Lenelotte Möller

Widerstand gegen den Nationalsozialismus


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Mord. Wien 1924 21980; Adolf Leisen: Die Ausbreitung des völkischen Gedankens in der Studentenschaft der Weimarer Republik. Heidelberg (Diss.) 1964; Christian Jansen: Der »Fall Gumbel« und die Heidelberger Universität 1924–1932. Heidelberg 1981; ders. (Hrsg.): Emil Julius Gumbel: Portrait eines Zivilisten. Heidelberg 1991; Wolfgang Benz: Emil J. Gumbel – Die Karriere eines deutschen Pazifisten. In: 10. Mai 1933 – Bücherverbrennung in Deutschland und die Folgen. Hrsg. von Ulrich Walberer, Frankfurt 1983, S. 160–198; Baden-Württembergische Biographien 2 (1999), S. 173–176; Arthur David Brenner: Emil J. Gumbel – Weimar German pacifist and professor. [Studies in Central European Histories, Bd. XXII] Boston u.a. 2001

       Theodor Lessing

      Theodor Lessing wurde am 8. Februar 1872 in Marienbad geboren und habilitierte sich 1907 an der TU Hannover im Fach Philosophie. Lessing war von jüdischer Abstammung und Sozialdemokrat, was ihn ohnehin schon in Gegnerschaft zu den Nationalsozialisten stellte und seine wissenschaftliche Karriere trotz seines Einsatzes als freiwilliger Lazarettarzt im Ersten Weltkrieg hemmte. Seine kritische Biographie des Reichspräsidenten Paul von Hindenburg war Anlass feindlicher Angriffe und für die Umwandlung seines Lehrauftrages als außerordentlicher Professor in einen Forschungsauftrag durch die Universität. Dennoch fasste er seine Meinung noch einmal 1926 in einem Zeitungsartikel zusammen:

      […] Von dem Augenblick, wo dieser unpolitischste aller Menschen zu einer politischen Rolle mißbraucht wird, wird ein Anderes entscheidend: Dieser Mann ist durch und durch Mann des Dienstes. Hier sind noch nicht einmal die Ansätze zu einer selbst entscheidenden und grübelnden und wägenden Persönlichkeit. Hier wird immer die Instruktion, die Ueberlieferung, der Consensus, das »Man muß doch«, »Man darf doch nicht« das allein Wesentliche sein. Ein guter, treuer Bernhardiner ist der »getreue Eckart«, der »brave Hort und Schirm« doch nur gerade so lange, als ein kluger Mensch da ist, der ihn in seine Dienste spannt und apportieren lehrt; in Freiheit würde aus ihm ein führungsloser Wolf. Eine Natur wie Hindenburg, wird bis zum Tode fragen: Wo kann ich dienen? Es ist gewiß ergreifend und rührend, daß während des Weltkrieges eine der übelsten und bösesten Naturen der Weltgeschichte gerade diese einfältigste und treugläubigste seinem Ehrgeiz und seinem Machtwillen dienstbar machte, gedeckt von der Flagge der nationalen Ideale. Aber da zeigt sich auch die Gefahr! Nach Plato sollen die Philosophen Führer der Völker sein. Ein Philosoph würde mit Hindenburg nun eben nicht den Thronstuhl besteigen. Nur ein repräsentatives Symbol, ein Fragezeichen, ein Zero. Man kann sagen: besser ein Zero als ein Nero. Leider zeigt die Geschichte, daß hinter einem Zero immer ein künftiger Nero verborgen steht.

       Prager Tagblatt, 50. Jg. Nr. 47, 25. Februar 1925

      Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten floh Lessing in die Tschechoslowakei und wollte mit seiner Frau ein Landerziehungsheim in Marienbad einrichten. Doch am 30. August 1933 wurde er in seinem Arbeitszimmer durch Schüsse zweier Nationalsozialisten durch das Fenster ermordet.

      Quellen und Literatur: August Messer: Der Fall Lessing, eine objektive Darstellung und kritische Würdigung. Bielefeld 1926; Theodor Lessing: Hindenburg. Berlin 1925; Rainer Marwedel: Theodor Lessing 1872–1933. Eine Biographie. Darmstadt u.a. 1987; Elke-Vera Kotowski (Hg.): »Ich warf eine Flaschenpost in das unermessliche Dunkel«. Theodor Lessing 1872–1933. Hildesheim (Ausstellungskatalog) 2008

       Hans Achim Litten

      Hans Achim Litten wurde 1093 in Halle an der Saale geboren und wuchs in Königsberg auf. Auf Wunsch seines Vaters studierte er Jura und wurde Rechtsanwalt. Er gründete eine Anwaltskanzlei zusammen mit Ludwig Barbasch, engagierte sich, ohne selbst Parteimitglied zu sein, für die Rote Hilfe, eine der KPD nahestehende, von Wilhelm Pieck und Clara Zetkin gegründete Hilfsorganisation, die insbesondere auch Rechtsbeistand für politische Häftlinge ermöglichte, und nahm auch Mandate gegen Nationalsozialisten an. 1931 vertrat er in einem Prozess 20 Arbeiter, die bei einem Überfall von SA-Leuten auf das Tanzlokal Eden in Berlin-Charlottenburg verletzt worden waren. Als Anwalt der Nebenklage ließ er am 8. Mai 1931 Adolf Hitler in den Zeugenstand rufen und konfrontierte ihn mit einer Schrift Goebbels’ mit dem Titel: »Der Nazi-Sozi. Fragen und Antworten für Nationalsozialisten« von 1927, in welchem offen zur Gewaltausübung gegen politische Gegner aufgerufen wurde. Die ihm von Litten zugefügte Verlegenheit vergaß Hitler niemals.

