Ilja Grzeskowitz

Radikal menschlich


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hoffentlich treue Dienste leisten wird.

      Um Ihnen das Strukturieren und Umsetzen der Inhalte so einfach wie möglich zu machen, fasse ich für Sie am Ende eines jeden Kapitels die fünf wichtigsten Ideen noch einmal in Form eines Macher-Memos zusammen. Mein großer Wunsch ist es, dass Sie nach der Lektüre dieses Buchs ein Gesamtpaket an Ideen, Strategien und konkreten Werkzeugen zur Verfügung haben, um nachhaltig einen Unterschied zu machen. In Ihrem Unternehmen, in Ihrem Team oder zu Hause in der Familie. Doch gestatten Sie mir noch einen kurzen Hinweis: Ich erhebe mit diesem Buch nicht den Anspruch, die alleinige Wahrheit gefunden zu haben (Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass viele Kritiker wesentlich dogmatischer sind als diejenigen, die von ihnen kritisiert werden?). Ich behaupte auch nicht, dass meine Ideen das Allheilmittel für jeden einzelnen Menschen auf dieser Welt wären. Nichts liegt mir ferner. Ganz im Gegenteil, wahrscheinlich bin ich selbst mein größter Kritiker und durchleuchte meine eigenen Gedanken daher besonders gründlich. Aber ich weiß eben auch, dass die in diesem Buch vorgestellten Methoden überdurchschnittliche Resultate zur Folge haben. Tausende Menschen haben sie bereits genutzt, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen, ihr Unternehmen für die Zukunft aufzustellen oder um im Team erfolgreich zu sein – schauen Sie sich gern die Referenzliste auf meiner Homepage an.

      Und darum bin ich der festen Überzeugung, dass die Konzepte dieses Buchs auch für Sie, liebe Leserinnen und Leser, sehr wertvoll sein können. Weil es schon lange nicht mehr selbstverständlich ist, möchte ich ein Alleinstellungsmerkmal gern deutlich hervorheben: Ich habe die Ideen und Inhalte dieses Buchs nicht irgendwo kopiert oder abgeschrieben, sondern sie basieren auf meinen unzähligen Erfahrungen der letzten 15 Jahre. In dieser Zeit habe ich in so gut wie jeder Branche mit Unternehmen jeglicher Größenordnung und Menschen verschiedenster Couleur gearbeitet. Und neben aller Unterschiedlichkeit gab es auch immer wieder frappierende Gemeinsamkeiten. Diese Erkenntnisse habe ich mit intensiver Recherche und wissenschaftlichen Hintergründen kombiniert und zu einem Destillat verarbeitet, welches ich Ihnen nun gern vorstellen möchte.

      Dabei möchte ich Sie von Anfang an dazu ermutigen, jede meiner Ideen kritisch zu hinterfragen, sie auf den Prüfstand zu stellen und in Ihrem Alltag auszuprobieren. Und wenn ich Sie mit meinem Ansatz begeistern kann, dann wäre es das absolut Größte, wenn Sie die Idee radikaler Menschlichkeit als Botschafter hinaus in die Welt tragen würden, damit wir gemeinsam einen noch größeren Unterschied machen. In meinem Imagevideo sage ich ganz am Ende einen Satz, den ich Ihnen auch in diesem Buch zurufen möchte:2

       »Lassen Sie uns gemeinsam die Welt verändern. Ich mach es einfach. Sie auch?«

      Nichts auf der Welt würde mein Herz mehr mit Freude füllen.

      Auf geht’s, wir haben viele mutige Ideen und ein ganzes Buch vor uns. Ein Buch für alle, die mehr vom Leben erwarten als Rechnungen zu zahlen, jeden Tag in ein graues Büro zu fahren und einen Job zu erledigen, der mehr frustriert als erfüllt. Ich bin bis in die Haarspitzen motiviert und freue mich darauf, gemeinsam mit Ihnen einen Unterschied zu machen. Die Zeit von Unzufriedenheit, Belanglosigkeit und Pessimismus ist vorbei.

      Die Welt ist reif für mehr Sinn.

      Für starke Werte.

      Für den Erfolgsfaktor Mensch in Zeiten der immer intensiver werdenden Veränderung.

      Für radikale Menschlichkeit.

      Wollen wir loslegen? Ich bin sehr dankbar, dass Sie mir Ihr kostbarstes Gut, Ihre Zeit, schenken.

      Herzlichst,

      Ihr Ilja Grzeskowitz

      Berlin, Lissabon und Sylt, 2017

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       1. Der Change Loop

      »Out past the cornfields where the woods got heavy.

      Out in the back seat of my ’60 Chevy.

      Workin’ on mysteries without any clues.

