Franz Taut

Roter Stern am Schwarzen Meer


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ich droben in der Hauptkampflinie in meinem Bunker geschlafen hatte. Auch im Schlafraum gab es elektrisches Licht.

      Der Ic wies auf eine Pritsche. »Das Bett Ihres Vorgängers, Herr Emser. Sie können die Decken übernehmen. Der arme Kleinmüller braucht ja keine mehr.«

      »Wie ist das eigentlich passiert?«, fragte ich.

      Hauptmann Scheffler zuckte die Schultern. »Tiefflieger. So ein dummer Zufallstreffer.«

      »Und wie sind Sie ausgerechnet auf mich gekommen?«

      Hauptmann Scheffler warf mir einen kurzen Blick zu. »Da hat wohl Verschiedenes mitgesprochen. Sie waren doch früher Regimentsadjutant. Im Übrigen sind Sie im Osten mehrfach verwundet worden. Der General war der Meinung, Sie hätten einmal einen ruhigeren Posten verdient. Ich glaube aber, er hatte noch einen besonderen Grund. Ist Ihnen wohl ziemlich nahegegangen – die Geschichte heute? Als ob die drüben gewusst hätten, dass gerade für Sie die Ablösung kam.«

      »Es war wohl schon länger vorbereitet, Herr Hauptmann«, entgegnete ich.

      »Natürlich war es vorbereitet«, bestätigte Hauptmann Scheffler. »Wir haben es erwartet, nur wussten wir nicht, wo der Gegner den Hauptstoß ansetzen würde. Er möchte hier aufräumen, verstehen Sie. Wir binden hier Kräfte, die er dringend weiter oben benötigt. Morgen zeige ich Ihnen die Feindkarte. Es wird eine Ihrer Aufgaben sein, sie jeweils auf den neuesten Stand zu bringen – keine reine Freude zur Zeit, Herr Emser.«

      Aus dem größeren Raum drangen russische Flüche. Es war die Stimme von Hauptmann Peterhans. Dann hörte ich Rufe »Dawai!« – und »Bystra!« und Getrampel von schweren Stiefeln. Die Kosaken trieben die drei Gefangenen die Treppe hinauf.

      Hauptmann Peterhans schob die Decke zur Seite. »Hat heut keinen Zweck mehr«, sagte er. »Sind halt verstockt. Wir wären’s auch. Die Kosaken haben ein Funkgerät sichergestellt. Wär nicht schlecht, wenn man die drei umdrehen könnt.«

      »Das sind Fanatiker«, versetzte Hauptmann Scheffler. »Mit denen werden Sie kein Glück haben.«

      »Kommt drauf an«, meinte der alte Dolmetscher. Er schien noch etwas hinzufügen zu wollen, doch in diesem Augenblick läutete im dritten Raum der unterirdischen Behausung ein Fernsprecher. Ein Unteroffizier mit glattem, gescheiteltem Haar erschien und meldete dem Ic, er werde dringend vom vorgeschobenen Gefechtsstand verlangt.

      Hauptmann Scheffler entfernte sich durch einen Stollengang, der so niedrig war, dass man nur gebückt gehen konnte. Er blieb einige Minuten aus. Als er wiederkam, zeigte sein kluges, rundes Gesicht einen tief betroffenen Ausdruck. »Meine Herren«, sagte er mit nur mühsam beherrschter Stimme. »Ich habe Ihnen eine erschütternde Mitteilung zu machen: Soeben habe ich die Nachricht erhalten, dass Herr General von Mahler, unser Divisionskommandeur, an der Spitze der stürmenden Truppe gefallen ist. Herr Oberst Staufer führt jetzt den Angriff, der zügig an Boden gewinnt.«

      Ich dachte an meine kurzen Begegnungen mit dem General und an alles, was ich als kleiner Frontoffizier von ihm wusste. Er war ein Kavalier gewesen und zugleich ein vorbildlicher Truppenführer. »Wir sprechen uns morgen«, waren seine letzten Worte gewesen. Was mochte es wohl sein? Auch Hauptmann Scheffler hatte so eine Andeutung gemacht. Würde ich es nun nicht mehr erfahren? Ich wollte etwas sagen, aber ich brachte kein Wort hervor. Schon einmal hatte ich einen gütigen, väterlichen Vorgesetzten verloren. Immer waren es die Besten, die der Krieg verschlang.

      Hauptmann Scheffler nahm seinen Stahlhelm und seine Maschinenpistole von einem Wandhaken. »Ich fahre nach vorn«, sagte er. »Sie halten einstweilen die Stellung, meine Herren.«

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