prominente kalifornische Psychoanalytiker Dr. Ralph Greenson unterteilt die Glücksspieler in drei Gruppen: „normale Menschen“, die zum Vergnügen spielen und damit wieder aufhören können, wenn sie wollen; die Berufsspieler, die das Glücksspiel als Mittel wählen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen; und die neurotischen Spieler, die spielen, weil sie von unbewussten Bedürfnissen dazu getrieben werden und außerstande sind, damit aufzuhören.
Ein neurotischer Spieler meint entweder, er habe Glück, oder er will sein Glück auf die Probe stellen. Wenn er gewinnt, verschafft ihm das ein Gefühl der Macht. Er empfindet die gleiche Lust wie ein Baby, das gestillt wird. Am Ende verliert ein neurotischer Spieler immer, weil er versucht, das allmächtige Glücksgefühl wieder aufleben zu lassen, anstatt sich auf einen realistischen langfristigen Spielplan zu konzentrieren.
Dr. Sheila Blume, Direktorin des Spielsüchtigen-Programms am South Oaks Hospital in New York, hat des Glücksspiel einmal als „Sucht ohne Droge“ bezeichnet. Die meisten Spieler sind Männer, die um der Action willen spielen. Für Frauen ist das Glücksspiel meist ein Mittel der Flucht. Verlierer verbergen meistens ihre Verluste und versuchen so zu wirken und zu handeln wie Gewinner, werden dabei aber von Selbstzweifeln geplagt.
Der Handel mit Aktien, Terminkontrakten und Optionen verschafft dem Glücksspieler ein Hochgefühl und wirkt dabei respektabler, als wenn er auf Pferde wetten würde. Börsenspekulationen machen einen kultivierteren Eindruck als die Zahlenspiele bei einem Buchmacher.
Spieler sind glücklich, wenn Trades zu ihren Gunsten ausgehen, und sie sind schrecklich deprimiert, wenn sie verlieren. Das unterscheidet sie von erfolgreichen Profis, die sich auf langfristige Pläne konzentrieren und sich über einen einzelnen Trade weder besonders ärgern noch besonders freuen.
Das wichtigste Anzeichen für Glücksspiel ist die Unfähigkeit, dem Drang zum Wetten zu widerstehen. Wenn Sie das Gefühl haben, Sie würden zu viel traden und Ihre Ergebnisse seien zu schlecht, hören Sie einen Monat lang damit auf. Das gibt Ihnen Gelegenheit, Ihr Trading neu zu beurteilen. Ist der Drang, zu traden, so stark, dass Sie sich keinen Monat lang von der Action fernhalten können, dann wird es Zeit, dass Sie sich an die Anonymen Spieler wenden oder die Grundsätze der Anonymen Alkoholiker anwenden, die in diesem Kapitel später noch vorgestellt werden.
Selbstsabotage
Nachdem ich jahrzehntelang als Psychiater tätig war, gelangte ich zu der Überzeugung, dass die meisten Fehlschläge im Leben der Selbst- oder Eigensabotage geschuldet sind. Wir scheitern in unseren beruflichen, persönlichen und geschäftlichen Angelegenheiten nicht wegen Pech oder Unfähigkeit, sondern um einen unbewussten Wunsch nach dem Scheitern oder Versagen zu erfüllen.
Ein hochintelligenter Freund von mir hat sein Leben lang seine Erfolge zunichtegemacht. Als junger Mann war er erfolgreicher Apotheker, verlor dann aber seine Apotheke; er wurde Broker und stieg fast bis an die Spitze seiner Firma auf, doch dann wurde er verklagt; schließlich verlegte er sich aufs Trading, schmiss aber hin, um sich aus seinen vorherigen Katastrophen herauszuarbeiten. Er schob alle seine Fehlschläge neidischen Vorgesetzten, inkompetenten Regulierungsbehörden und der mangelnden Unterstützung durch seine Ehefrau in die Schuhe.
Schließlich war er ganz unten. Er hatte keinen Job und kein Geld. Von einem anderen Trader, der ausgestiegen war, lieh er sich ein Börseninformationssystem und beschaffte sich von ein paar Leuten Geld, die gehört hatten, dass er früher ein guter Trader gewesen war. Er begann, mit diesem Anlagepool Gewinn zu erzielen, und als sich das herumsprach, investierten noch mehr Menschen bei ihm. Mein Freund hatte einen Lauf. Zu dieser Zeit ging er auf eine Vortragsreise durch Asien, tradete aber von unterwegs weiter. Er machte einen Abstecher in ein Land, das für seine Freudenhäuser berühmt ist, und ließ dabei eine sehr große Position in Anleihe-Futures ohne Sicherheits-Stopp offen. Als er in die Zivilisation zurückkehrte, hatte der Markt eine große Kursbewegung vollzogen und sein Pool war vernichtet. Ob er versuchte, sein Problem zu erkennen? Daraus etwas zu lernen? Nein – er gab seinem Broker die Schuld! Danach verhalf ich ihm zu einem attraktiven Job bei einer großen EDV-Firma, aber dort begann er die Hand zu beißen, die ihn fütterte, und wurde entlassen. Am Ende ging dieser hochintelligente Mann von Haustür zu Haustür, um Fassadenverkleidungen aus Aluminium zu verkaufen – während andere mit seinen Methoden Geld verdienten.
