Christof Wackernagel

Traumprotokolle


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mich, dass ich kurz vorher doch viel mehr gemacht habe! –

      – wir fliegen in einem mehrere hundert Meter langen Riesenflugzeug, das aussieht wie ein Frachter, zum Teil ganz dicht über dem Boden; es soll ein Spezialtransporter sein, der relativ langsam fliegt, aber schneller als alles auf dem Land; ich stehe rum, neben Felsen, unklar, was getan wird, Leute kochen im Freien, nachts, man geht hin und her, etwa Dreharbeiten?, meine Mutter, Kinder, morgens gehe ich in der Gegend spazieren; eine Autokolonne kommt vorbei, mitten über die Wiese und an Bächen, eine savannenartige Gegend, vorbei, es wird geschossen und dann treffe ich den einen Schützen, einen älteren Mann, der mir das Gewehr gibt und mir die Zielscheibe zeigt, aber dann kommt schon ein anderer, der darauf hinweist, dass das Gewehr falsch gebogen ist und mittels eines Knopfes die Kugel hinten wieder herauskommen lässt – sie wird langsam herausgepresst und neu geladen, aber als ich schießen will, stehen dauernd Leute in der Nähe der Zielscheibe, ich bin zwar zielsicher, weiß, dass ich genau treffe, aber riskiere es trotzdem nicht; ein Kind lacht mich aus, dass ich vorhin so komisch rumgestanden sei, und als ich erwidere, dass es selbst doch genauso komisch herumgestanden sei, da schaut es blöd –

      – auf einer ausgegrabenen, prähistorischen Treppe stehen Tausende von Leuten und wollen hoch, diese riesige Treppe hoch auf einen endlos wirkenden Berg – einzig ich will runter, Norbert Blüm redet, dass es sinnlos sei, neue Straßen und Schneisen zu bauen, man müsse die alten olympischen Versunkenen wieder beleben – in dem Moment sehe ich an einem Waldrand, wie eine Herde Säue sich Bahn bricht durch den Wald und denke, »na bitte, da ist es doch schon, die wissen die alten Wege instinktiv«; ich folge ihnen in den Wald, bald sind es Affen, und kurz darauf fast King-Kong-große Bären-Affen, die tobend durch den Wald rasen und Schneisen schlagen, die Bäume wie Streichhölzer umknicken und durch die Gegend werfen, ich bekomme Angst und haue ab, und in einer Wohnung erzähle ich dem lachenden Franz Josef Strauß davon –

      – wir stromern durch den Wald, illegal, gut gelaunt, unbestimmt; irgendwo ist ein Überfall, massenhaft Knarren, einer ist verletzt, Durcheinandergerenne, ich haue mit einer blonden Frau ab, in einem VW, das geht gut, bis wir an eine Kreuzung kommen, an der eine Straßensperre ist, wir denken, eh egal, jetzt durch, rasen quer rüber, kommen tatsächlich weg, rasen mit Vollgas über eine enge Straße, müssen dann raus, weil die Autonummer bekannt, gehen in ein Haus, dort verirren wir uns in verschiedenen Privaträumen, auch Sabine ist irgendwo –

      – mit Grischa in Freiburg; wir laufen durch die Straßen, er ist sehr erwachsen, hat eigenes Geld, zahlt in einer Bäckerei, in der wir Kirschstrudel und Zwetschgendatschi kaufen, danach kommen wir auf einen Platz, auf dem eine Demo vorbereitet wird; ich befürchte, dass man mich erkennt, aber er ist zuversichtlich, dass alles gut geht –

      – auf einem Weg zwischen zwei Straßen, der rechts und links von riesigen Sportplätzen gesäumt ist, fahre ich zwischen sehr vielen Menschen Fahrrad und überlege, ob ich ein Neues kaufen soll, für fünfhundert Mark –

      – wir laufen einen Stadtberg hinunter zum Hauptbahnhof, aber ich nehme einen anderen Weg, obwohl wir es sehr eilig haben; wir haben alle ein Eis – ich will aber auch noch ein anderes kaufen – und jeder leckt Männchen daraus hervor, Skulpturen, Köpfe – einer einen ganz tollen aus Schokoladeneis, ich wundere mich nur, wie das wohl halten soll –

      – wir wollen gerade über eine Mauer in eine Luke in einem Haus einsteigen, da kommt Ebby und bietet billige Dinge zum Verkauf an; entweder sieht er mich nicht, oder er will nicht und kommt mit dem ins Geschäft, der mich begleitet, und zu diesem Zweck hinuntersteigt und mit ihm redet; als er zurückkommt, frage ich, wie es Ebby so geht, aber er sagt nur, dass ich doch dann selbst hätte mit ihm reden sollen –

      – eine erotische Annäherung, offenbar von der durchsichtig Behosten ausgelöst, aber mit Grenzen, sie streicht unter meine Hose und ich ganz kurz nur an ihren Arsch, da zucke ich zusammen, weil ich befürchte, dass jemand kommt; überhaupt sind wir beide gebremst, weil sie bald kommen und irgendwann geben wir es auf, und ich wecke Fips und Uli, in deren Zimmer wir etwas umgestellt haben, was ich wieder rückgängig machen will – Uli ist schon aufgestanden und hat gekotzt und Fips fängt daraufhin an, Staub zu saugen; dass ich das Zeug wieder hin- und herstelle ist ihm völlig egal –

