Er lächelte. „Sí. Aber lockerer. So wie ich. Eins, zwei, drei, Pause. Fünf, sechs, sieben, Pause.”
Das Mädchen lachte nervös, als sie begann, sich mit ihm zu bewegen, sie lockerte die Postur etwas, als ihre Bewegungen selbstbewusster wurden. Alvaro wartete auf den richtigen Augenblick, hielt noch inne, wartete darauf, dass das Lied endete und ein weiteres begann, bevor er sanft eine Hand auf ihre Hüfte legte, die beiden sich weiter im Rhythmus bewegten und er sagte: „Du bist ziemlich hübsch. Wie heißt du?”
Das Mädchen wurde erneut tiefrot. „Megan.”
„Megan”, wiederholte er. „Ich bin Alvaro.”
Das Mädchen, Megan, schien sich danach weiter zu entspannen und erlag dem Charme eines dunklen, attraktiven Fremden in einem exotischen Land. Er hatte sie genau dort, wo er sie wollte. Sie wagte sich näher an ihn heran, schloss ihre Augen, fühlte die Musik, wie er ihr angewiesen hatte. Ihre Hüften schwangen mit jedem kleinen Salsaschritt näher und entfernter - er bemerkte, dass sie zwar nicht so kurvig oder erfreulich wie Luisas Hüften waren, aber dennoch attraktiv. Alvaro wusste aus Erfahrung, nicht zu schnell voranzuschreiten, sondern ließ zuerst die Musik und ihre Vorstellungskraft wirken, und dann...
Er legte die Stirn in Falten als ein Gefühl ihn durchdrang. Es war ungewöhnlich, dass die hämmernde elektronische Musik der Disko nebenan, bis durch die Wände klang, doch er könnte schwören, dass er sie gehört hatte.
Nicht gehört, bemerkte er - gespürt. Er fühlte ein seltsames Brummen in seinem Körper, es war schwer, es wahrzunehmen und noch schwieriger, es zu beschreiben. Seine sofortige Annahme war, dass es sich um den lauten Bass der zu starken Lautsprecher der Disko nebenan handelte. Seine rothaarige Tanzpartnerin öffnete ihre Augen, ihr Gesicht zeigte Sorgenfalten. Sie spürte es auch.
Plötzlich veränderte sich der ganze Club - oder zumindest erschien es Alvaro so, während eine Welle von Schwindelgefühl ihn überkam. Er taumelte zur Seite, fing sich auf dem linken Bein auf, bevor er ich festhielt. Das amerikanische Mädchen hatte nicht so viel Glück, sie fiel auf die Hände und Knie. Die Musiker der Band hörten einer nach dem anderen auf, zu spielen und Alvaro konnte das Stöhnen und das verängstigte Keuchen der Gäste von La Piedra hören, begleitet vom leisen Hämmern des Basses nebenan.
Was auch immer das war, es betraf alle.
In seinem Schädel brauten sich starke Schmerzen zusammen, während Übelkeit in ihm aufkam. Alvaro blickte scharf und gerade rechtzeitig nach links, um Luisa hinter der Theke fallen zu sehen.
Luisa!
Er schaffte zwei Schritte voran, bevor das Schwindelgefühl ihn wieder überkam und er in einen Tisch taumelte. Gläser fielen zu Boden, als er den Tisch umwarf. Eine Frau schrie, doch Alvaro konnte nicht erkennen, woher es kam.
Er fiel auf die Hände und Knie und kroch weiter, entschlossen, Luisa zu finden. Aus der Kneipe herauszukommen, selbst wenn das bedeutete, dass er sich und sie über den Boden rauszerren müsste. Doch als er das nächste Mal aufblickte, konnte er nur vage Formen sehen. Alles war verschwommen. Der Lärm der in Panik ausgebrochenen Kneipe fiel von ihm, wurde durch einen einzigen, hohen Ton ersetzt. Die bunten Farben von La Piedra trübten sich, die Ränder seines Blickfeldes wurden braun und dann schwarz. Alvaro ließ sich zu Boden fallen, voller Übelkeit und Schwindelgefühl und unfähig, etwas anderes als den Ton zu hören, bevor er das Bewusstsein verlor.
KAPITEL VIER
Jonathan Rutledge wollte nicht aufstehen.
Er musste zugeben, dass es ein wunderbares Bett war. Riesig, bequem, wie für einen König, auch wenn es für einen Präsidenten geschaffen war.
