sich zwitschernd um die kleinen Nester vor ihren Fenstern herum neckten, und durch die Rufe Richards geweckt, die ebenso ermutigend waren wie die eben genannten Anzeichen der eintretenden Frühlingswitterung.
»Aufgewacht! aufgewacht! meine schönen Damen! Die Möwen schweben bereits über dem See, und der ganze Himmel wimmelt von Tauben. Ihr könnt euch eine ganze Stunde umsehen, ehe ihr ein Loch findet, das einem einen Blick nach der Sonne gestattet. Aufgewacht! aufgewacht! ihr Siebenschläferinnen! Benjamin hat schon die Munition hergerichtet, und wir erwarten nur unser Frühstück, um in den Bergen eine Taubenjagd anzustellen.«
Diesem muntern Aufruf ließ sich nicht widerstehen, und in wenigen Minuten zeigten sich Miss Temple und ihre Freundin im Gesellschaftszimmer. Die Türen des Gemachs waren offen, und die milde, balsamische Luft eines heiteren Frühlingsmorgens durchfächelte den Raum, wo die unablässige Sorgfalt des Majordomo so lange eine künstliche Wärme unterhalten hatte. Die in Jagdkleider gehüllten Herren harrten ungeduldig des Morgenimbisses, und Herr Jones, der alle Augenblicke nach der unteren Türe ging, rief:
»Sieh, Bäschen Elisabeth! Sieh, Duke! Die Taubenschläge des Südens haben sich geöffnet. Die Scharen werden mit jedem Augenblicke dichter. Hier ist ein Schwarm, von dem das Auge kein Ende absehen kann – Mundvorrat genug, um die Armee eines Xerxes für einen Monat verproviantieren zu können, und hinreichend Federn, um die Betten des ganzen Bezirks zu füllen. Xerxes war nämlich ein griechischer König, Herr Edwards, – nein, er war ein Türke oder ein Perser, der Griechenland erobern wollte, gerade in derselben Weise, wie diese gefiederten kleinen Schelme über unsere Weizenfelder herfallen. Beeile dich, Beß, ich bin begierig, ein wenig unter sie zu pfeffern.«
Marmaduke und der junge Edwards schienen den gleichen Wunsch zu hegen; denn es war ein erheiternder Anblick für einen Jäger, und die Damen entließen rasch die Teilnehmer, nachdem sie ein hastiges Frühstück eingenommen hatten.
Wenn die Luft von Tauben wimmelte, so schien das ganze Dorf, Männer, Weiber und Kinder, in der gleichen Bewegung zu sein. Man sah jede Art von Feuerwaffen, von der französischen Entenflinte mit ihrem fast sechs Fuß langen Lauf bis zu der gewöhnlichen Reiterpistole, in den Händen der Männer und Knaben, von denen letztere zum Teil auch mit Bogen aus Walnußschößlingen und mit plumpen Nachahmungen der alten Armbrüste bewaffnet waren.
Die Häuser und die Anzeichen eines rührigen Lebens im Dorf trieben die Vögel aus ihrer geraden Flugrichtung gegen die Berge, an deren Hängen sie sich in so dichten Massen häuften, daß man nicht sagen konnte, was wunderbarer war: die Schnelle ihrer Bewegung oder das Unglaubliche ihrer Anzahl.
Wir haben bereits gesagt, daß die Landstraße quer über die geneigte Ebene lief, die vom Gebirge zu den Ufern des Susquehanna abfiel; zu beiden Seiten befand sich eine in früheren Tagen gehauene, viele Acker breite Lichtung. Über dieser Lichtung, auf dem östlichen Gebirge und längs des gefährlichen Pfades, der zu ihm hinaufführte, hatten sich die verschiedenen Jagdliebhaber aufgestellt, und in wenigen Minuten begann der Angriff.
Unter den Jägern zeigte sich auch die hohe und hagere Gestalt Lederstrumpfs, der, die Büchse im Arm und die Hunde an der Ferse, über das Feld ging. Die letzteren schnupperten hin und wieder nach den toten oder verwundeten Vögeln, die herunterzustürzen anfingen, und kauerten sich dann zu den Füßen ihres Herrn, als ob sie seine Gefühle über dieses verschwenderische und unweidmännische Verfahren teilten.
Sooft ein Schwarm von mehr als gewöhnlicher Anzahl über die Lichtung hinwegflog und das Feld wie eine Wolke beschattete, knatterten ganze Salven von Feuergewehren in der Ebene, und was diesem Ungewitter entkam, wurde von den Bergen aus mit vereinzelten Schüssen begrüßt, so daß der Tod allenthalben auf die armen Flüchtlinge lauerte. Pfeile und Wurfgeschosse aller Art verfehlten nicht ihr Ziel in den Massen, und dabei war ihr Flug so niedrig, daß man sie an den Flanken der Berge sogar mit langen Stangen zu Boden schlagen konnte.
