Edmond Hamilton

Captain Future 08: Im Zeitstrom verschollen


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der Androide, dessen Reflexe und Reaktionsgeschwindigkeit flinker waren als die jedes menschlichen Wesens, war in der Lage gewesen, den Steuerknüppel schnell genug herumzureißen und die Zyklotronen-Pedale so schnell zu bedienen wie Otho in diesem Augenblick.

      Die Zyklotronengeneratoren heulten dröhnend auf, die gequälten Seiten- und Heckantriebsdüsen kreischten und die Komet vollführte einen verrückten Haarnadel-Looping im Angesicht des kreisenden, heranrasenden Satelliten.

      Bumm!

      Der Knall schleuderte sie wie Puppen durch die Luft, als gezackte Felsspitzen das Schiff streiften und die Metallwand wie Papier zerschnitten. Sauerstoff entwich aus dem Schiff.

      Curt war eine Sekunde später wieder auf den Beinen. In der Komet herrschte tödliche Stille. Die Zyklotronengeneratoren waren verstummt.

      Der ganze hintere Teil des Kiels war herausgerissen worden, als ihn die Felsspitze des kreisenden zweiten Erdtrabanten gestreift hatte. Die Zyklotronen waren zerquetscht und nutzlos. Der zweite Mond selbst war seiner Umlaufbahn folgend weitergeflogen.

      Doch das Schiff der Futuremen, nun ein hilfloses Wrack, glitt in einer langen unberechenbaren Spirale der Erdatmosphäre entgegen. Sie stürzten ab. Sie waren dazu verdammt, in der fernen und wilden Vergangenheit des Sonnensystems mit ihrem Schiff auf der Erde zu zerschellen …

      Dennoch herrschte in der zerstörten Komet keine Panik. So plötzlich und niederschmetternd die Katastrophe auch war – die unerschrockenen Abenteurer wirkten gefasst. Die Futuremen hatten sich schon früher gefährlichen Situationen stellen müssen und gelernt, im Angesicht der Katastrophe einen kühlen Kopf zu bewahren.

      Curt Newton überprüfte zuerst, ob seine Kameraden verletzt waren. Der Pilotensessel hatte den Aufprall für Otho abgemildert.

      Simon Wright, der in der Luft schwebte, war ebenfalls unbeschadet geblieben. Grag war zwar gegen die Wand geschleudert worden, doch auch der Roboter aus massivem Metall hat keinen größeren Schaden abbekommen.

      Obwohl Curt mit ruhiger Stimme sprach, wirkte seine Stimme laut, als er jetzt das Wort ergriff.

      »Ich fürchte, dass die Zyklotronengeneratoren defekt sind. Hilf mir, sie zu überprüfen, Otho. Und du, Simon, finde heraus, wie viel Zeit wir noch haben, ehe wir auf der Erde aufkommen.«

      Nichts anderes als diese gelassene, unbeirrbare Zuversicht erwarteten Curts bestürzten Kameraden von ihrem Anführer.

      Otho folgte ihm nach hinten in die Zyklotronenkammer. Ein großes Loch war in den Fußboden gerissen worden. Zwei der neun Generatoren waren vollständig weggebrochen und drei weitere stark beschädigt. Die Treibstoff-Zuleitungen waren durchtrennt, genauso wie die Stromleitungen. Am schlimmsten aber war, dass ein Großteil der Heckantriebsdüsen zerquetscht worden war.

      Curts Herz wurde schwerer, als er den Schaden begutachtete, dennoch war seine Miene gefasst, als er zusammen mit Otho in die Hauptkabine zurückkehrte. Obwohl es so schien, als würde das stille Schiff im Weltraum hängen, wusste er, dass es mit immer größer werdendem Tempo der Erde entgegenstürzte.

      Das Gehirn beendete seine Berechnungen. Grag, der hektisch die Kabine durchsuchte hatte, stieß einen erleichterten Schrei aus, als er Eek und Oog entdeckte, die sich verängstigt in einer Ecke aneinandergeschmiegt hatten.

      »Alles in bester Ordnung!«, rief er seinen Kameraden zu. »Eek ist in Sicherheit.«

      Otho schnaubte verächtlich.

      »Hört euch diesen scheppernden Volltrottel an! Hier sitzen wir, einhundert Millionen Jahre in der Vergangenheit gestrandet, das Schiff zerstört, auf die Erde herunterstürzend – und alles ist in bester Ordnung. Eek ist in Sicherheit.«

      »Es ist meine Schuld, dass wir uns in dieser misslichen Lage befinden«, sagte Curt bitter. »Ich hätte die Möglichkeit eines zweiten Erdtrabanten in Betracht ziehen müssen.«

      »Bei allen Teufeln des Weltraums, woher hättest du wissen sollen, dass die Erde zu dieser Zeit zwei Monde hatte?«, rief Otho. »Darauf wäre niemand gekommen.«

      Simon blickte auf, seine Linsenaugen verrieten keine Regung.

