Scarlet Wilson

Moonlight Romance Staffel 2 – Romantic Thriller


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zunehmend beklommen zu Mute. Bei den zahlreichen Absichtserklärungen des Hausbesitzers, der selbst komfortabel im spanischen Marbella lebte, war es bisher geblieben.

      Angeblich war es technisch überaus schwierig, ja, »nahezu unmöglich«, einen Lift in dem bald hundertjährigen Gebäude zu installieren.

      Aber Maja und auch Tante Claudia besaßen doch allerhand Vergleichsmöglichkeiten in Schwabing und anderen Münchner Stadtteilen, wo es hervorragend gelungen war, einen bequemen Personenaufzug in altmodischen Treppenhäusern einzurichten.

      Auch in München wurden die Einwohner immer älter und viele sahen sich gezwungen, sich nur wegen der Treppenstufen eine andere Wohnung zu suchen, was wegen der exorbitanten Preise für Neubauten kaum möglich war – oder gleich und allzu oft gegen ihren Willen in ein Altenheim zu wechseln, weil ihre Beine dieser Belastung nicht mehr gewachsen waren.

      Maja hoffte inständig, dass Tante Claudia bald wieder auf dem Damm sein würde, um die Treppen bis in den vierten Stock zu bewältigen. Vom Wohnzimmer ihrer Wohnung aus ging es dann über eine Wendeltreppe noch ein weiteres Stockwerk in die Höhe hinauf. Aufs Dach nämlich, wo ein wunderschöner Garten angelegt war mit kleinen Bäumchen in Pflanzkübeln und einer Menge von Tontöpfen in verschiedenen Größen mit Stauden und Blumen in den verschiedensten Formen und großartigsten Farben.

      Ein überdachter Sitzplatz mit Tisch, samt etlichen Rattan-Stühlen und Liegen, dazu ein Elektrogrill machten die Großstadtidylle komplett. Maja jedenfalls hatte den phänomenalen Rundblick über die Dächer Münchens schon immer geliebt.

      Er reichte von den Alpen – bei Föhn hatte man den Eindruck, die Zugspitze direkt vor der Haustür zu haben – bis zu den vielen, architektonisch so verschiedenartigen Türmen von Kirchen, Klöstern, Hotels und anderen wichtigen Gebäuden. Dazwischen gab es ein Meer von roten und braunen Dächern; und dann waren da jeweils viele grüne Flecken und Flächen, nämlich einzelne Stadtteilparks, der Zoo und der alte Kastanienbestand entlang der sich durch die Stadt hindurch schlängelnden Isar. Und die riesige Parkanlage des »Englischen Gartens«, sowie den Alten und Neuen Botanischen Garten durfte man auch nicht vergessen.

      Als Maja vor Tante Claudias Tür stand, hoffte sie, dass Jens zuhause war. Wenn nicht, hatte er hoffentlich daran gedacht, den Schlüssel wie üblich unter die Fußmatte zu legen. Diese Methode hatten zwar weder Claudia noch Maja jemals für eine wirklich gute Idee gehalten. Aber Jens behauptete, jedem Dieb oder Einbrecher wäre es sowieso viel zu mühselig, die vier Etagen zu erklimmen.

      »Kein Gauner tut sich sowas an! Diese Kerle suchen sich ihre Opfer im Parterre, von wo aus sie schnell und leicht wieder abhauen können!«, hatte er schon oft die Bedenken von Mutter und Cousine beschwichtigt. Maja hätte es allerdings vorgezogen, wenn er den Wohnungsschlüssel trotzdem bei einem Nachbarn deponiert hätte.

      Sei’s drum! Die junge Frau bückte sich – den Rucksack, ein wahres Ungetüm wollte ihr auf einmal scheinen – hatte sie vorher abgesetzt – und ihre Finger tasteten unter dem Fußabstreifer herum.

      Kein Schlüssel. Folglich schien ihr Cousin sich in der Wohnung aufzuhalten. Umso besser! Maja beschloss, zu klopfen. Die Türklingel war ausgesprochen schrill und »geeignet, Tote aufzuwecken«, wie sie sich schon des Öfteren darüber lustig gemacht hatte. Also pochte sie gegen die dunkelbraune Eichenholztür; erst verhalten, dann immer stärker. Aber es rührte sich nichts. Hm.

      Auch als Maja ihr Ohr ans polierte Holz presste, konnte sie nicht den leisesten Ton aus der Wohnung vernehmen. Es blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als zu läuten und damit zu riskieren, ihre Tante eventuell unsanft aus dem Schlaf zu reißen.

      Maja läutete einmal, zweimal, dreimal. Um zu demonstrieren, dass nicht ein Zeuge Jehovas oder ein lästiger Hausierer Einlass begehrte – gab’s die Letzteren überhaupt noch? – benutzte sie schließlich den »Code«, den sie schon als Kind benutzt hatte, sooft sie ihre Lieblingstante besucht hatte: dreimal kurz, dreimal lang klingeln. Sie wiederholte das Procedere insgesamt dreimal – vergebens. Es nützte nichts.

