Christof Wackernagel

Traumprotokolle


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      Christof Wackernagel

      Traumprotokolle

      1978 bis 1989

       Band 1

      © 2020 zu Klampen Verlag • Röse 21 • 31832 Springe • zuklampen.de

      Korrektorat: Miriam Marie Hirschauer • Schladen

      Satz: Christof Wackernagel • München

      Miriam Marie Hirschauer • Schladen

      Umschlaggestaltung: Germano Wallmann • Gronau • geisterwort.de

      E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH • Rudolstadt

      ISBN 978-3-86674-778-4

       Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

      Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über ‹http://dnb.dnb.de› abrufbar.

      Inhalt

       Cover

       Titel

       Impressum

       VORBEMERKUNG

       6. SEPTEMBER 1978

       AB 11. NOVEMBER 1980

       AB 22. DEZEMBER 1982

       AB 23. FEBRUAR 1983

       AB 6. JUNI 1983

       AB 21. JUNI 1984

       AB 5. SEPTEMBER 1985

       AB 31. JANUAR 1986

       AB 18. MAI 1986

       AB 11. NOVEMBER 1986

       AB 9. NOVEMBER 1989

       PERSONENREGISTER

       AUTORENVITA

      Vorbemerkung

      Träume sind flüchtig. Sie gleichen einer vorbeiwehenden Frau, die ahnen lässt, was für erregende Unterwäsche sie trägt, aber keine Chance gibt, sie auch nur zu grüßen. Träume sind ungreifbar, man kann sie nicht festhalten, selbst die Erinnerung an sie ist allein identisch mit der durch sie erzeugten Stimmung. Diese Tatsache stellt eine Herausforderung dar.

      Träume sind Kunstwerke – Traumprotokolle sind die Plots dieser Kunstwerke, Skripts, Anhaltspunkte, nicht die Kunstwerke selbst. Selbst als solche bedeutet es eine sisyphosartige Anstrengung, sie zu erstellen: je näher man an den Traum heranreicht, desto weiter rückt er weg; die Frau mit der erotischen Unterwäsche ist nicht zu kriegen. Warum ich es trotzdem versuche, ist in meinem Buch »Politik des Traums«1 nachzulesen.

      Die Veröffentlichung dieser Protokolle soll die Leser dazu einladen, Träume nicht nur individualpsychologisch zu interpretieren, sondern in ihnen Gesellschaftsbilder zu sehen.

      Ein Beispiel: Ich rede mit einer Freundin über die Kommune, in der wir zusammen gelebt hatten, das Scheitern dieser Idee. Das drückt individualpsychologisch aus, dass uns dies bis heute beschäftigt.

      Als Bild der Gesellschaft aufschlussreich an diesem Traum ist, dass wir dieses Gespräch in einem Automobil geführt hatten, das in einer stehenden Masse von Autos steckte.

      In einer globalen Gesellschaft, in der das Auto wirtschaftlich wie psychologisch eine vorherrschende Rolle spielt, erinnert das stehende Auto daran, dass die meisten Autos die meiste Zeit sinnlos herumstehen. Da Autos aber zum Fahren da sind, erinnert diese Tatsache daran, dass die Landschaften so zubetoniert werden, dass Überflutungen überhandnehmen, die Ozonschicht zerstört wird, das Artensterben beschleunigt wird etc., also die Gesellschaft als solche, und zwar die globale, wegen des Automobils sinnlos stehen geblieben ist.

      Dies erweitert die individualpsychologische Interpretation um eine gesellschaftliche Dimension: So könnte man die Erinnerung an die stehen gebliebene Kommuneutopie mit der an die stehen gebliebene Gesellschaft konstruktiv verbinden, indem man feststellte, dass kollektive gesellschaftliche Umgangsformen den Autowahnsinn überflüssig machten: Traum als Schlüssel zur Utopie.

      Ein aktuelles Beispiel (die Pandemie 2020) verdeutlicht dies besonders eindringlich: Ich träumte von einem gläsernen Bus, in dem, in voneinander abgetrennten gläsernen Kabinen, Kinder mit Kopfhörern vor Laptops saßen, und auf diese Weise einen Kindergeburtstag feierten.

      Der psychoanalytische »Tagesrest« war das Zoom-Pfadfindertreffen meines Sohnes am Laptop alleine in seinem Zimmer, meine mitfühlende Trauer über diese Entfremdung vom Pfadfindergedanken.

      Gesellschaftlich könnte es keine beklemmendere künstlerische Ausdrucksform für die Traumatisierung der folgenden Generation, die Zerstörung urmenschlichster Ausdrucksformen durch das Herunterfahren gesellschaftlicher Aktivität aufgrund einer Pandemie geben: Albtraum als Warnung vor gesellschaftlicher Realität.

      Dasselbe gilt für alle menschlichen Grundbedürfnisse und Tätigkeiten von Essen und Trinken über Politik bis zur Sexualität: jeder Mensch verarbeitet sie jede Nacht und kann daraus Schlüsse nicht nur in Bezug auf sich selbst, sondern auch auf die Gesellschaft, in der er lebt, ziehen.

      Damit werden die über einen Zeitraum von vierzig Jahren festgehaltenen Traumprotokolle zu einer neuen Art von Geschichtsbuch. Die Nachtseite der Geschichte, ihr – mitunter grelles – Vexierbild. Die nicht sichtbare, die unbekannte, die verdrängte Seite der Geschichte und der sie gestaltenden Menschen im Großen wie im Kleinen: the Dark Side of the Moon.

      So viele Leser diese Traumprotokolle haben werden, so viele verschiedene gesellschaftliche Schlussfolgerungen können aus diesem historischen »Entwicklungsroman« aus der Perspektive des Unbewussten gezogen werden.

      Damit möchte ich die Leser anregen, ihre eigenen Träume in diesem Sinne anzunehmen und, so weit es geht, festzuhalten.

      PS – technische Verständnishinweise:

      1 Mit dem Zeichen: • voneinander getrennte Texte bezeichnen verschiedene Träume in derselben Nacht.

      2 Nicht verständliche oder unlogische Wort- oder Satzkonstruktionen, meist in Anführungszeichen zitiert, sind erinnerte Wort- oder Satzbildungen aus dem Traum. Diese »Traumsprache« − eine Kreation der »Werkmeister