Danny Seel

Shinobi - Der Weg der Schatten


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dich nicht von der Stelle!“

      Die Diebe sprangen sofort auf und richteten ihre Speere auf den unerwarteten Ankömmling.

      „Was hast du denn hier zu suchen?“, knurrte einer der Banditen.

      Yujiro schluckte, als er ihre Anzahl sah und trat langsam einen Schritt zurück. „Entschuldigung, Leute, ich habe nichts gesehen. Ich bin nur auf der Durchreise.“

      Er wollte sich umdrehen und fortgehen, blieb jedoch stehen, sobald er bemerkte, wie die Räuber spöttische Blicke auswechselten und dann alle in Gelächter ausbrachen.

      „Es ist doch nicht dein Ernst, Mönch!“, kicherte derjenige, der die ganze Zeit das Sagen zu haben schien. „Du hast zu viel gesehen … außerdem haben wir nichts gegen zusätzliche Beute.“

      Die Diebe fingen erneut an, zu lachen. Eiligst wertete Yujiro seine Situation aus. Die Wunde an seinem Bein wäre eine große Beeinträchtigung für ihn, sodass man ihn schnell einholen würde. Er musste versuchen, sich irgendwie mit Worten aus dieser Situation herauszureden … denn sonst hätte er keine Chance.

      „Was für ein Glück, Jungs!“, fasste der Anführer seine Freude in Worte um, nachdem das Lachen ein Ende genommen hatte. „Scheint, als hätten wir heute ‘nen guten Fang!“ Dann verfinsterte sich seine Miene. „Kogoro, bewach den Gefangenen.“

      „Hey, vielleicht können wir das auf eine andere Art klären“, meinte Yujiro, als er versuchte sich mit Plaudern Zeit zu gewinnen und trat wieder einen Schritt zurück.

      „Keine Chance!“, kam die Antwort.

      Oh nein, das war’s, dachte Yujiro verärgert und bereitete sich auf den kommenden Angriff vor. Ruhig ging er zurück, damit die näherkommenden Banditen ihn nicht umzingeln konnten. Er schien darauf zu warten, dass die Diebe die Initiative zum Angriff übernahmen, denn seine Augen huschten von einem Gegner zum anderen.

      Als einer der Räuber sich hinter ihm zu schleichen versuchte und ihm dabei relativ nahekam, riss Yujiro erst in diesem Moment sein Ninjatō aus dem Obi und kam ihm entgegen. Mit zwei blitzschnellen Bewegungen seines Schwertes ging sein Widersacher zu Boden.

      Die Diebe starrten ihn entgeistert an. Yujiro konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er hörte, wie einer seiner Gegner entmutigt murmelte: „Ich habe gedacht, Komusō seien friedliche Mönche.“

      „Immer noch derselben Ansicht?“, fragte er.

      Der Anführer der Banditen sah die Leiche seines Kameraden an, doch dann fiel sein Blick auf den am Boden liegenden Bushi und er erblickte seine Rüstung.

      „Ja!“, rief er entschlossen. „Bereite dich auf den Tod vor!“

      Er trat einige Schritte vorwärts, zielte auf den Kopf seines Widersachers und stach zu. Der Yari ging in direkter Bahn auf sein Ziel zu und er war sich sicher, dass der Mönch es mit seinem Schwert nicht kontern könnte. Auf einmal blieb der Speer direkt vor der korbähnlichen Kopfbedeckung stehen. Der Anführer schaute genauer hin und schnappte nach Luft, als er erkannte, was passiert war.

      Der Komusō hatte den Yari mit seiner Hand gefangen.

      Plötzlich zog dieser die Waffe mit erstaunlicher Kraft an sich – zusammen mit dem Räuber, der sie festhielt. Der Anführer bekam einen Schlag ins Gesicht und schlug zurück, doch vergebens. Yujiro ließ sein Schwert fallen, fing die Faust in der Luft auf und stieß seinen Kopf gegen den seines Gegners, sodass dieser stolpernd und taumelnd aufs Gras fiel.

      Der Anführer fluchte laut und rief: „Bringt ihn um!“

      Plötzlich schoss wieder ein Pfeil aus dem nahegelegenen Gebüsch direkt auf den Shinobi zu. In einer Viertelsekunde hatte sich Yujiro umgedreht, sein Ninjatō ergriffen und reagierte, noch bevor er die kommende Gefahr sah. Mit einer flinken Bewegung seines Kurzschwertes zerschnitt er das Projektil und lief Richtung Büsche, um sich diesen Quälgeist vom Hals zu schaffen.

