Barbara Beck

Vom Königsbett zum Schafott


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sich die Reise des jungen Herzogspaares auf die iberische Halbinsel. Erst nach der Geburt des fünften Kindes, der Tochter Maria, konnte das Paar im Januar 1506 die Reise antreten. Zunächst schien sich Philipp der Schöne erfolgreicher als sein Schwiegervater im Machtkampf um Kastilien zu behaupten, denn die Mehrheit der kastilischen Cortes erkannte ihn am 15. Juli 1506 als König-Gemahl neben seiner Frau an. Die kastilischen Magnaten versprachen sich von diesem ausländischen Fürsten eine weniger strikte Reglementierung als unter den Katholischen Königen. Philipp schirmte Johanna jetzt noch mehr von der Außenwelt ab. Zu einer wirklichen Ausübung der Herrschaft durch den Habsburger kam es jedoch nicht mehr, denn am 23. September 1506 verstarb Philipp der Schöne plötzlich im Alter von achtundzwanzig Jahren wohl an einer Infektion in Burgos. Es gab allerdings auch Gerüchte, dass er im Auftrag seines Schwiegervaters vergiftet worden sei.

      Über Johannas Verhalten nach Philipps Tod liefern die erhalten gebliebenen Dokumente sehr unterschiedliche, sich oft widersprechende Berichte. Dies deckt sich generell mit der Quellenlage zu Königin Johannas Leben. Die historischen Dokumente erlauben sehr verschiedenartige Interpretationen des Geschehens. Die junge Witwe befand sich in einer schwierigen Position, da ihr zwei feindliche Lager gegenüberstanden. Auf der einen Seite befanden sich die Parteigänger und die niederländischen Gefolgsleute ihres verstorbenen Mannes, auf der anderen versammelten sich die Anhänger ihres Vaters. Das Einzige, was beide Parteien scheinbar einte, war die Überzeugung, dass Johanna mehr oder weniger unzurechnungsfähig sei. Königin Johanna verfügte unglücklicherweise über keine ihr persönlich ergebenen Gefolgsleute oder Berater und war über die politischen Vorgänge nur unzureichend informiert. Dass Gerüchte kursierten, ihr Vater hätte ihren Ehemann vergiften lassen, erschwerte sicherlich für sie die Lage. Statt das entstandene Machtvakuum zu ihren Gunsten zu nutzen, zog sich Johanna, in deren Armen ihr über alles geliebter Mann verstorben war, in ihre tiefe Trauer zurück. Die psychisch labile Johanna war der komplizierten Lage nicht gewachsen. Sie litt erneut unter schweren Depressionen. Als Johanna am 1. November 1506 den Sarg ihres toten Gatten öffnen ließ, was einerseits an Allerheiligen der Tradition des Landes entsprach, andererseits aber der Kontrolle diente, ob nicht etwa burgundische Untertanen versucht hatten, die Leiche in Philipps Heimat zu bringen, wurde dies dahingehend aufgebauscht, dass sie solches mehrmals habe durchführen lassen. Derartige Gerüchte über ihren Geisteszustand, der noch durch die Erzählung untermauert wurde, dass sie des Nachts mit Philipps Sarg ziellos durch Spanien ziehe, brachten Johanna den Beinamen »die Wahnsinnige« ein. Dieses makaber anmutende Schauspiel beflügelte in den kommenden Jahrhunderten immer wieder die Fantasie von Malern, Dichtern und Dramaturgen. Sehr wahrscheinlich steckte ihr Vater König Ferdinand dahinter, der die Regierungsunfähigkeit seiner Tochter so zweifelsfrei »beweisen« wollte. Johanna reiste zwar in Begleitung des Sargs, doch geschah dies gemäß Philipps testamentarischem Willen. Sein Leichnam sollte in Granada in einem dort für ihn zu errichtenden Grabmal beigesetzt werden. Dass meist nur des Nachts gereist wurde, hatte nichts mit Johannas Wahnsinn zu tun, sondern hing mit den kühleren Temperaturen zusammen, die für den Transport der im Prozess der Verwesung befindlichen Leiche günstiger waren. Am 14. Januar 1507 brachte Johanna in Torquemada ihr sechstes und letztes Kind, Katharina, zur Welt.

      Ihre Gefangenschaft wirkte sich auf ihren Zustand eher negativ aus. Jegliches königliche oder höfische Gepränge fehlte. Zu Außenstehenden hatte sie keinerlei Kontakt. Man überließ ihr nichts, womit sie sich in ihren wachen Augenblicken hätte beschäftigen können. Ferdinand II. konnte ungestört die Regentschaft von Kastilien übernehmen. Johanna war auf diese Weise vor dem Zugriff ehrgeiziger kastilischer Edelleute geschützt, die sich ihrer Person hätten bemächtigen können, um Einfluss auf die Regierungsbeschlüsse zu gewinnen. Da Johanna formal weiterhin Königin war, wurden in ihrem Namen sämtliche Entscheidungen getroffen, Gesetze erlassen und Urteile gefällt. Bis 1525 blieb ihr noch die Gesellschaft ihrer jüngsten Tochter Katharina. Als die Prinzessin mit dem portugiesischen König Johann III. verheiratet wurde, verlor sie eine wichtige Stütze und vereinsamte noch mehr. Zu ihren anderen Kindern hatte sie nie viel Kontakt gehabt, so dass diese ihrer Mutter fremd waren. 1517 besuchten sie ihre beiden ältesten Kinder Eleonore und Karl, die zwar über die Armseligkeit, in der ihre Mutter leben musste, erschüttert waren, doch keinerlei ernsthafte Versuche unternahmen, daran etwas zu verändern.