Wenn Trader in Schwierigkeiten geraten, geben sie gern anderen Menschen oder dem Pech oder etwas anderem die Schuld. Es tut weh, die Ursache seines Versagens bei sich selbst zu suchen.
Einmal kam ein prominenter Trader in meine Sprechstunde. Sein Kapital war durch einen Kursanstieg des US-Dollar vernichtet worden, den er massiv leerverkauft hatte. In seiner Jugend hatte er gegen einen beleidigenden, überheblichen Vater angekämpft. Er hatte sich mit den großen Positionen, die er darauf setzte, dass ein etablierter Trend sich umkehren würde, einen Namen gemacht. Dieser Trader hatte seine Short-Position immer weiter aufgestockt, weil er nicht zugeben wollte, dass der Markt – der stellvertretend für seinen Vater stand – größer und stärker ist als er.
Das sind nur zwei Beispiele dafür, wie Menschen ihre selbstzerstörerischen Neigungen ausleben. Wir sabotieren uns selbst, indem wir uns wie impulsive Kinder benehmen und nicht wie intelligente Erwachsene. Wir klammern uns an unsere selbstzerstörerischen Muster, aber sie lassen sich behandeln – Versagen ist eine heilbare Krankheit.
Der mentale Rucksack aus der Kindheit kann verhindern, dass man an den Märkten erfolgreich ist. Man muss seine Schwächen erkennen und daran arbeiten, etwas daran zu ändern. Führen Sie ein Trading-Tagebuch – schreiben Sie zu jedem Trade die Gründe für den Einstieg und den Ausstieg auf. Suchen Sie nach sich wiederholenden Mustern des Erfolgs und Misserfolgs.
Das Demolition Derby
Alle Mitglieder der Gesellschaft machen kleine Zugeständnisse, um einander vor den Folgen ihrer Fehler zu bewahren. Beim Autofahren versucht man, Zusammenstöße mit anderen Autos zu vermeiden, und die anderen tun das auch. Wenn einen auf der Autobahn jemand schneidet, mag man vielleicht fluchen, aber man tritt auch auf die Bremse. Wenn jemand die Tür eines geparkten Wagens öffnet, weicht man aus. Man vermeidet Zusammenstöße, weil sie für beide Parteien kostspielig sind.
Für die Angehörigen fast aller Berufe gibt es Sicherheitsnetze. Vorgesetzte, Kollegen und Kunden warnen einen, wenn man sich falsch oder selbstzerstörerisch verhält. Beim Trading gibt es kein derartiges Sicherheitsnetz und deshalb ist es gefährlicher als die meisten anderen menschlichen Unterfangen. Die Märkte bieten endlose Gelegenheiten der Selbstzerstörung.
Auf dem Tageshoch zu kaufen ist, als würde man mitten im Verkehr die Fahrertür schwungvoll öffnen. Wenn eine solche Order auf dem Parkett landet, reißen sich die Händler darum, einem das Papier zu verkaufen – also einem die Tür mitsamt dem Arm abzufahren. Die anderen Trader wollen, dass man scheitert, denn wenn man verliert, bekommen sie das Geld.
Die Märkte funktionieren ohne die übliche menschliche Hilfsbereitschaft. Jeder Trader wird von anderen Tradern angefahren. Alle Trader versuchen, anderen Tradern an den Karren zu fahren. Die Trading-Autobahn ist mit Wracks übersät. Abgesehen vom Krieg ist Trading das gefährlichste menschliche Unterfangen.
Die Kontrolle des Selbstzerstörungsdrangs
Die meisten Menschen machen auf ihrem Lebensweg Jahrzehnt um Jahrzehnt die gleichen Fehler. Manche gestalten ihr Leben so, dass sie in einem Bereich erfolgreich sind und ihre inneren Konflikte in einem anderen ausleben.
Sie müssen sich Ihrer Neigung, sich selbst zu sabotieren, bewusst sein. Hören Sie auf, Ihre Verluste dem Pech oder anderen Menschen zuzuschreiben, und übernehmen Sie die Verantwortung für Ihre Ergebnisse. Fangen Sie an, ein Trading-Tagebuch – oder Trading-Journal – zu führen, in dem Sie alle Ihre Trades sowie die Gründe aufzeichnen, aus denen Sie sie eingegangen sind und aus ihnen ausgestiegen sind. Suchen Sie nach sich wiederholenden Mustern des Erfolgs und Misserfolgs. Wer aus der Vergangenheit nichts lernt,