      – ich habe plötzlich Psoriasis am Bauch –

      – die Post wird an einem Schalter abgegeben, Kindler, Landeskriminalamt, neben mir, und ein Fremder, der meckert, dass es mehr als fünfzehn Kopien seien, Fragmente und Verkleinerungen – ich meckere zurück, wir streiten uns, es wird tätlich, da sagt Kindler, dass es ihm leid tue, der andere sei auch vom LKA und er legt Handschellen an; wir gehen in Stuttgart die Weinsteige hoch, es ist München die Romanplatzgegend mit sehr schönen Häusern − ich erinnere mich, dass ich vorher irgendwann einmal nur wegen der Häuser dort spazierengegangen war − und einer unbekannten Endstation, hinter der sich durch eine Straße, die durch ein Gässlein zu erreichen ist, Massen wälzen; durch die Hintertür komme ich in eine Kneipe, der Wirt erschrickt und will die Polizei holen, aber es ist eh egal, weil ich die Frau suche, von der ich getrennt wurde, und zusammen kommen wir in den Knast, in dem auch die Bewährungshelferin ein Zimmer hat –

      – langsam kippt ein Matrose ein geigenkastenähnliches Gefäß aus, ich sehe ihm von etwas weiter unten zu, aber es ist nichts drin; »ich gehe jetzt«, sagt er und wendet sich langsam ab; auf dem Steg, über den er an Land geht, rutscht er ab und stürzt schreiend ins Wasser – keiner hilft ihm, und es scheint klar zu sein, dass ihm auch nicht zu helfen ist; als sei es die Strafe für sein Weggehen –

      – auf dem Rathausplatz fallen alle möglichen Mauer- und Dachteile herunter und verletzen die Leute; Hektik, ich versuche zu helfen, komme in Streit mit einem, mit dem ich dann an einem Tisch sitze, wo wir einander fixieren, ich ziemlich viel rede und es dann auch geklärt ist: eine Frau, die dabei ist, bemerkt bewundernd, wie gut ich es gemacht hätte; ich fahre mit Fips an einem Außenaufzug hoch, kurz vor dem obersten Stock klemmt es, wackelt, hängt und schief ruckelt’s – dann doch noch die letzten Meter hoch und ein Fenster kommt ins Bild; ich sehe raus, wie tief es ist, und mir wird schwindelig; wir treten gefährlich schwankend in Fipsens Zimmer, ich frage mich, ob ich da gut wieder rauskomme, es ist ziemlich eng, zweihundertundfünfzig Mark im Monat, sagt Fips, aber dafür direkt am Rathausplatz –

      – auf einem Waldweg begegnen wir einem Hund, der sich an mich schmiegt und mir das Gesicht ableckt –

      – im Nebenzimmer wohnt Wolfgang Pohrt mit einem Franzosen und grüßt flüchtig beim Reinkommen; mit Simone de Beauvoir sitze ich an einem Tisch mit weiteren vielen Leuten drumrum; es ist gerade eine witzige und originelle Situation und man müsste sie eigentlich aufzeichnen, aber ich habe nichts da und beklage mich, dass es immer nicht klappt, wenn man etwas aufzeichnen will; und ich erzähle die Geschichte von der Videoaufnahme von Sartre nach seinem Besuch bei Andreas Baader, sie unterbricht: »er war gut!, keiner hat ihn verstanden!« – und alle lachen; wir sitzen auf dem Balkon und Sartre ruft Renate, aber nicht mit ihrem richtigen Namen, sondern in etwa »Renoit« und ich denke, dass ich sie doch neu so nennen könnte, so wie er »Castor« sagte; Sartre versucht, Speed aufzutreiben, und ein nervöser Dealer versucht, ihm rote Pillen anzudrehen, aber nur die Weißen sind gut, und Simone de Beauvoir versucht, diesen Deal zu verhindern –

      – in einer ziemlich abgerissenen und verdreckten Kajüte sitzen ein Alter und mehrere Jungen und diskutieren, streiten, es geht um Alkohol; ich gehe in den Nebenraum, in dem ein anderer Alter sitzt, und sage, dass mein Buch bald erscheint – er kommt herüber und zwischen ihm und dem anderen Alten besteht eine Spannung; er bringt Bier und Sherry mit, ein Junge will sie ihm abnehmen, er gibt ihm aber nicht das Bier, nur die Sherryflasche kann er haben, deren Hals der Junge abbricht und die er gierig säuft; sofort kriegt er glasige Augen und taumelt hinaus; die anderen folgen leise – eine junge Frau ist eingeschlafen; ich lege einen Teppich von aneinandergeklebten Mini-Dias von Renate aus und überlege, ob ich die nicht zurückschicken soll; da merke ich, dass die Szene in der Kajüte der Schluss eines nicht zu Ende gehenden Films ist und sehe, wie das Mädchen aufwacht und entsetzt aus der Kajüte rennt: Fluten branden an das Schiff, das eh schon ein Wrack ist, die anderen sind alle weg, da dreht sie sich um und schreit; sie treibt auf dem offenen Meer, dem Untergang geweiht; die Kamera fährt langsam ab, und ich überlege, auch solch einen