auch dachte ich über das mysteriöse Verschwinden des Bienenjägers nach. Und während meine Gedanken mit so unerfreulichen Überlegungen beschäftigt waren, wurde ich plötzlich von einer anderen Neuheit überrascht, die nicht weniger wunderbar war als jene, die mir kurz zuvor begegnet war.
Ich war aus einem Wäldchen hervorgeritten, und vor mir lag eine ausgedehnte Prärie, die sich wohl mit einer üppigen Weide eines sehr reichen Ranchers vergleichen lässt, und als ob auch nichts fehlen dürfe, sah ich da eine Herde von nahezu Hundert der schönsten Pferde ruhig grasen. Es dauerte eine Weile, bis sich mein Verstand klargemacht hatte, dass dies nicht das Werk eines Menschen sei. Dann aber rief ich bewundernd aus: »Gott, wie viel wunderbare Werke hast du für den Menschen erschaffen, und wie wenig haben die Menschen für dich getan!«
Jetzt hatten mich die Mustangs entdeckt. Sie hoben die Köpfe, schwärmten aus und umkreisten mich. Sie kamen zutraulich ganz nahe heran, und dies gefiel meinem eigenen Pferd. Es begann, mit den Wildpferden zu spielen. Hier biss es einen der Mustangs zärtlich am Hals, dort rieb es seine Nase an einem Fell. Mir war nicht ganz geheuer bei alledem. Ich versuchte mein Pferd aus der Herde herauszulenken, aber es war beharrlich und tat, was ihm gefiel. Als es schließlich ermüdete und meinem Willen gehorchte, folgte uns die ganze Herde, dicht gedrängt, mit erhobenen Köpfen und strömenden Mähnen und Schweifen.
Mein Pferd schien Gefallen daran zu finden, die Herde anzuführen, es galoppierte an, und so begann, sehr wider meinen Wunsch und Willen, ein Pferderennen, wie ich es zuvor noch nie erlebt hatte. Wir schossen dahin über die offene Prärie. Mein Pferd immer noch an der Spitze, aber je länger das Rennen dauerte, desto deutlicher wurde es, dass sich mein armer Klepper etwas zu viel vorgenommen hatte. Erst lagen die Wildpferde mit uns Kopf an Kopf, da warf sich mein Pferd noch einmal mächtig ins Zeug, aber schon überholte uns eines der Wildpferde, dann ein Zweites und ein Drittes, und schließlich schoss die ganze Herde an uns vorbei. Inzwischen hatten wir uns dem Ufer eines Flusses genähert. Während meine erschöpfte Mähre im Sand zusammenbrach, durchschwamm die Herde den Fluss. Es war ein großartiger Anblick, wie dieser Strom aus lebendigen Pferdeleibern den anderen Strom kreuzte und sich von dessen Gewalt nicht beirren ließ.
Es dauerte eine Stunde, bis ich mein Pferd wieder auf den Beinen hatte. Da es schon zu dunkeln begann, beschloss ich, mich nach einem Plätzchen für die Nacht umzuschauen. Nahe am Ufer sah ich einen großen Baum mit weit überhängenden Zweigen. Ich machte einige Schritte darauf zu, da hörte ich ein lautes Grölen, das zu besagen schien: »Fremder, dieses Zimmer ist schon besetzt«. Nun wollte ich freilich ganz genau wissen, mit wem ich da mein Schlafgemach zu teilen hätte, und siehe da, fünf oder sechs Schritt von mir entfernt stand sprungbereit eine große mexikanische Wildkatze von jener Art, die man Cougar nennt, und offenbar willens, sich vor dem Schlaf mit einem Nachtessen zu versorgen. Und ohne Zweifel war der Braten, den sie dafür in Aussicht genommen hatte, ich. Strahlenbündel schossen aus ihren großen Augen, und sie fletschte die Zähne wie ein hysterisch gewordener Irrer. Ich riss mein Gewehr hoch und feuerte. Was folgte, war ein wütendes Geheul, aber das Tier stand noch auf den Beinen. Die Kugel hatte es in den Kopf getroffen, und obwohl man im Fell den Einschuss deutlich sah, zeigte sich keine Wirkung. Ich war noch nicht drei Schritte zurückgetreten, da sprang mich die Katze auch schon an. Glücklicherweise konnte ich mich auf die Seite werfen, und das Tier fiel hart zu Boden. Ich schlug mit dem Gewehrkolben zu, aber die Katze wirbelte herum und bekam mich nun zu fassen.
Ich warf das Gewehr von mir und zog mein Jagdmesser. Die Krallen hatten sich in meinen linken Arm gebohrt, aber als ich ihr das Jagdmesser in die Seite schlug, ließ die Wildkatze von mir ab, jedoch nur für einen Augenblick. Gleich darauf sprang sie mich wütend wieder an. Ich versuchte nun, sie zu blenden, aber mein Schlag mit dem Gewehr traf nur die Nase. Sie knurrte wütend, umklammerte mich dann mit den Vorderpfoten, und da mein Fuß sich in den Ranken von wildem Wein verfangen hatte, stürzte ich zu Boden. Das Tier stieß auf mich nieder. Es verbiss sich an meiner linken Hüfte, während ich immer wieder und nun mit letzter Kraft mein Messer in seine Rippen stieß. Wir wälzten uns am Boden und ich versuchte verzweifelt, mich zu befreien.