      »Junge, wir haben noch etwa sechs Stunden, bis wir auf der Erde aufschlagen. Wir werden dann ein Tempo erreicht haben, das uns auslöschen wird, wenn wir es nicht schaffen, unseren Sturz zu verlangsamen.«

      »Die Heckantriebsdüsen zu reparieren, ist hoffnungslos«, kommentierte Curt. »Das würde Tage dauern. Unsere einzige Hoffnung besteht darin, die Stromleitungen zum Bugantrieb in Ordnung zu bringen und sie zu nutzen, um mit der Nase voran zu landen.«

      »Eine Buglandung bei der Geschwindigkeit, die wir draufhaben, das wird spannend«, brummte Otho. »Ein ziemlich gewagtes Kunststück – wenn es uns gelingt.«

      Sie stürzten sich in die anspruchsvolle Arbeit, die geplatzten Treibstoff-Zuleitungen und die Stromleitung zu reparieren. Mit überzähligen Rohrstücken und kleinen Atom-Schweißgeräten arbeiteten die Futuremen in angespanntem Schweigen, während das Schiff immer weiter gen Erde stürzte.

      Curt hatte keine Zeit, darüber nachzudenken, welche Konsequenzen diese unvorhersehbare Katastrophe für sie haben würde. Ihre dringliche Expedition nach Katain würde wahrscheinlich durch den unvermeidbaren Aufprall auf der Erde beendet. Selbst wenn sie sicher auf der Erde landeten, saßen sie fürs Erste fest, es sei denn, sie konnten Metalle und Materialien auftreiben, um das Schiff zu reparieren. Sie würden an diesem Ort in der Vergangenheit festsitzen, denn der Zeitenschieber brauchte die Energie aller neun Zyklotronengeneratoren.

      Curt richtete sich keuchend auf.

      »Mehr können wir im Moment nicht tun«, sagte er. »Aber auf diese Weise haben wir wenigstens die Bugantriebsdüsen, um unseren Sturz abzumildern.«

      Zusammen gingen sie in den Kontrollraum. Curt setzte sich in den Pilotensessel und überprüfte die übrigen Zyklotronen. Ihr Pulsieren war fast unhörbar.

      »Mit den geschwächten Generatoren zu landen ist genauso aussichtslos, wie einem jovianischen Mondbär ins Gesicht zu schlagen«, meinte Otho. »Wenn sie explodieren …«

      »Wir werden sie erst einsetzen, wenn wir kurz davor sind, auf der Erdoberfläche aufzuschlagen«, wurde er von Curt unterbrochen. »Das müsste in etwas mehr als einer Stunde der Fall sein.«

      Nun, da sie die Gelegenheit hatten, in den Weltraum hinauszuschauen, wurden sie von Ehrfurcht ergriffen. »Es ist ein ganz anderes Sonnensystem«, sagte Simon Wright, »unser System in der Morgendämmerung der Zeit.«

      Curtis Newton hatte das Gefühl, in ein fremdes Universum versetzt worden zu sein, so sehr unterschied es sich von dem System, das sie kannten. Der zweite Mond, der nun hoch über ihnen hing, war nicht der einzige fremde Himmelskörper. Auch der wohlbekannte, weiter entfernte Mond war kaum wiederzuerkennen. Ihm fehlten die gewaltigen Krater, die ihn später charakterisierten, stattdessen schwebte dort eine glatte, leere, schimmernde Kugel.

      Als sie den Weltraum mithilfe des Elektronenmikroskops weiter erkundeten, stellten sie fest, dass der Mars grün funkelte statt in dem gewohnten düsteren Rot. Jupiter besaß elf Monde, nicht zehn, und der riesige rote Fleck des Feuermeers war nicht zu sehen. Am Verblüffendsten aber war, dass sich die Saturnringe noch nicht geformt hatten, und dass der Saturn von zwölf statt zehn Monden umkreist wurde.

      Curt richtete das Teleskop auf einen weißen Lichtpunkt, der sich innerhalb der Jupiterumlaufbahn befand, er lag nicht weit entfernt von der gewaltigen Himmelswölbung des Planeten. Neben dem weißen Punkt war ein kleinerer, dunklerer Fleck zu sehen.

      »Da vorn ist Katain, die Heimat des Volkes, das uns zu Hilfe gerufen hat!«, rief er aus. »Der Planet besitzt sogar einen Mond. Es ist eine kleine Welt, nicht größer als der Mars!« Die Futuremen spürten den Nervenkitzel, als sie den legendären zehnten Planeten betrachteten, der seiner Umlaufbahn zwischen Mars und Jupiter folgte. Curt war sehr aufgewühlt.

      »Zu diesem Zeitpunkt steht Katain unmittelbar vor seiner Auslöschung. Irgendwo dort lebt der Wissenschaftler Darmur, der uns den Hilferuf durch die Zeit gesandt hat, und sein