Lise Gast

Ein Fohlen bring Glück


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auch dieses Kind, als es sein Schwesterchen weinen hörte, einzustimmen begann. Beide zusammen übertönten beinah den Gesang der Kinder.

      Himmel, was tat man nur? Dori wechselte ihr Kind auf den andern Arm hinüber und versuchte, Großmutter den Zügel abzunehmen und Perle zu halten. Aber deren Kind fing jetzt an zu strampeln, sich nach rückwärts zu werfen und noch lauter zu brüllen.

      „Ich lass’ dich fallen, wenn du hier so herumhampelst“, knirschte Dori.

      Schließlich erbarmte sich ein junger Mann mit Brille und Bart, den bedrängten Frauen zu helfen. Er nahm erst Großmutter und dann Dori ihre wildwütige Last ab, hob beide Kinder geübt auf die Arme – „Ich habe zu Hause auch zwei von der Sorte, es wird schon gehen“ – und marschierte mit ihnen dem Sankt Martin hinterher. Der fühlte sich nun auch sicherer, als er sah, daß Großmutter nur noch ihn zu betreuen hatte. So kam der Zug wieder in Bewegung.

      Vor der Kirche durfte Peter absitzen. Perle konnte natürlich nicht in die Kirche hinein. Die Kinderschar strömte an ihr und dem Heiligen vorbei, denn es hatte sich inzwischen herumgesprochen, daß jedes Kind in der Kirche eine Sankt-Martins-Brezel bekommen würde.

      „Sitz ab, Peter“, hatte Großmutter gesagt, und nur zu gern gehorchte der kleine Heilige. Nun aber mußte er noch zu dem Bettler gehen, der auf den Kirchenstufen saß und fror, und ihm den halben Mantel geben. Der war aus demselben Stoff wie der wirkliche hergestellt, und Peter hatte ihn über der Schulter gehabt. Er tat, als schnitte er ihn mit seinem Schwert ab, und gab ihn dem Bettler. Der hüllte sich hinein.

      „Sankt Martin gibt den halben still,

      der Bettler rasch ihm danken will,

      Sankt Martin aber ritt in Eil

      hinweg mit seinem Mantelteil.“

      Dieser Sankt Martin ritt nicht; Großmutter führte sein Pferd, und die andern folgten. In der Aufregung um die Sankt-Martins-Brezel fiel es den Dorfkindern nicht auf, daß sie, aus der Kirche kommend, ohne ihren Heiligen im Schnee standen.

      Großmutter führte Perle zum Hänger, Dori und Peter hatten die hintere Klappe schon heruntergelassen, und Perle, gottlob, sträubte sich nicht. Sie polterte die Schräge hinauf, und man sah ihr an, was sie dachte: Lieber im vertrauten Hänger als in so einer verrückten Kinderschar.

      „Das war ein Ritt“, sagte Großmutter, als sie im verschneiten Schloßhof standen und Perle wieder im Stall hatten. „Daran werde ich lange denken. Und ihr, Dori und Peter, seid unverletzt aus diesem Abenteuer herausgekommen?“

      „Gott sei Dank, ja, und ihr kleinen Brüllaffen auch.“

      Es hatte wieder zu schneien begonnen, und sie schüttelten alle den Schnee ab, bevor sie ins Haus gingen. Dort saß die Mutter der Zwillinge behaglich bei Kaffee und Martinshörnchen in Tante Ulles warmer Stube, und als sie „Na ihr?“ fragte, hätte Dori sie gern erdolcht. Sie wollte gerade von der Brüllerei der beiden Kleinen erzählen, aber da kam Großmutter aus dem Flur, wo das Telefon hing. Sie hatte angerufen und sich nach der Stute des Bauern erkundigt, der Frau Doktor Groß um Hilfe gebeten hatte. Sein Pferd hatte eine Schlundverstopfung gehabt, die aber gut ausgegangen war. Da atmeten alle im Zimmer auf, und von dem Geschrei der Zwillinge war keine Rede mehr. Das war sicher auch besser so.

      Großmutter hatte sich bei dem fremden Helfer noch herzlich bedankt und ihn samt seinen zwei Töchtern eingeladen und versprochen, daß sie auf Sambesi reiten dürften.

      „Na, ob die wollen?“ fragte Dori zweifelnd. Und Peter erzählte von einem ganz berühmten Rennfahrer, der als Dreijähriger immer geheult habe, wenn man ihn ins Auto setzte. Die anderen lachten.

      „Du würdest wohl auch gern Rennfahrer werden“, stichelte Dori, „jedenfalls lieber als ein guter Reiter, stimmt’s?“

      „Laß Peter in Ruhe, Jungen haben es halt mit den Autos“, sagte Großmutter versöhnlich. „Es muß nicht jeder dasselbe wollen.“

      Dori antwortete nichts, aber sie dachte, Großmutter habe vielleicht recht. Wenn Peter so versessen aufs Reiten wäre wie sie, würde er ihr wahrscheinlich immer die Perle wegnehmen wollen, sobald sie aufsitzen durfte.

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