Zuneigung und nicht um irgendein pseudowissenschaftliches Geschwafel! Oder interessiert es dich tatsächlich, dass Ellen mit E anfängt, wie 5,5% aller in Deutschland gebräuchlichen Mädchennamen, weit hinter den häufigsten A und S?
Nicht wirklich.
Aha. Vermutlich hast du bereits nachgezählt und herausgefunden, dass Ellen aus fünf Buchstaben besteht, wie 23% aller Vornamen. 11% sind kürzer, 66%
länger - egal, ob Jungen oder Mädchen. Ohne Berücksichtigung von Zusammensetzungen wie Klaus-Dieter oder Marie-Antoinette sind Namen bei uns im Mittel 6,3 Buchstaben lang.
Wusste ich jetzt nicht.
Muss man auch nicht. Bei so einem Kosenamen gibt schließlich nicht der Kopf den Ausschlag, sondern das Herz!
Aber der Verstand sollte auch eine Rolle spielen. Ich sage es dir noch einmal in aller Deutlichkeit: Du kannst sie nicht „Corona“ nennen, auch wenn es noch so lieb gemeint ist! Es beißt die Maus keinen Faden ab: Das ist und bleibt ein Virus!
Da hast du natürlich recht. Vielleicht denkt sie eines Tages, ich wollte sie wie diese Krankheit mit allen Mitteln bekämpfen, um sie endlich loszuwerden.
Allmählich kommst du zur Vernunft! Wie wäre es denn mit etwas Spanischem? Ihr seid doch sehr gern auf der Iberischen Halbinsel.
Warum eigentlich nicht? Dass ich darauf nicht selbst gekommen bin. Aber da ist die Auswahl recht groß, oder? Allerdings, Flaquita oder Gordita scheiden schon mal aus, denn meine Maus ist weder dünn noch mollig. Wo wir gerade bei „Maus“ sind… Was ist mit Ratoncita?
Klingt irgendwie nicht, Conejita, „Häschenmädchen“, ebensowenig. Es sollte irgendwie auch ihr Temperament zum Ausdruck kommen. Ellen ist springlebendig und kann nicht eine Sekunde stillsitzen; sie erinnert mich oft an Popcorn. Moment mal… Popcorn? Warum nicht? Palomita!
Das ist es: Palomita! Gracias. Me has ayudado mucho. ¡Palomita!
Covid 19 - 00
Halt! Halt! Halt!
Ich muss wirklich dringend da rein. Das duldet keinen Aufschub.
Mag aus Ihrer Sicht so sein, aber hier geht es nicht allein um Sie, hier sind mehr Menschen mitbetroffen. Ich will Ihnen jetzt nicht gleich mit dem Begriff Pandemie kommen und einen langen Vortrag halten, aber fest steht, dass wir hier im Parkhotel ein klares Hygiene-Konzept verfolgen, und deswegen stehe ich hier vor der Herrentoilette.
Ach! Mist! Ich weiß schon, die Maske! Hab´ ich in der Eile vergessen, hol´ ich mal eben…
Warten Sie! Meine Güte, so warten Sie doch!
Keine zwei Minuten! Hier ist das blöde Teil. Jetzt aber…
Moment! Eile mit Weile! Ich hatte Ihnen noch nachgerufen, aber da waren Sie schon um die Ecke. Wir benötigen hier nicht unbedingt die Maske, weil ja ohnehin jeder nur einzeln vorgelassen wird. Gut, mitunter stehen Gerichte auf der Karte, bei deren Verdauung olfaktorische Belastungen auftreten, die beim Abstuhlen durchaus eine Maske angeraten erscheinen lassen. Aber ein Muss ist das aus unserer Warte nicht.
Ach.
Wir bestehen allerdings auf diesem Bogen zur Kontakterfassung, den Sie vorhin im Restaurant bereits ausgefüllt haben.
Na bitte, dann liegt Ihnen doch schon alles vor.
Ja und nein. Sehen Sie, bei Gästen aus unserem Biergarten oder möglicherweise Passanten, die überhaupt nicht zum Haus gehören, sondern sich hier nur mal eben erleichtern wollen – und das passiert immer wieder mal – gehen wir voll ins Risiko. Wir haben daher diesen Kopierer aus der Rezeption hierher gebracht, lichten den Erhebungsbogen kurz ab, und alles hat seine Richtigkeit. Sie erhalten die Bescheinigung dann umgehend zurück.