       Workin’ on our night moves.«

      Bob Seeger, »Night Moves«

      Die wohl schwerste Situation meiner beruflichen Karriere hatte ich im Jahr 2004 zu meistern. Viele meiner Kollegen sprachen damals von einem Himmelfahrtskommando, meine Vorgesetzten von einer super Chance, mir meine Sporen zu verdienen. Die Aufgabe war so einfach wie herausfordernd. Ich sollte als Projektleiter das ehemals erfolgreichste Kaufhaus Berlins, das altehrwürdige Hertie in der Neuköllner Karl-Marx-Straße, zu einem Schnäppchen-Center umwandeln, in dem das Unternehmen die Altware aus dem gesamten Bundesgebiet vermarkten wollte. In modernem Deutsch würde man wohl heute »Outlet Center« dazu sagen. Es war der allerletzte Versuch, den Standort zu retten. Anfang der 1990er-Jahre arbeiteten in dem über 40 000 Quadratmeter großen Kaufhaus noch 1200 Mitarbeiter, die Umsätze gingen direkt nach der Maueröffnung durch die Decke. Doch im Laufe der Jahre erlebte nicht nur Neukölln einen wirtschaftlichen Niedergang, sondern auch das Hertie-Kaufhaus.

      So kam es, dass an meinem ersten Tag gerade noch 120 Mitarbeiter verzweifelt versuchten, die Umsatzeinbrüche aufzuhalten, die seit Langem bei über 20 Prozent pro Jahr lagen. Es war allerdings ein hoffnungsloser Kampf, denn der Niedergang war bereits zu weit fortgeschritten. Ganze Abteilungen waren seit Längerem geschlossen und es verirrten sich immer weniger Kunden in das Warenhaus, welches von der Atmosphäre manchmal an eine Geisterstadt erinnerte. Und nun stehe ich in einem muffigen Besprechungsraum und vor mir sitzen die verbliebenen sechs Abteilungsleiter, die mich mit ängstlichen Augen anblicken. Der amtierende Geschäftsführer steht nur wenige Wochen vor seiner Pensionierung und macht bei meiner Vorstellung keinen Hehl aus seiner Meinung: »Meine Damen und Herren, darf ich Ihnen Herrn Grzeskowitz vorstellen. Er ist hier, um unserem Kaufhaus den Todesstoß zu versetzen und es zu einem Schnäppchen-Center zu machen. Ich halte diese Entscheidung für völlig falsch, aber die jungen Leute denken ja immer, sie wissen alles besser.«

      Rumms. Können Sie sich vorstellen, wie ich mich gefühlt habe? Obwohl ich nur der Überbringer des neuen Konzepts war, bekam ich die gesamte Wut und aufgestaute Hoffnungslosigkeit der versammelten Menschen zu spüren. So gut es ging lenkte ich den Fokus auf die sich bietenden Chancen, stellte meine Ideen zur Rettung des Standorts vor und versuchte, die Herzen meiner zukünftigen Mitarbeiter zu erreichen. Es folgte eine hitzige Diskussion, die von vielen Fragen und Zwischenrufen geprägt war.

      Doch es war ein einzelner Satz, der sich mir bis heute ins Gedächtnis eingebrannt hat. Herr Leopold (der Name ist geändert), der Abteilungsleiter aus der zweiten Etage (Zuständigkeiten für einzelne Abteilungen wie in anderen Häusern gab es schon lange nicht mehr), stand auf, blickte mir direkt in die Augen und sagte dann: »Aber verstehen Sie es denn nicht, Herr Grzeskowitz? Wir können diese neuen Ideen hier nicht gebrauchen, weil dann unser Kaufhaus stirbt. Aber wir wollen nicht sterben. Wir wollen leben!«

      Es war ein Satz, der mich traf wie ein Blitz. Und er zeigt das große Dilemma, welches Veränderungen mit sich bringen. Herr Leopold traf diese Aussage nämlich zum einem Zeitpunkt, als der Patient Hertie Neukölln seit Jahren auf der Intensivstation lag und de facto bereits klinisch tot war. Und dennoch sträubten sich die beteiligten Menschen gegen sämtliche Alternativen wie der Teufel gegen das Weihwasser. Man wollte, dass alles so blieb, wie es war, nur die Resultate sollten besser werden. Und diese Haltung war tragisch, denn auch wenn niemand damals sagen konnte, ob der Kurswechsel den Standort noch retten konnte, so sprachen die aktuellen Umsätze, Deckungsbeiträge und Prognosen doch eine sehr eindeutige Sprache: Mit den Strategien der Vergangenheit würde man den Untergang maximal noch um ein paar Monate hinauszögern. Es gab also nur zwei Möglichkeiten: Sich auf die Veränderung einlassen. Oder sterben.

       Change or die. In Zeiten des immer intensiver voranschreitenden Wandels können wir uns entweder verändern – oder wir werden sterben.

      Und genau dort liegt das große Dilemma. Mich beschleicht nämlich immer häufiger