Edmond Hamilton

Captain Future 09: Jenseits der Sterne


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Stern, ausgebrannt und nur noch schwach glühend.

      »Seltsam«, sagte das Gehirn unbehaglich. »So wie ich es sehe, scheinen diese Staubströme aus der Wolke selbst zu stammen.«

      »Etwas anderes ist noch viel merkwürdiger«, stellte Curt Newton fest. »Wir haben die Wolke schon halb umrundet, aber der Kosmische Kompass zeigt noch immer geradewegs in ihr Zentrum.«

      Er hatte die zitternde Nadel sorgfältig beobachtet und mit steigender Verwunderung bemerkt, wie sie wanderte.

      Es war Otho, der aussprach, was sie alle dachten. »Ist es möglich, dass sich die Wiege der Materie irgendwo innerhalb der Staubwolke verbirgt?«

      »Das kann nicht sein«, entgegnete Grag. »Oder etwa doch? Springende Mondteufel noch mal, ich weiß nicht, was ich glauben soll!«

      »Es wäre logisch«, murmelte das Gehirn. »Diese einmalig große dunkle Wolke besteht aus kosmischem Staub. Wenn sich die Wiege der Materie irgendwo dort drinnen befindet, würde das erklären, woher der Staub kommt – die Wiege selbst bringt ihn hervor, und er strömt in alle Richtungen, aber große Mengen davon sammeln sich dennoch direkt um die Wiege herum.«

      »Fast so, als würde die Wolke den Ursprung der Schöpfung vor dem restlichen Universum verbergen«, murmelte Otho beeindruckt.

      »Wir wissen doch noch gar nicht, ob sich die Wiege wirklich dort drinnen verbirgt«, mahnte Curt Newton. »Lasst uns erst mal auf die andere Seite fliegen.«

      Aber in Wirklichkeit hegte auch er kaum Zweifel. Während er die Komet am Saum der Wolke entlangsteuerte, rückte die Nadel des Kosmischen Strahlungskompasses immer weiter nach rechts, blieb beständig auf die Mitte der Wolke gerichtet. Als sie schließlich auf der anderen Seite der dichten, dunklen Masse anlangten, hatten sich seine restlichen Zweifel zerstreut: Die Nadel zeigte jetzt genau in die Richtung, aus der sie gekommen waren.

      »Na schön, also befindet sich die Wiege tatsächlich dort drinnen«, stellte Simon Wright leise fest, die Stielaugen auf die gewaltige wirbelnde Wand aus Dunkelheit gerichtet. »Das verkompliziert unser Vorhaben, Junge.«

      »Das würde ich allerdings auch sagen«, stimmte Otho düster zu. »Wie im Namen aller Weltraumteufel sollen wir in diesem Universum aus lauter Staub denn irgendetwas finden?«

      Captain Future teilte ihren Pessimismus nicht. So liebenswürdig und gutgelaunt er war, wenn alles glatt lief – wenn er auf Widerstand traf, wurde er hart wie Stahl. Für den rothaarigen Raumfahrer waren Schwierigkeiten, ob nun natürlichen oder menschlichen Ursprungs, stets eine Kampfaufforderung, die er fast freudig annahm.

      »Die Wiege der Materie befindet sich dort drinnen«, sagte er und zuckte mit den Achseln. »Wir müssen also nur dort hinein und sie finden. Ganz einfach.«

      »Na klar, ganz einfach wird das«, rief Grag. »Mir fällt nur gerade ein, dass ich leider eine Verabredung am anderen Ende der Galaxis habe, also muss ich dann wohl weg …«

      Otho drehte sich zu ihm um und musterte ihn voll demonstrativer Verachtung.

      »Du versuchst dich also aus der Affäre zu ziehen, ja? Ich wusste schon immer, dass du in diesem ganzen stählernen Leib kein bisschen Rückgrat hast.«

      Der Androide wandte sich Captain Future zu.

      »Lass nicht zu, dass Grag dich im Stich lässt, Chef. Ich selbst wäre ja ganz klar mit von der Partie, nur fällt mir gerade ein, dass ich meine Lieblingsstrahlenpistole auf dem Mond vergessen habe, also muss ich wohl leider noch mal zurück.«

      Wissend grinste Curt Newton die beiden an. Ihm war völlig klar, dass keiner der beiden im Traum daran dachte, angesichts des bevorstehenden Wagnisses zu kneifen. Sie taten, als schlotterten sie vor Angst, aber das war nur gespielt.

      Simon Wright schwebte rastlos auf und ab. Das Gehirn hielt wenig von derlei Scherzen. »Wenn ihr beiden Idioten mit eurem Theater fertig seid, können wir ja jetzt weitermachen«, schnarrte er bissig.