Kann ich die nachreichen? Im Augenblick würde ich schon gern…
Selbstverständlich! Ich bin ja noch bis Mitternacht vor Ort oder besser vorm Örtchen. Dann gehen wir nun am besten gleich in den Desinfektionsbereich. Beide Hände, auch in den Fingerzwischenräumen, zweimal Happy Birthday – kennen Sie ja zur Genüge.
Klar doch.
So, jetzt nähern wir uns den eigentlichen Räumlichkeiten, wobei Sie mit der Eingangstür nichts zu tun haben, die öffne ich ja für Sie.
Alles klar, aber kann ich vielleicht endlich…
Hören Sie, wenn Sie mit Lungenbeschwerden auf der Intensivstation liegen und um Ihr Leben kämpfen, dann werden Sie dreimal den Tag verfluchen, wo Sie so gedrängt haben. Hier geht Gründlichkeit vor Schnelligkeit!
Ja, ja. Ich mein´ ja bloß…
So, drin wären wir. Eine Frage noch: Wollen Sie nur das Urinal beschicken, oder haben Sie größere Sachen vor? Ist noch unklar? Gut, dann nehmen wir auf jeden Fall eine Kabine. Heute stehen uns die Nummern 1, 3 und 5 zur Verfügung. In 1 arbeitet gerade unser Sprayer, also für Sie bitte die 3. Der Verschluss ist abmontiert, sie stoßen die Tür einfach auf und fertig. Aber dran denken: Aufstoßen um Gotteswillen nicht mit dem falschen Ellenbogen! Nur denjenigen nehmen, wo Sie nicht in die Armbeuge husten! So, ich glaub´, dann hätten wir vorerst alles.
Das wird aber auch allerhöchste Zeit!
Sie können sofort, aber wir sollten doch besser erst den Sprayer rauslassen, dann haben Sie nun wirklich Ihre Ruhe. Wissen Sie, die machen hier auf 400€- Basis keinen leichten Job. Das Besprühen und Abwischen geht ja noch, aber all diese Sprüche an den Kacheln. „Pinkeln frei? Wir sind dabei!“ Und der Klassiker: „Wir sind das Volk“. Oder besonders passend: „Kampf gegen das Braune!“
Das kriegen Sie ja mit einmal drüber gar nicht weg. Ah, da kommt ja schon unser Herr Gökćan. Sie können dann. Uhrenvergleich!
Hä? Was soll das denn?
Ihnen stehen exakt drei Minuten zur Verfügung, danach muss es weitergehen. Wir haben hier eine straffe Taktung, denn ohne festen Rhythmus geht es ganz einfach nicht. Sie sind schließlich nicht der einzige Gast, der sich erleichtern möchte.
Und wenn ich das in diesem Zeitrahmen nicht schaffe?
Dann steht Ihnen selbstverständlich ein zweites Intervall von drei Minuten zur Verfügung. Wir hatten hier auch schon heftige Fälle von Diarrhö, da ging das bis auf 21, 24, einmal sogar auf 27 hoch.
Sagen Sie bloß!
Aber so weit werden Sie es nicht kommen lassen. Ich mach´ das hier schon ein wenig länger, da kriegen Sie einen Blick dafür. Also: 20: 06 – gute Verrichtung!
Und wie!
…
Ah, da sind Sie ja wieder. Dann gleich rüber zum Desinfektionsstand. Nein! Der ist für den Eingang, dieser hier für danach. Unser Prinzip: So viel Begegnungen wie nötig – so wenig Kontakte wie möglich!
Aber ich hab´ mir doch drinnen gerade die Hände gewaschen.
Das glaub´ ich Ihnen gern, und so schätze ich Sie auch ein, aber viele sagen sich nach dem kleinen Geschäft: Das bisschen, was ich da gerade in der Hand hatte, dafür lohnt sich das Waschen nicht. Oder sie schleichen am Waschbecken vorbei nach dem Motto: Das merkt doch keiner. Wissen Sie, unser Parkhotel hat fünf Sterne, aber ganz im Vertrauen, so mancher Gast nicht.
Könnte stimmen.
So, dann hätten wir alles. An das Formular denken wir bitte noch. Und ansonsten weiterhin einen schönen Abend!
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