zu lernen, war eine Gelegenheit für sich, aber das alles in Gesellschaft von Marcello? Das war die Kirsche auf der Sahnehaube.
„Das würde ich liebend gerne“, willigte sie ein.
War es nur ihre Einbildung oder war Marcello tatsächlich erfreut über ihre enthusiastische Zustimmung?
„Ich freue mich schon darauf“, sagte er. „Ich glaube, das wird ein produktiver Tag für uns beide.“
Olivia sprudelte vor Aufregung. Diese Lernerfahrung war genau das, worauf sie während ihrer Zeit auf La Leggenda gehofft hatte. Es würde ein Abenteuer werden zu sehen, wie andere Farmen in der Gegend arbeiteten, und wie ihre Weine schmeckten.
„Ich habe gesehen, dass du mit Antonio gesprochen hast“, bemerkte Marcello. „Schuldet er dir etwa Wein?“
„Das tut er“, sagte Olivia. „Er hat mir versprochen, die Flaschen später vorbeizubringen.“
Marcello nickte. „Wir sind mit dem Bepflanzen dieses Feldes spät dran. Wir hoffen auf einen guten Ertrag an Trauben während der nächsten Saison, aber es ist womöglich schon zu spät, und die Trauben reifen vielleicht nicht rechtzeitig. Wir haben entschieden, dass heute die letzte Chance zum Pflanzen ist. Egal, wie lange wir heute arbeiten, die Samen müssen zum Sonnenuntergang im Boden sein.“
In diesem Moment rief jemand nach Marcello, welcher mit einer schnellen Entschuldigung wieder hineinlief, um nach dem Rechten zu sehen.
Olivia blickte ihm sorgenvoll nach.
Sie dachte, sie hätte noch Tage – Wochen – um ihren ersten Wein zu pflanzen und genug Zeit, darüber nachzudenken, zu planen und Informationen zu sammeln, bis sie diesen wichtigen Schritt wagen würde. Doch die Bombe, die Marcello gerade zum Platzen gebracht hatte, änderte nun diesen Zeitplan.
Sie hatte nicht den Luxus eines weiteren Abends, wenn sie in der nächsten Saison auch einen Ertrag vorweisen wollte.
Heute, direkt nach der Arbeit, würde sie ihre ersten Samen kaufen und pflanzen müssen.
KAPITEL VIER
Atemlos und ungeduldig eilten Olivia und Charlotte nur fünf Minuten vor Geschäftsschluss in den Eisenwarenladen im nahegelegenen Dorf Collina.
Olivia trug noch immer ihre Arbeitsklamotten. Sie hatte nicht einmal Zeit gehabt, sich umzuziehen. Als sie in die Villa zurückkehrte, hatten sie und Charlotte sich in einem Miniatur-Tornado aus Handlungseifer in den Fiat gezwängt und waren in einer Geschwindigkeit ins Dorf gerast, die selbst einen waschechten Italiener stolz gemacht hätte.
Olivia hatte nicht einmal abgebremst, als sie das beschauliche Schloss am Rande der Stadt passierten. Es war für sie ein Ritual geworden, es zu bewundern, und sie wusste, dass sie in der Vergangenheit schon einige Staus verursacht hatte, während sie ihren Hals gereckt hatte, um es zu bestaunen. Sie wurde es niemals leid, seine bröckelnden Mauern und grauen Steinzinnen anzusehen und sich zu fragen, wie es wohl vor hundert Jahren in seiner gesamten Pracht ausgesehen haben mag.
Diesmal, einzig auf ihre dringende Aufgabe konzentriert, hatte sie nicht einmal einen Seitenblick darauf geworfen.
Olivia rief der mütterlichen Verkäuferin ein freundliches buon giorno zu und bahnte sich dann schnurstracks ihren Weg in die Abteilung mit dem Zubehör für die Weinherstellung.
Der Eisenwarenladen war genau wie das Dorf Collina selbst, dachte Olivia. Überraschend klein und eng, und doch gab es dort alles, was man brauchte.
Was sollte sie kaufen? Sie starrte verwirrt auf die dicht bepackten Regale. Sie hatte gehofft, hier viel systematischer vorgehen zu können. Sie hatte nicht einmal die Zeit gehabt, eine Liste zu machen.
„Wir werden einen Wagen brauchen, stimmts? Ich hole einen Wagen“, sagte Charlotte.
Sie eilte zurück zum Eingang, während Olivia in den Gängen auf und ablief und überlegte, welchen Dünger sie wählen sollte und ob der Boden ihrer Farm auch Kalk brauchen würde. Es war zu spät, über den Kompost auch nur nachzudenken.