      Maja verzog das Gesicht. Ausgesprochen blöd das Ganze! Jens hatte doch gewusst, dass sie kommen würde. Und: Was war mit Tante Claudia? Lag sie womöglich hilflos im Bett – oder hatte ihr Cousin mit seiner Mutter, der es überraschenderweise sehr schnell um vieles besser ging, einen Spaziergang unternommen, von dem sie noch nicht zurückgekehrt waren?

      Maja vergönnte ihrer Tante selbstverständlich jede Besserung – aber eigenartig war das Ganze schon. Am Telefon hatte Jens sich angehört, als sei seine Mutter vollkommen hilflos und er wisse nicht, wie er sie neben Studium und Ferienjob versorgen könne. Oder – furchtbare Vorstellung! – hatte sie vielleicht erneut ins Krankenhaus gebracht werden müssen?

      Oder war alles gar nicht so schlimm und der Bursche hatte bloß maßlos übertrieben und ihr damit grundlos den wohlverdienten Urlaub verdorben?

      Ehe sich weiterer Unmut in Majas Gemüt einzunisten vermochte, ging die gegenüberliegende Wohnungstür im Flur des vierten Stockwerks auf. Ein großgewachsener, schlanker, dunkelhaariger Mann in einem weinroten Jogginganzug, schätzungsweise Mitte fünfzig, mit attraktiven grauen Schläfen und sympathischem Gesicht trat auf Maja zu. Irgendwie kam er ihr bekannt vor, oder? Nein, doch nicht, entschied sie nach genauerem Hinsehen. Wahrscheinlich besaß er eine Ähnlichkeit mit einem bekannten Hollywoodschauspieler – dessen Name ihr jedoch im Augenblick nicht einfallen wollte.

      »Es muss endlich aufhören, dass ich bei jedem Fremden glaube, ihn von irgendwoher zu kennen! Das ist doch geradezu albern«, überlegte sie missmutig.

      Diesen Nachbarn hatte die junge Frau bewusst noch nie gesehen; er musste erst kürzlich eingezogen sein. Früher hatte dort ein steinaltes, aber noch erstaunlich mobiles Ehepaar gelebt.

      »Habe ich Sie durch mein Klingeln gestört? Entschuldigen Sie, bitte, aber ich mache mir Sorgen um Frau Ritter! Das ist meine Tante Claudia, müssen Sie wissen! Wie Sie sehen«, Maja deutete auf ihr sperriges Gepäckstück, »komme ich grade aus den Bergen. Ich habe extra den Wanderurlaub mit meinem Verlobten sausen lassen, um bei meiner Tante sein zu können …«

      »Warum, um Himmels willen, rede ich eigentlich so viel? Das Ganze wird den Mann doch kaum interessieren. Vermutlich ist er bloß durch mein andauerndes Läuten genervt!«, überlegte sie und genierte sich auf einmal sehr über ihr Mitteilungsbedürfnis .

      Jedoch der Nachbar winkte freundlich lächelnd ab. »Aber, ich bitte Sie! Von einer Störung kann doch keine Rede sein. Ich weiß Bescheid: Frau Ritters Sohn hat bei mir den Wohnungsschlüssel hinterlegt, weil er selbst dringend weg musste. Übrigens, gestatten Sie, dass ich mich vorstelle: Mein Name ist Rolf Fechner!«

      Dabei ließ der hilfsbereite Nachbar an einem roten Band einen Schlüsselbund vor Majas Nase hin und her baumeln.

      Automatisch wollte sie danach greifen, aber Rolf Fechner zog die Hand zurück. Etwas schüchtern grinste er auf sie herunter.

      »Ich hätte noch eine große Bitte an Sie, meine liebe junge Dame! Sie heißen »Maja«, nicht wahr?«, fügte er hinzu und schaute ihr fragend in die blaugrünen Augen.

      »Ja, Maja Steinmetz«, gab sie kurzangebunden zur Antwort, wobei sie ihren Familiennamen betonte. Typisch für den unbekümmerten Twen Jens, dass er nur ihren Vornamen weitergegeben hatte! Aber sie mochte es nicht, von Wildfremden gleich so vertraulich angesprochen zu werden. Anders als ihre Altersgenossen blieb sie zu Anfang lieber beim »Sie«.

      »Was kann ich für Sie tun, Herr Fechner?« Maja bemühte sich, ihren etwas schroffen Tonfall durch eine liebenswürdige Miene abzumildern.

      »Es ist nämlich so«, begann Tante Claudias Nachbar zögerlich, »obwohl ich Jens versprochen habe, mich die nächste Zeit um seine Mutter zu kümmern, bin ich doch ausgesprochen erleichtert, dass Sie, Frau Steinmetz, tatsächlich gekommen sind! Ich bin freischaffender Architekt und zurzeit nicht gerade auf Rosen gebettet. Ausgerechnet heute aber habe ich einen recht viel versprechenden Auftrag zum Entwurf für ein großes neues Einkaufszentrum erhalten, den ich wahrlich gut gebrauchen könnte.

      Das heißt für mich im Klartext, dass ich etwa ein, zwei Wochen lang enorm unter Druck stehen