versuchte, dem Tierchen mit dem Finger auf die Nase zu stupsen. Doch es kreischte und versteckte sich hinter Onis bombastischer Frisur.
Onis Gesicht hellte sich auf. „Das ist Anubi, mein Erdmännchen. Er ist nicht nur putzig, sondern auch unglaublich verfressen. Lass also besser nichts herumliegen, was du noch selbst essen willst, besonders keine Leckerbissen wie Skorpione, Kakerlaken oder Gottesanbeterinnen …“
Belle schüttelte lachend den Kopf. „Okay, ich achte drauf.“
Sie gähnte. „Und jetzt muss ich dringend pennen. Mann, war das ein Tag!“
Belle ließ sich rückwärts auf das Himmelbett fallen. Noch im Kippen schlief sie ein.
Als Belle am folgenden Morgen wach wurde, wusste sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Die Tür stand sperrangelweit auf und das Bett auf der anderen Seite des Zimmers war unberührt und leer. Oni und Anubi waren nicht da. Auch ihr Rucksack fehlte, der Schrank war leer. Sie waren offensichtlich abgehauen. Aber warum?
Belle wollte sich trotzdem auf die Suche nach ihr machen, doch es war bereits 7 Uhr 53. Um acht Uhr gab es Frühstück. Pünktlich. Auch wenn es niemand außer ihr wusste, Belle wollte kein zweites Mal zu spät kommen. Vielleicht hatte Oni ja auch einfach nur Schlafstörungen und saß bereits fröhlich kauend am Tisch?
Im Speisesaal herrschte wildes Durcheinander. Etwa vierzig Schülerinnen und Schüler waren es insgesamt. Lehrer befanden sich nicht im Raum. Auch Oni war nicht zu sehen, ebenso wenig Oliver.
Belle holte sich nur ein Glas Orangensaft und setzte sich zu ein paar bekannten Gesichtern.
Sie konnte sich erinnern, dass vier von ihnen zu ihrem Jahrgang gehörten. Sie stellten sich knapp als Zack, Polly, Akono und Mary-Jay vor, dann beachteten sie Belle nicht weiter.
„Und du?“, fragte Belle den Fünften am Tisch. Auch er wurde von dem Viererteam wie Luft behandelt. Sah er deswegen so grimmig aus?
„Connor Blaze“, antwortete der Junge einsilbig.
Belle ließ sich von seinem schroffen Ton nicht abwimmeln. „Warst du gestern auch schon da? Ich habe dich gar nicht gesehen.“
Der Junge verengte seine Augen zu Schlitzen und schüttelte schließlich den Kopf.
„Bin erst im Morgengrauen angekommen.“
„Tsss!“, machte Belle und versuchte einen Witz. „Du musst deine Eltern besser erziehen!“
„Meine Eltern sind tot“, antwortete Connor und sah aus dem Fenster.
Merde!, dachte Belle. Fettnapf, Fettnapf, fetter Fettnapf!
„Oh, das tut mi…“
Connor stand auf. „Das muss dir nicht leidtun, ist schon mehr als sechs Jahre her.“
Er nahm seine leere Müslischale und ging zum Buffet zurück.
„Dann tut es mir erst recht leid“, murmelte Belle.
In diesem Moment betrat Direktor Maximov den Saal. Augenblicklich wurden die älteren Schüler still, Maximov war offenbar für seine Strenge bekannt.
„Ich möchte euch noch mal ohne Anhang auf der Akademie des Adventure Club of Europe begrüßen“, fing Maximov an. „Auch den Neulingen sollte mittlerweile klar sein: Dies ist keine normale Schule. Die Fächer sind mit nichts vergleichbar, was ihr bisher so an unnützem Wissen vorgesetzt bekommen habt. Auch findet der Unterricht zum großen Teil gar nicht in diesem Gebäude statt.“
Maximov erzählte weiter, dass sie alle auf eine Laufbahn als Abenteurer und Wächter über magische Artefakte vorbereitet würden, dass sich jeder hier durch eine besondere Fähigkeit auszeichne, dass man viel voneinander lernen könne und so weiter und so weiter.
Mitten in der Rede flog plötzlich die Tür auf. Zwei Lehrer brachten einen Jungen herein – eigentlich trugen sie ihn mehr, als dass er lief. Oliver! Er sah ziemlich übernächtigt aus.
„Wir haben ihn im Technikraum gefunden“, erstattete der Lehrer, der wie eine Birke aussah, bei seinem Direktor Anzeige. „Wie es aussieht, hat er die ganze Nacht über ein Computerspiel gemacht.“
„Ich hab nicht gezockt!“, beschwerte Oliver sich mit piepsiger Stimme. „Ich habe meine Figur umprogrammiert. Jetzt ist sie unschlagbar!“
Ein stolzes Lächeln strich über Olivers Gesicht. Aber es hielt nur kurz. Der eisige Blick des Direktors brachte ihn zum Schweigen.
„Nun, ich bin sowieso gerade mit meinen Ausführungen am Ende“, erwiderte Maximov mürrisch. „Und nun packt eure Reisetaschen! Eure Lehrer und ich erwarten euch am Lufthafen. Abflug ist um Punkt 12 Uhr!“
Ein älterer Junge am Nachbartisch hob die Hand.
„Ja, Krasimir?“, sagte Maximov.
„Was ist aus dem Dieb geworden?“
„Ja, genau!“, rief ein anderer lachend. „Spukt das Phantom noch durch unsere Burg?“
Maximovs Augenlider flackerten. „Was soll schon aus ihm geworden sein? Wir haben ihn noch gestern Abend der Polizei übergeben.“
Eine Gruppe von Außenseitern
Schwarze Wolken hingen über den fünfhundertjährigen Eiben. Belle fröstelte es. Sie lief über den hölzernen Steg, der vom Obergeschoss der Burg zum Lufthafen führte. Es war eine gespenstische Stimmung, viel zu dunkel für die Tageszeit, keine Menschenseele zu sehen. Diesmal war sie viel zu früh dran und gleich würde es ein Gewitter geben. Hoffentlich kamen sie noch rechtzeitig los.
Langsam tauchten vor Belle die Umrisse von gewaltigen Luftschiffen auf. Die größeren schwebten zwischen den Baumkronen, lange Strickleitern baumelten bis zu den Stegen hinunter. Die kleineren waren hier unten wie Boote an eisernen Ringen angebunden und schaukelten sanft hin und her. Es waren Sky Explorer, die Überschall-Zeppeline, in denen der Unterricht stattfinden sollte. Nicht hier bei der Burg natürlich, sondern auf Exkursionen in alle Länder des Globus. Deshalb nannten die Ehemaligen die Akademie auch fliegende Schule der Abenteurer.
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