Susanne Lücke-David

Die Baustile


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       14 Verschiedene Formen des Antentempels. Schematische Darstellung

      Die Baumeister griffen hierbei auf die älteste Tempelform Griechenlands zurück: den Tempel ohne Säulenumgang, der nichts anderes war als das Haus eines Gottes. Später bildete es den Kern des Peripteros (s. S. 12). Auch die üblichen Schatzhäuser hatten die Gestalt eines Antentempels.

      In seiner schlichtesten Form ist auch der römische Antentempel ein rechteckiger gemauerter Bau mit einer überdachten Vorhalle, die aus den vorgezogenen Längswänden (den Anten) und zwei zwischen sie gestellten Säulen besteht. Mit der Zeit bildeten sich verschiedene Spielarten heraus.

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      15 Römischer Podiumstempel. Die Maison Carrée in Nîmes, 19 v. Chr.

      Dieser Typus des Tempels hat etruskische Wurzeln. Er steht auf einem hohen durchgehenden Sockel als Unterbau. Die Längsseiten des Sockels sind nach vorn verlängert, zwischen den beiden freien Sockelenden liegt eine steile, hohe Treppe, die zur Vorhalle mit frei stehenden korinthischen Säulen führt. Die dreijochige Vorhalle ist mit einer Kassettendecke versehen. Über Architrav und einem mit Zahnschnitt ornamentierten Fries liegt ein Dreiecksgiebel. Längsseiten und Rückseite sind von Halbsäulen umgeben, die der Wand anliegen.

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       16 Rom, Domus Aurea, nach dem Brand von Rom 64 n. Chr. Radierung von G. B. Piranesi, 1756

      Die eindrucksvollste und folgenreichste Leistung römischer Baumeister ist die Wölbungstechnik, die auf eine alte orientalische Tradition zurückgreifen konnte. Die Ruine der Domus Aurea (des „Goldenen Hauses“ des Nero) gewährt Einblick in drei Räume, die mit kassettierten Tonnen eingewölbt sind.

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       17 Kreuzgratgewölbe

      Auch das Kreuzgratgewölbe, das im Norden seit der Romanik eine so wichtige Rolle spielen sollte, geht auf die römische Baukunst zurück. Es ist als Durchdringung zweier Tonnengewölbe im rechten Winkel zu verstehen.

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       18 Kreuzgratgewölbe in den Diocletians-Thermen

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       19 Römische Deckenkassetten. Nach A. Palladio

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       20 Rom, Pantheon, 119-125, Grundriss. Nach A. Palladio

      Dieser Typus eines gigantischen Rundbaus hat keine Vorbilder in der griechischen Architektur. Er steht vielmehr in der Tradition altitalischer Heiligtümer. In die Außenwand des mächtigen Rundbaus sind in gleichen Abständen sieben Nischen eingelassen, anstelle einer achten (im Norden) liegt der Eingang, den man durch eine dreischiffige Vorhalle (Pronaos) betritt.

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       21 Rom, Pantheon, Front. Nach A. Palladio

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      Vor dem überwölbten Rundbau liegt die dreischiffige Vorhalle mit 8 korinthischen Säulen aus Granit, die einen Dreiecksgiebel tragen, der die Mitte der Attika verdeckt.

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       22 Rom, Pantheon, Kassetten der Kuppel. Nach A. Palladio

      Die Kassetten sind in fünf konzentrischen Ringen angeordnet. Jeder Ring enthält 28 Kassetten, die in die Tiefe abgetreppt sind.

      Kleine Rundtempel sind uns bereits aus Griechenland bekannt (Toloi). Den gemauerten Kernbau, die Cella, umgibt ein frei stehender Säulenkranz.

      Die Cella des hier vorgestellten Tempels auf dem Forum Boarium in Rom ist von einem Umgang mit 20 korinthischen Säulen umgeben.

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       23 Rundtempel, Aufriss und Schnitt. Nach A. Palladio

      Eine besondere Form des Rundtempels ist der Monopteros. Er besitzt keine Cella und hat die Gestalt einer offenen gedeckten Säulenhalle. Er sollte zum beliebten Requisit des Englischen („sentimentalischen“) Gartens im 18. und 19. Jahrhundert werden.

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       24 Rom, Colosseum, 72-80. Radierung von G. B. Piranesi, 1756

      Das Colosseum sollte vor allem durch die Gestaltung der Außenwand Inspirationsquelle neuzeitlicher Architekten werden: Das Erdgeschoss wird durch toskanische (= dorische), das erste Obergeschoss durch ionische und das darüber liegende durch korinthische Halbsäulen gegliedert. Diese Art der Gliederung der einzelnen Geschosse sollte von der Renaissance an kanonisch werden.

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       25 Rom, Konstantins-Bogen, 315 n. Chr. Radierung von G. B. Piranesi, 1756

      Dieser Typus des Ehrenbogens wurde von den Römern geschaffen. Der Triumphbogen ist frei stehend und hat eines oder drei Tore, von denen das mittlere höher ist als die beiden seitlichen. Mit Elementen der Tempelfassade entstand hier eine völlig neue Struktur. Der Mauer sind monumentale Halbsäulen vorgelegt, die das Gebälk tragen. Darüber liegen Dreiecksgiebel und Attika. Der römische Triumphbogen fand zahlreiche Nachahmungen in nachantiker Zeit, etwa mit dem Arc de Triomphe du Carroussel in Paris oder dem Siegestor in München.

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       26 Komposite („lateinische“) Ordnung. Nach A. Palladio

      Aus einer vielgliedrigen Basis wächst der kannelierte Säulenschaft.

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       27 Komposites Kapitell. Nach A. Palladio

      Das Kapitell ist eine Kombination aus ionischem und korinthischem Kapitell. Über zwei Reihen von Akanthusblättern liegt meist ein ionischer Eierstab, aus dem oben an beiden Seiten je eine große, nach unten eingerollte Volute wächst. Darüber liegt der Abakus.

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       28 Toskanische Ordnung. Nach A. Palladio

      Aus der dorischen entwickelte sich in der Toskana die toskanische Ordnung. Anders als die dorische hat die Säule eine Basis und einen glatten Schaft (ohne Kanneluren), der oben mit einem Ring abschließt. Das Kapitell besteht aus einem niedrigen schmucklosen Echinus und einem Abakus. In der Neuzeit wird die toskanische in der Regel anstelle der dorischen Säule eingesetzt. In Palladios Worten ist sie die „schlichteste und einfachste aller Ordnungen der Baukunst“.

      Nachdem unter Theodosius das Christentum zur Staatsreligion geworden war, wurden neben Neubauten christlicher Basiliken heidnische Tempel in Kirchen umfunktioniert, wie etwa das Pantheon in Rom. Dass die frühchristliche Baukunst an die römische anschließt, ist nur natürlich, schließlich stehen