Er stöhnte, als er sich umdrehte und instinktiv nach dem leeren Platz neben sich griff. Komisch, dachte er, wie er auf seiner Seite des Bettes blieb, obwohl Deirdre auf Reisen war. Er war erstaunt darüber, wie schnell sie sich an ihre neue Position gewöhnt hatte. Momentan war sie auf Reise durch den mittleren Westen, um finanzielle Unterstützung für Kunst- und Musikprogramme an öffentlichen Schulen zu bewerben. Er hingegen drückte sein Gesicht tiefer in sein Daunenkissen, als ob er so den Lärm übertönen könnte, von dem er wusste, dass er gleich käme.
Und schon klingelte das Telefon auf seinem Nachtisch erneut.
„Nein”, sagte er ihm. Es war Thanksgiving. Heute musste er nur einen Truthahn begnadigen, für ein paar Bilder mit seinen Töchtern posieren und dann ein nettes, persönliches Essen mit ihnen genießen. Warum nervten sie ihn schon so früh an einem Feiertag?
Ein lautes Klopfen an der Tür erschreckte ihn. Rutledge setzte sich auf, rieb sich die Augen und fragte laut: „Ja?”
„Mr. Präsident.” Eine weibliche Stimme schwebte durch die dicke Tür des Hauptschlafzimmers des Weißen Hauses zu ihm. „Tabby hier. Darf ich eintreten?”
Tabitha Halpern war seine Stabschefin. Sie konnte so früh keine guten Nachrichten bringen und bestimmte keinen Kaffee.
„Wenn es sein muss”, murmelte er.
„Sir?” Sie hatte ihn nicht gehört.
„Kommen Sie rein, Tabby.”
Die Tür ging auf und Halpern kam rein. Sie war vornehm in einem dunkelblauen Hosenanzug mit einer frisch weißen Bluse gekleidet. Sie tat zwei flinke Schritte voran und hielt dann genauso plötzlich inne, blickte hinunter auf den Teppich und fühlte sich anscheinend unangenehm dabei, sich über den Präsidenten zu lehnen, während dieser noch in Seidenpyjamas im Bett lag.
„Sir”, teilte sie ihm mit, „es gab einen... Vorfall. Sie werden im Krisenraum erwartet.”
Rutledge runzelte die Stirn. „Was denn für ein Vorfall?”
Sie schien zu zögern. „Ein vermutlich terroristisches Attentat in Havanna.”
„An Thanksgiving?”
„Es geschah letzte Nacht, aber... technisch gesehen schon, Sir.”
Rutledge schüttelte seinen Kopf. Was für Monster planten ein Attentat an einem Feiertag? Außer...
„Tabby, feiert man Thanksgiving in Kuba?”
„Sir?”
„Egal. Habe ich Zeit für einen Kaffee?”
Sie nickte. „Ich lasse Ihnen sofort einen hochschicken.”
„Super. Sagen Sie Ihnen, dass ich in zwanzig Minuten da bin.”
Tabby machte auf dem Absatz kehrt und marschierte aus dem Schlafzimmer, schloss die Tür hinter sich und überließ es Rutledge, leise darüber zu grummeln, wie ungerecht doch alles war. Schließlich schwang er sich barfuß aus dem Bett und stand auf, streckte sich und stöhnte erneut und wunderte sich vermutlich schon zum zehntausendsten Mal, wie es dazu gekommen war, dass er im Weißen Haus lebte.
Die technische Antwort war einfach. Fünf Wochen zuvor war Rutledge der Sprecher des Hauses - und ein verdammt guter, wenn er das so sagen durfte. Über den Lauf seiner politischen Karriere hatte er einen Ruf als Mann gewonnen, der nicht käuflich war, der sich an seinen Moralcode hielt und nicht von seinen Überzeugungen abzubringen war.
Doch dann kamen die Nachrichten über die Beteiligung des ehemaligen Präsidenten Harris an dem russischen Plan, die Ukraine zu annektieren. Aufgrund des unbestreitbaren Beweises in Form einer Aufnahme durch die Dolmetscherin war das Amtsenthebungsverfahren rasend schnell. Dann, kurz vor Harris’ sicherer Amtsenthebung, hatte der Präsident es darauf abgesehen, das Urteil zu mildern, indem er seinen eigenen Vizepräsidenten der Mitwissenschaft anklagte. Vizepräsident Brown gab sofort nach und plädierte im Sinne der Anklage, dass er über Harris’ Verwicklung mit Kozlovsky und den Russen informiert war.
All das war an einem Tag geschehen. Bevor Rutledge überhaupt die Abschrift von Browns Aussage