      »Lass ihnen doch den Spaß, Simon«, erwiderte Curt versöhnlich. »Vielleicht haben sie in ihrem Leben nicht mehr viele Gelegenheiten, sich zu amüsieren.«

      »Au. Das könnte nur allzu wahr sein«, sagte Otho kläglich. »Okay, Chef – wagen wir es.«

      Captain Future suchte den Saum der Wolke ab und entdeckte eine Stelle, an der sich eine tiefe Ausbuchtung in die Staubmassen grub. Er steuerte die Komet direkt darauf zu.

      Während das Schiff unzählige Kilometer zurücklegte, mit direktem Kurs auf die kosmische Dunkelheit, schüttelten die unsichtbaren Strömungen aus der Wolke es immer heftiger durch. Schließlich schlingerte und bockte die Komet so heftig, dass sie die Gurte anlegen mussten.

      »Je tiefer wir vorstoßen, desto schlimmer wird es wohl«, vermutete Curt. »Es kommt mir fast vor, als wollte die Natur selbst uns daran hindern, zur Wiege der Schöpfung vorzudringen.«

      Dieser unheimliche Eindruck verstärkte sich immer mehr, alle paar Millionen Kilometer wurden die Staubströme noch brutaler. Als sie in den äußersten Zipfel der Ausbuchtung aus leerem Raum vordrangen, der sich in die Wolke grub, musste der Vibrationsantrieb mit voller Kraft arbeiten, nur um die Komet sauber auf Kurs zu halten. Sie flogen unweit eines großen dunklen Sterns vorbei, der sich am Rand der Wolke befand, in Gesellschaft zweier kleiner Planeten. Endlich erreichten sie den Rand der Dunkelheit.

      »Wir probieren es mit den fluoroskopischen Scheinwerfern, aber ich bezweifle, dass sie in diesem dichten Staub eine große Hilfe sind«, rief Curt den anderen zu. »Otho, nimm die Abdeckung vom Kosmischen Strahlenkompass, damit wir ihn durch Abtasten ablesen können.«

      Otho nahm den Glasdeckel vom Instrument. Es war keine leichte Arbeit, denn inzwischen schwankte das Schiff wie auf hoher See.

      »Leb wohl, Universum«, rief Grag. »Hier also wird dem armen alten Grag für immer das Licht ausgeknipst.«

      Im nächsten Augenblick tauchte das Schiff in die Schwärze ein. Von einer Sekunde auf die andere befanden sie sich in vollkommener, undurchdringlicher Finsternis. Rasch schaltete Curt die fluoroskopischen Scheinwerfer ein, die eigens dafür konzipiert waren, Nebel oder Staubwolken zu durchdringen. Aber die Strahlen erzeugten nur ein mattes rötliches Glühen, das höchstens wenige hundert Meter weit reichte und das erdrückende Dunkel voll wirbelnder Staubteilchen nicht zu durchdringen vermochte.

      Die Futuremen konnten einander im Kontrollraum kaum ausmachen. Die Staubströme warfen die Komet umher wie einen kleinen Splitter inmitten eines Mahlstroms, und Curt kämpfte mit aller Kraft darum, sie auf Kurs zu halten. Es war, als wären sie geradewegs in die tosenden Urkräfte des Kosmos vorgedrungen. Die Außenhülle und Struktur des Schiffs ächzten, dröhnten, erbebten und kreischten unter der gewaltigen Belastung. Irgendwo hinter ihnen barst mit einem Knall eine Verstrebung.

      »Das ist ja schlimmer als die Schneestürme über dem Pluto!«, schrie Otho gegen den Lärm an. »Wenn es schon hier so übel ist, wie wird es dann erst sein, wenn wir die Wiege tatsächlich finden?«

      »Ungefähr so, als wenn man einen Mondwolf vom Jupiter fängt – die reißen einen auch in Stücke, wenn man sie erwischt«, brüllte Grag zurück.

      Captain Future achtete nicht auf sie. Ihm machten die Schläge, die die Komet einstecken musste, ernstlich Sorgen. Sie war das verlässlichste, stärkste Raumschiff des gesamten Sol-Systems – aber nicht einmal sie konnte dem blindwütigen Zorn der interstellaren Gewalten ungestraft die Stirn bieten.

      Curts angeborene Sturheit, die sein prägendstes Merkmal war, nahm angesichts ihrer Lage neue, ungeahnte Ausmaße an. Fest entschlossen steuerte er durch die Dunkelheit, brachte das Schiff jedes Mal, wenn die donnernden Staubwirbel es erfassten, wieder auf Kurs. Der pulsierende Vibrationsantrieb funktionierte immer noch, aber es