      Der Dieb, der sich im Gebüsch versteckt hatte, und mit Pfeil und Bogen ausgerüstet war, schoss nach hastigem Zielen ein zweites Projektil auf Yujiro ab. Der Letztere wich ihm geschickt aus und spürte gerade noch, wie es seine Brust streifte. Ein Schrei ertönte, welcher dazu führte, dass der Shinobi sich nach ihm umdrehte und einen Banditen mit einem Pfeil im Oberarm sah.

      Diesen Moment nutzte der Räuber, der in den Büschen saß, aus, und warf sich abrupt mit einem Messer auf seinen Widersacher. Yujiros Ninjatō schoss sofort hoch, als er den Hieb parierte. Er duckte sich, sobald er erneut angegriffen wurde, und stach dem Dieb in den Bauch, ohne dass dieser Zeit gehabt hätte, darauf zu reagieren.

      Der Bandit zuckte auf und fiel stöhnend zu Boden, wobei seine Finger instinktiv nach seiner Wunde tasteten. Mit einer unterdrückten Verwünschung kroch er, so weit er konnte, von seinem Gegner weg. Dieser drehte sich um und bemerkte, wie die Räuber ihn schockiert anstarrten.

      „Was für eine Art Mönch bist du?“, wollte einer der Diebe wissen.

      Yujiro schwieg nur und genoss das bewundernde Starren. Auf einmal hörten sie ein Rascheln. Weitere leicht bewaffnete Männer erschienen und gesellten sich zu den anderen Banditen. Der Shinobi zählte schnell die Neuankömmlinge durch.

       Sieben.

      Der Anführer der Räuber wurde nun deutlich mutiger.

      „Krieger oder nicht“, zischte er grinsend und deutete unhöflich mit dem Finger auf Yujiro. „aber mit zehn Männern kannst du es nicht aufnehmen!“

       7. Der Samurai

      Yujiro musterte seine Gegner und versuchte dabei ihre Stärken sowie Schwächen einzuschätzen. Seine Entschlossenheit wich etwas von ihm und einen kurzen Moment lang bekam er Zweifel. Obwohl er wusste, dass er keine Chance gegen sie alle hätte, schmiedete er sich trotz alledem einen Plan.

      Wenn er nur noch zwei oder drei von ihnen ausschaltete, war er sich sicher, dass er die anderen mit seinen Fertigkeiten allein in die Flucht schlagen könnte. Doch das war viel leichter gesagt, als getan.

      Nichts ist unmöglich, versicherte er sich selbst und steckte sein Ninjatō wieder in seinen Obi, um Verwundbarkeit vorzutäuschen.

      „Gibst du auf?“

      Seine Widersacher begannen, sich ihm bedrohlich zu nähern, wobei den meisten ihre Verwirrung im Gesicht geschrieben stand.

      „Jetzt bist du nicht mehr so vermessen, was?“, spottete einer der Diebe.

      Yujiro antwortete nicht. So reglos wie eine Statue stand er da und bewegte sich nicht. Das einzige, was überhaupt Bewegung erzeugte, waren seine Augen, die prüfend über seine Gegner huschten. Sein Instinkt ahnte eine Gefahr voraus und ließ ihn zur Seite blicken.

      „Kiai!“, schrie ein Bandit und rannte mit erhobener Naginata, einer schweren, Gleve-ähnelnden Schwertlanze auf den Shinobi zu. Die Waffe sauste pfeilgeschwind auf Yujiros Kopf herunter, doch der Letztere konnte sich zurückspringend noch rechtzeitig in Sicherheit bringen.

      Sein Widersacher war jedoch erstaunlicherweise schnell und griff ihn wieder an. Diesmal schwang er die Naginata von seiner rechten Seite diagonal auf die Brust seines Gegners zielend. Instinktiv wich Yujiro zur Seite aus, sich seinem Widersacher nähernd. Er wusste, dass es sich mehr lohnte, der Gleve aus dem Weg zu gehen, als sich ihr zu widersetzen. Bei diesem Angriff war die Seite des Räubers einen kurzen Augenblick lang ungeschützt und der Shinobi trat dem Mann kraftvoll in die Nieren.

      Vom Aufprall zuckte der Dieb zusammen und ließ die Naginata los. Yujiro nutze diesen Moment der Verwundbarkeit seines Gegners aus und versetzte ihm einen starken Faustschlag ins Gesicht. Der Bandit taumelte und fiel bewusstlos zu Boden.

      Die Räuber scheinen gar nicht kampferprobt zu sein, dachte Yujiro. Ich wundere mich, wer ihnen das Kämpfen beigebracht hat … wahrscheinlich niemand.

      Statt alle zusammen anzugreifen, was ihre Erfolgschancen gewaltig erhöht hätte, waren die Diebe äußerst zögerlich.