Dann war da noch die Frage, welche Trauben sie anbauen sollte. Das war auch eines der Dinge, über die sie noch nicht nachgedacht hatte. Olivia dachte panisch sowohl an ihre Unterhaltung mit Antonio zurück als auch an das Wissen, dass sie während ihrer Arbeit hinter der Weintheke aufgeschnappt hatte.
Ihre Farm lag ohne Zweifel weit oben und hatte hügelige Hänge.
Vermentino sollte demnach dort gut wachsen, und wenn er das tat, würde Chardonnay das auch tun.
Antonio hatte Nebbiolo gepflanzt, aber laut ihm waren das für den Anbau recht empfindliche Trauben, und als Anfänger brauchte sie zähe, widerstandsfähige Trauben. Die einheimischen roten Sangiovese-Trauben würden besser wachsen, entschied sie. Sie waren hier zuhause und würden hoffentlich einfacher wachsen.
Sie legte noch eine Gießkanne in den Einkaufswagen, zusammen mit einem Rechen und einem Spaten.
Die kleine Plastikgießkanne schien ihr unzureichend, als Olivia an die riesigen, hügeligen Flächen dachte, die sie zu bepflanzen hatte, aber die Alternative war, eine Bewässerungsanlage zu installieren, und das wäre ein teures und zeitaufwändiges Unterfangen. Eine Gießkanne musste fürs Erste reichen.
„Ich bin eine Macherin“, redete sie sich optimistisch ein.
„Ich werde dir beim Gießen helfen“, sagte Charlotte. Auch sie beäugte zweifelnd die limettengrüne Kanne. „Ich kann dir bei allem helfen, was du tun musst. Immerhin ist die Farm ein echt spaßiges Projekt.“
„Wirklich?“, fragte Olivia. Für sie fühlte es sich gerade eher entmutigend als spaßig an.
„Absolut. Mir hat die Landwirtschaftsidee schon immer gefallen. Als eine Tochter der Erde habe ich schon immer das Potenzial dazu in mir gespürt.“
Olivia blickte Charlotte dankbar an, aber erwischte sich dabei auch, wie sie dem Mann hinter ihrer Freundin in die funkelnden, braunen Augen starrte. Olivia fragte sich, wie lange er schon geduldig dort wartete, während sie sich durch die Regale wühlte, von ihrem Panikeinkauf völlig vereinnahmt.
„Sorry, wir halten Sie auf.“ Olivia versuchte, den Einkaufswagen so gut wie möglich zur Seite zu schieben, um ihn vorbeigehen zu lassen.
„Nein, kein bisschen. Ich hab’s nicht eilig.“ Er hielt inne und musterte sie genauer.
Olivia starrte zurück. Egal, wie beschäftigt sie auch mit ihren Einkäufen war, sie kam nicht umhin zu bemerken, dass er in etwa in ihrem Alter war, fit und stark wirkte und ein schelmisches Lächeln und außergewöhnlich gut gestyltes Haar hatte. Seine dunklen Haare waren perfekt getrimmt, mit einem leichten Zickzackscheitel und die Spitzen zu einwandfreien Stacheln gegelt. Sogar sein Dreitagebart war präzise getrimmt.
„Verzeihen Sie meine Neugier, signora“, sagte er. „Ich kenne nur eine Farm hier, die zum Verkauf steht. Sprechen Sie von dem Grundstück auf dem Berg, oberhalb der strada regionale?“
Er meinte die schmale Teerstraße, die von Collina zum nächsten, drei Meilen entfernt gelegenen Dorf führte, vermutete Olivia.
„Ja, genau die.“
„Ernsthaft? Sie haben sie gekauft?“ Sein Lächeln breitete sich zu einem ungläubigen Grinsen aus. „Dieses alte Ding?“
„Ja“, antwortete Olivia defensiv.
Lachte er sie etwa aus? Er war eindeutig ein Einheimischer, der die Gegend kannte. Wusste er etwas, von dem sie nichts wusste?
War ihre Investition etwa ein drastischer Fehler gewesen?, fragte sich Olivia mit einem Schaudern.
„Es ist eine wunderschöne Farm“, insistierte sie. „Die Aussicht ist wunderbar.“
Er hob fragend eine Augenbraue.
„Stimmt, ja, ein perfekter Ort für ein Ferienhaus.“
Doch nun starrte er in ihren Einkaufswagen.
„Aber Sie machen dort keinen Urlaub. Bauen Sie dort Wein an? Wein? Jetzt? An diesen Hängen?“
„Ja, ich