      Im folgenden Jahr brachte Litten fünf von 150 SA-Männern zur Anklage, die eine Kleingartenkolonie namens »Felseneck« überfallen hatten, wobei ein KPD-Mitglied erschossen worden war. Inzwischen war er von der Roten Hilfe unter Begleitschutz gestellt worden.

      Zusammen mit den Schriftstellern Carl von Ossietzky, Alfred Döblin und Heinrich Mann gründete er nach Unruhen zum Maifeiertag 1929, bei denen durch unverhältnismäßige Maßnahmen der Polizei gegen Demonstranten zahlreiche Menschen zu Tode gekommen waren, den »Ausschuss zur Untersuchung der Berliner Maivorgänge«. Damit sollten einerseits angeklagten Demonstranten geholfen, andererseits die Tatsache, dass kein Polizist zur Rechenschaft gezogen wurde, kritisiert werden.

      Ins Exil wollte Joachim Litten 1933 nicht gehen. Am 28. Februar wurde er verhaftet und in verschiedene Zuchthäuser und Konzentrationslager gebracht. In Dachau starb er am 5. Februar 1938.

      Literatur: Irmgard Litten: Eine Mutter kämpft. Rudolstadt 1947; Neuausgabe: Eine Mutter kämpft gegen Hitler. Deutscher Anwaltverlag, Bonn 2000; Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Zwischen Recht und Unrecht. Lebensläufe deutscher Juristen. Recklinghausen 2004; Knut Bergbauer/Sabine Fröhlich/Stefanie Schüler-Springorum: Denkmalsfigur. Biographische Annäherung an Hans Litten 1903–1938. Göttingen 2008;.

       Schriftsteller und Journalisten

       Kurt Tucholsky

      Kurt Tucholsky war am 9. Januar 1890 in Berlin geboren, wuchs jedoch einige Jahre in Stettin auf. Er stammte aus einer jüdischen Familie, sein Vater war Bankkaufmann und starb schon 1905. Kurt begann zwar ein Jurastudium, das er mit einer Promotion abschloss, wandte sich dann aber ganz der Literatur und dem Journalismus zu, die ihn schon als Schüler angezogen hatten. Er schrieb für die Parteizeitung »Vorwärts« und ab 1913 auch für »Die Weltbühne«, mit deren Herausgeber Siegfried Jacobsohn er befreundet war. Er schrieb auch unter den Pseudonymen Ignaz Wrobel, Theobald Tiger und Peter Panter und weiteren, später nannte er sich auch noch Kaspar Hauser. Seine Artikel belegen seine ausgeprägte antimilitaristische Gesinnung und seine Ablehnung eines übersteigerten Nationalismus.

      Im Ersten Weltkrieg kämpfte er – nicht als Freiwilliger – an der Front im Osten. Doch auch hier behauptete sich der Journalist in ihm, denn er gab die Zeitung »Der Flieger« heraus, während in der Weltbühne keine Artikel erschienen. Noch 1918 wurde er als Vizefeldwebel nach Rumänien versetzt, wo er sich evangelisch taufen ließ.

      Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wurde er Chefredakteur der Zeitschrift »Ulk« (bis 1920), einer Beilage zum Berliner Tageblatt, schrieb aber kurzfristig auch für die Zeitschrift »Pieron«, die die Bevölkerung Oberschlesiens bei der Abstimmung über die Zugehörigkeit für Deutschland gewinnen sollte. Davon distanzierte er sich später. Gleichzeitig verurteilte er die politischen Morde von rechts in der frühen Weimarer Republik sowie deren zurückhaltende Bestrafung durch die Gerichte scharf. Er stand der USPD nahe und wurde Mitbegründer des »Friedensbundes der Kriegsteilnehmer«, bevor er ab 1924 für »Die Weltbühne« und die »Vossische Zeitung« aus Paris berichtete.

      1926 wurde Tucholsky für kurze Zeit Chefredakteur der »Weltbühne«. Mehrfach griff er außer der Weimarer Republik und den sie tragenden Sozialdemokraten die Einseitigkeit der deutschen Justiz der Weimarer Republik an. Dies klingt auch in einem seiner bekanntesten Gedichte von 1930 an:

       Deutschland erwache!

      Daß sie ein Grab dir graben,