Christof Wackernagel

Traumprotokolle


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Seminar in Frankfurt in einem Raum mit hohen Fenstern; nachdem es zu Ende ist, kommt das Gespräch auf moderne und alte Knäste einer schwärmt von der Modernität dieses Knastes und ich frage, wo wir überhaupt sind: Preungesheim; und ich bezweifle, dass das schön ist, aber ein Sozialarbeiter schwärmt von hohen, hellen Räumen, mit dreitausend Meter Blick über das Land und nur einem kleinen Wassergraben vor den Mauern, aber ich erzähle von Frankenthal und ein älterer Gefangener hört interessiert zu, Pfeife rauchend und auf einer Matratze sitzend, möchte aber von sich selbst nichts sagen und irgendetwas verändern, weil er nicht mehr der Jüngste sei; allgemeiner Aufbruch, ich weiß nicht so recht, wo ich hin soll, mit wem ich wieder nach Bochum käme; eine Frau geht zu einem Auto und mit ihr würde ich eigentlich ganz gerne mit, aber das Verhältnis ist distanziert, sie muss sich erst mit einem anderen Mann absprechen, da sagt jemand, dass an den drei roten Toren jemand auf mich wartet, der mich nach Bochum bringt – eben zuvor war ich noch dort, aber ohne zu wissen, dass es die drei roten Tore waren und auch ohne den Weg dorthin noch zu wissen – ich frage, ob es Wächter wie Röth etc. sind, aber das ist unklar und ich überlege, ob ich irgendwie abhauen kann, es bringt nur alles nichts, weil ich ja nach Bochum will; ich könnte höchstens eine Nacht in Frankfurt bleiben, was es auch nicht bringt, also renne ich los, es ist eine universitätsgeländeartige Gegend, hohe Häuser, dazwischen Rasenflächen und verschiedene Gehebenen mit Treppen verbunden, alles voller Leute, wie Studenten, zum Teil aber wohl auch Gefangene, die Besuch haben; ein Kind auf einem Moped fragt, ob ich zu den drei roten Toren will, und bietet mir an, auf dem Moped hinten mitzufahren, fährt aber erst über den Rasen, weil mir sonst wegen der Hubbel schlecht würde, aber nachdem es wieder auf dem Beton ist, kommen zwei kleine kieksende und flachsende Mädchen und klemmen sich hinten drauf und fahren davon; ich nähere mich einem länglichen Gebäude, das die drei roten Tore sein könnte, weil dauernd Leute aus und ein gehen, neben mir eine Frau, die Mi sein könnte, aber ich kann sie nicht genau sehen, suche unter den Leuten nach Röth etc., frage mich, ob sie das sind, die da winken, aber da sie es nicht sind, erwäge ich, ob ich nicht doch alleine raus kann –

      – Verteidigung der Geschichte gegen Pohrtsche Kritik auf zwei Ebenen, eine leuchtet –

      – Brigitte Mohnhaupt will gerade in einem kleinen, schmuddeligen Vorstadtkino in »Tätowierung« gehen; ich komme vorbei und habe an sich was anderes zu tun wegen des Buches, will aber dann natürlich mit ihr da rein gehen, tue es auch und hinterher gehen wir zu einer Art geheimnisvollem Sektenführer, schon auf der Treppe werden wir misstrauisch beobachtet, es kann auch ein Bandenhäuptling sein, sie sagt nichts, aber schaut mich an, als wolle sie fragen, was für komische Leute ich denn kenne; oben im Vorraum dann eine peinliche Leibesvisitation, schlimmer als bei den Bullen, es werden dann lauter vielversprechende Texte rumgereicht, aus denen man ein Buch machen könnte, unklar, ob von mir oder von anderen, er soll das unterstützen; sie ist inzwischen weg und ich muss sie bis drei erreicht haben, sonst denkt sie, ich wollte nicht kommen und es sei nichts − es könnte auch Julia sein −, ich komme unter fürchterlichen Zeitdruck und fahre mit drei anderen los, wir überlegen, eine Abkürzung über einen Weinberg zu nehmen, obwohl es nur ein schmaler Gehweg ist, aber kurz darauf kommen wir oben auf dem Hügel zu einer großen beigen Jugendstilkirche, kann sein, dass eine Ausstellung drin ist –

      – es gab einen Haufen Festnahmen und alle möglichen Medien berichten groß darüber: in einer Villa am Mittelmeer waren sie alle und haben noch gebaut, Felix mit Wasser in seinem Mörteltöpfchen in das er gerade seinen Spachtel tauchte, Zeitungen berichten, Rundfunk ist zu hören, Fernsehberichte; auch eine Alternativzeitung, parallel zur »Bild«, in Schreibmaschinenschrift die erste halbe Seite die Beschreibung der Verhaftung, mündend in das Absatzende – während gleichzeitig zwei Frauen zur Türöffnung reinschauen und vor Erstaunen große Augen machen – »Flora und Tristana schauten zur Tür rein«, dann Absatz und dann die alleinstehende Zeile: »Die Überraschung ihres Lebens« – der Arzt kommt und ich spreche ihn in der Nebenzelle; er fragt, welches Medikament ich nehme, ich weiß es nicht und will nochmal in die Zelle, aber Klaus Elfe, der draußen steht, sagt mir grinsend den Namen und der Arzt ist erstaunt, fast geschockt; sei viel zu stark, er empfiehlt Öl, das lange draußen stand, bis es mit Vogelscheiße voll ist – gesiedet und gesiebt getrunken – wunderbar gegen Verstopfung, auch ein Wächter rät zu, es ginge dann wieder, ich will aber nicht, es ist eklig und ich wundere mich, weil ich doch gar keine Verstopfung habe! – Volker Schlöndorff und Christian Geissler sitzen um den Tisch bei den Alten und wir reden über Briefe, Christian hat ein riesiges Eis in einer Großtüte und lutscht genüsslich und ich suche oben meinen Briefeordner nach einem Brief von Johannes Schaaf durch, den ich dann finde und zeige und auf dessen Briefkopf »Dr. Johannes Schaaf, Farben und Lacke Materialienhandlung« in einem breiten, blauen Streifen steht und der von seiner Resignation handelt; wir reden dann noch über andere Briefe –

      – gehe auf der Straße, bzw. dem Gehweg und neben mir fahren ganz langsam schwer bewaffnete gepanzerte Wagen, ein alter PKW aus dem überall die Rohre der Knarren rausschauen, vorne sitzt einer mit Maschinenpistole im Anschlag, dahinter fast ein Panzerwagen; ich frage mich, ob sie mich verfolgen, etwas von mir wollen oder allgemein, ob es Verbrecher, Guerillas oder Bullen sind, da biegen sie in eine Autobahnauffahrt ein, und Fips und ich gehen auf die Wiese daneben, bei der wohl »Betreten verboten« gilt, was aber insofern auch egal ist, als ein leichter Hügel an der Seite uns verdeckt, wo wir uns in die Sonne ins Gras legen wollen, vor uns fällt die Wiese steil nach unten ab; dann kommen einen Haufen Touristen, Japaner etc. mit Fotos im Gänsemarsch auf die Wiese, mit vielen Fotoapparaten, fotografieren uns, teilweise Film, teilweise Video; er selbst filmt mich von ganz nah, aber ich wehre ab, ist mir unangenehm –

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