Schließlich gelang es mir, den rechten Arm freizubekommen, und ich führte einen kräftigen Stoß gegen den Nacken der Katze. Das Messer muss wohl durch Fell und Haut bis ins Herz gedrungen, sein, denn nun spürte ich, wie die Kräfte des Tieres langsam erlahmten. Nach ein paar Minuten brach es tot zusammen. Ich habe oft mit Bären gekämpft, aber das war ein Kinderspiel gegen diesen Kampf mit der Wildkatze.
Ich kletterte nun auf den Baum und bereitete mir in einer Astgabel mit Moos und meiner Pferdedecke ein bequemes Lager. Dann sah ich noch einmal nach meinem Pferd. Es schien so, als werde es den Morgen nicht mehr erleben. Mit dem Sattel auf dem Rücken kroch ich zu meinem Lager zurück und schlief bald unter sorgenvollen Gedanken ein.
Als ich am nächsten Morgen erwachte, fühlte ich mich schlecht. Meine Wunden schmerzten. Als ich aber den Kadaver des Cougar auf dem Sandstreifen am Fluss sah, fasste ich wieder Mut bei der Überlegung, dass elend immer noch besser sei als tot. Ich erwartete, ein totes Pferd zu finden. Aber nichts da. Von der Mähre fehlte jede Spur. Mir kam die Idee, das arme Vieh könne über Nacht von wilden Tieren zerrissen worden sein, aber dann hätte ich wenigstens doch sein Gerippe finden müssen. Nichts. Ich hatte Hunger. Unten am Fluss schoss ich eine fette Wildgans und briet sie am Feuer. Kaffee und Biskuit hatte ich in meinen Taschen bei mir. Und während ich noch mein Frühstück verzehrte und mir überlegte, in welcher Richtung ich wohl anschließend meine Füße bewegen sollte, hörte ich Pferdegetrappel und sah dann, in einiger Entfernung, etwa fünfzig Indianer, Komantschen, deren Speere in der Morgensonne glitzerten. Sie kamen herangeritten, und ich sprang zu meinem Gewehr. Aber im gleichen Augenblick war mir klar, dass Widerstand gegen eine solche Übermacht völlig sinnlos war.
Dem Häuptling schien mein Gewehr gut zu gefallen. Er betrachtete es begierig. Und da es immer besser ist, wenn man in einer zweideutigen Lage gleich klare Fronten schafft, fragte ich ihn, ob seine Nation mit den Amerikanern Krieg führe.
»Nein«, antwortete er. – »Ihr seid also Freund der Amerikaner?« – »Ja, wir sind ihre Freunde.« – »Und woher habt ihr eure Speerspitzen, eure Gewehre, eure Decken und eure Messer?« – »Von unseren Freunden, den Amerikanern.« – »Nun gut, und was meint ihr, würden euch die Amerikaner berauben, wenn ihr durch ihr Land zieht, so wie ich jetzt durch euer Land ziehe?« – »Nein, sie würden uns Nahrung geben und uns beschützen, und die Komantschen werden dies ihrem weißen Bruder vergelten.« Ich fragte ihn nun, wie er mich entdeckt habe, und er erklärte, er habe über eine weite Entfernung den Rauch meines Feuers gesehen. Dann fragte er mich, was mich hierher gebracht habe, und ich berichtete von meinem Missgeschick.
Der Häuptling gab mir ein neues Pferd, und nachdem ich mich mit diesem vertraut gemacht hatte, brachen wir auf. Wir ritten den ganzen Tag und stießen am Abend auf eine kleine Büffelherde. Es war eine Freude, den Indianern bei der Jagd zuzusehen. Es gibt keine besseren Reiter als die Komantschen. Sie sitzen so fest im Sattel und haben ihr Pferd so vollständig unter Kontrolle, als seien sie mit ihm verwachsen. Ich schoss ein junges Kalb, und da es das einzige Stück Wild war, aus dem man Fleisch zum Essen schneiden konnte, nannte mich der Häuptling einen tapferen Jäger, und wir erzählten uns am Feuer beim Essen manch gute Jagdgeschichte.
Nichts von Bedeutung geschah, bis wir den Colorado-River erreichten. Wir folgten dem Fluss bis zu einem Ort, an dem die Straße nach Bexar abbiegt. Schließlich sahen wir vor uns eine dünne Rauchfahne in der Prärie und ritten zu ihr hin. Wer beschreibt mein Erstaunen, als wir am Feuer einen einzigen Mann sitzen sahen. Es war niemand anderes als mein Gefährte Thimblerig. Ich erklärte dem Häuptling, dass dieser Mann einer meiner Freunde wäre und dass ich froh sei, ihn endlich gefunden zu haben. Die Indianer verabschiedeten sich dann und ich gab dem Häuptling als Geschenk ein großes Bowiemesser, das er als Andenken an den tapferen Jäger zu bewahren versprach.
Thimblerig war außer sich vor Freude mich wieder getroffen zu haben, doch dauerte es einige Zeit, ehe er sich von der Angst erholt hatte, die ihm die plötzlich in voller Kriegsbemalung heranreitenden Indianer eingeflösst hatten. Er erzählte mir, wie verzweifelt er gewesen sei, als er sich plötzlich allein fand. Nach zwei