Inzwischen war Herr Jones, der die gemeinen und gewöhnlichen Zerstörungsmittel seiner Jagdgenossen verschmähte, unter Benjamins Beihilfe beschäftigt, Vorbereitungen zu einem verhängnisvolleren Angriff zu machen. Unter den Überbleibseln alter militärischer Streifzüge, die man hin und wieder noch in den verschiedenen Bezirken des westlichen Teils von Neuyork antrifft, hatte man bei der Anlegung Templetons eine kleine Feldschlange aufgefunden, die einpfündige Kugeln schoß. Vermutlich war sie von einer Truppenabteilung der Weißen bei Gelegenheit ihrer Einfälle in die indianischen Dörfer zurückgelassen worden, sei es nun, daß sie durch die Not dazu gezwungen wurden oder daß es zu beschwerlich war, ein solches Kriegswerkzeug durch die Wälder zu schleppen. Man hatte diese Miniaturkanone vom Rost befreit, sie auf kleine Räder gesetzt und wieder brauchbar gemacht. Schon seit mehreren Jahren diente sie in diesen Bergen als das einzige Organ für die Verkündigung außerordentlicher und erfreulicher Ereignisse. Am Morgen des vierten Juli hörte man sie durch die Täler hallen, und sogar Kapitän Hollister, der in der Gegend für derartige Dinge als die höchste Autorität galt, versicherte, daß sie in Anbetracht ihrer Dimensionen ein durchaus nicht verächtliches Salutgeschütz sei. Sie hatte allerdings durch die geleisteten Dienste etwas gelitten, so daß zwischen Mündung und Zündloch hinsichtlich der Weite nur ein ganz geringer Unterschied bestand. Der großartige Richard jedoch hatte die Nützlichkeit eines solchen Werkzeuges eingesehen, um den Tod auf seine hurtigen Feinde zu schleudern. Die Feldschlange wurde durch ein Pferd nach der Stelle geführt, die der Sheriff besonders geeignet für die Aufpflanzung einer derartigen Batterie fand, und Meister Pump schickte sich an, das Geschütz zu laden. Die Patronen enthielten etliche Handvoll Entenschrot, und der Majordomo verkündigte bald, daß das Stück für den Dienst instand gesetzt sei. Der Anblick eines solchen Werkzeugs versammelte alle müßigen Zuschauer, meistens Knaben, welche die Luft mit Jubelgeschrei erfüllten, auf dem Platz. Die Röhre wurde nach oben gerichtet, und Richard, der eine glühende Kohle in einer Feuerzange hielt, setzte sich geduldig auf einen Baumstumpf, um das Auftauchen eines Schwarms zu erwarten, der seiner Beachtung würdig wäre.
Die Anzahl der Vögel war so ungeheuer, daß das Knatterfeuer der Gewehre, die Pfeilschüsse und das Geschrei der Knaben keine andere Wirkung hervorbrachten, als daß sie kleine Schwärme von den Massen absonderten, so daß letztere ihren Zug durch das Tal fortsetzten, als ob die ganze gefiederte Zunft keinen andern Paß hätte. Niemand nahm sich soviel Mühe, die Opfer zu sammeln, die in bunter Verwirrung das Feld bedeckten.
Lederstrumpf war ein schweigender Beobachter aller dieser Vorgänge; als er jedoch die Kanone richten sah, konnte er seine Gefühle nicht länger zurückhalten.
»Das hat man von diesen Ansiedlungen«, sagte er. »Ich habe die Tauben vierzig Jahre lang hier durchziehen sehen, und niemand ließ sich’s einfallen, sie zu stören oder zu beschädigen, bis Ihr mit Euren Lichtungen gekommen seid. Ich sah ihr Erscheinen in den Wäldern immer gern; denn sie leisteten einem Gesellschaft und sind so harmlos wie die Glasschlangen. Aber nun muß ich mit Schmerz diese schrecklichen Dinger durch die Luft pfeifen hören, ohne einen weiteren Grund, als um der Dorfbrut ein Spektakel zu geben. Schon gut! der Herr wird nicht geduldig zusehen, wenn man seine Geschöpfe für nichts und wieder nichts mordet; und diesen Tauben wird ihr Recht widerfahren wie auch noch manchen anderen. Der Herr Oliver ist ebenso schlimm wie die übrigen; denn er schießt auf die unschuldigen Tiere, als ob es Mingokrieger wären.«
Unter den Schützen befand sich auch Billy Kirby, der alle Augenblicke seine alte Muskete lud und sie, ohne aufzusehen, jubelnd in die Luft abschoß, so daß ihm hin und wieder seine Opfer sogar auf den Kopf fielen. Er hörte Nattys Worte und übernahm die Erwiderung:
»Was, alter Lederstrumpf«, rief er, »Ihr brummt über den Tod einiger Tauben? – Wenn Ihr wie ich Euren Weizen zwei-oder dreimal hättet aussäen müssen, so wäret Ihr nicht so übermäßig zartfühlend gegen diese Teufel – hurra! hurra, Jungen! Pfeffert tüchtig drauf los! Das ist besser, als auf den Kopf und Hals eines Truthahns zu schießen, alter Knabe.«
»Für Euch, Billy Kirby«, versetzte der alte Jäger unmutig, »und für alle, die nicht wissen, wie man eine Kugel aufsetzt und wie man sie nach einem richtigen Ziel wieder aus dem Lauf bringt! Aber es ist etwas Heilloses, in dieser verschwenderischen Weise auf die Schwärme zu schießen, und niemand tut es, der einen einzelnen Vogel herunterlangen kann. Wenn es einen