gelegenheit darum zu bitten.

      Heinzelmännchen an der Arbeit

       Inhaltsverzeichnis

      »Au!«

      Pucki steckte den Finger in den Mund, aus dem ein großer Blutstropfen hervorquoll. Seit Tagen bestickte sie einen Lampenteller. Es war eine ganz leichte Handarbeit, aber Pucki machte sie große Mühe, und oftmals wurde das Genähte wieder aufgetrennt, weil sie die Nadel nicht in die richtigen Löcher gesteckt hatte. – Nun ging das Geburtstagsgeschenk für den Vater seiner Vollendung entgegen. Es waren nur noch am Rande einige Stiche auszuführen, und am Donnerstag würde der fertige Lampenteller auf dem Geburtstagstisch des Vaters liegen.

      Zu Puckis Füßen spielte die zweijährige Waltraut mit Bauklötzen. Auch sie schien schwere Arbeit zu haben, denn der Turm, der errichtet werden sollte, purzelte immer wieder zusammen. Schließlich fing Waldi an zu weinen und schleuderte einige der Bauklötzchen zornig gegen die Tür.

      »Bist du artig!« herrschte Pucki die kleine Schwester an, »sonst steche ich dich mit der Nadel!«

      »Waldi will einen Turm!«

      »Waldi ist ein kleines, dummes Mädchen.«

      »Waldi will einen Turm!«

      »Dann baue ihn dir.«

      »Kann nicht!« Die Kleine schlug zornig mit einem Klotz auf den Fußboden.

      »So ein unartiges Kind«, sagte Pucki seufzend.

      »Waldi will einen Turm!«

      »Husch – ruhig bist du!« Pucki schlug mit dem gestickten Lampenteller nach der kleinen Schwester, die erschrocken zurückwich und zu schreien begann.

      »Waldi will doch einen Turm!«

      Da sprang Pucki auf, aber Waldi ahnte, daß ihr etwas Unangenehmes blühte; sie lief davon, stolperte über den Teppich und fiel der Länge nach auf den Fußboden.

      »Siehst du«, sagte Pucki, »das kommt davon, wenn man unartig ist.«

      Waltraut schrie nun so laut, daß die Mutter herbeigeeilt kam. Sie mußte ihre Jüngste trösten.

      »O weh, das gibt eine ordentliche Beule am Kopfe«, sagte die Mutter bedauernd. »Unser Kleinchen wird ein Horn bekommen. – Weine nicht, Waltraut, Mutti reibt es gut ein, dann tut es nicht mehr weh.«

      »Ein Horn kriegt sie?« rief Pucki neugierig. »Genau so ein Horn, wie unsere Kuh hat?«

      »Nein, aber was habt ihr denn wieder gemacht?«

      »Sie wollte einen Turm, und ich wollte nicht. Dann habe ich sie auszanken wollen, da ist sie hingepurzelt, weil sie so unartig ist.«

      »Du mußt nett zu deinem kleinen Schwesterchen sein, Pucki, wie sich das für ein artiges Mädchen gehört. Aber auch Waltraut darf keine Mucken haben.«

      »O Mutti, Mutti!« jubelte Pucki, »jetzt weiß ich es, der Waldi wächst ein Muckenhorn! Vati hat mir erzählt, daß Mucki auch ein Muckenhorn auf der Stirn hat. – Mutti, jetzt hast du nicht nur eine Pucki, nu hast du auch noch 'ne Mucki mit