Theresa Cheung

Der Zukunftscode


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etwa fünf Minuten zu spät beim Sender an. Damals gab es noch keine Handys, also konnte ich nicht von unterwegs anrufen und sagen, dass ich auf dem Weg war und gleich da sein würde. Im Studio hatten sie angenommen, dass ich nicht mehr käme und das Interview abgesagt. Ich flehte sie an, mich noch in den Aufnahmeraum zu lassen und das Interview eben etwas später zu beginnen, aber vergebens. Schlimmer noch, das Netzwerk hatte keinen weiteren freien Slot, um das Interview nachzuholen. Ich war natürlich enttäuscht, und obendrein sollte ich, obwohl ich das damals nicht wusste, nochmals zehn Jahre warten müssen, bis ich wieder von einem Radiosender eingeladen wurde, über meine paranormalen Forschungen zu sprechen.

      Auf dem Rückweg war ich frustriert und wütend über eine verpasste Gelegenheit und die verschwendete Zeit. Wäre ich doch nur ein paar Minuten früher losgefahren und hätte diese Lastwagen vermieden! Hätte ich doch nur eher an den Interviewtermin gedacht, statt dann hetzen zu müssen und dennoch zu spät zu kommen! Als sich der Verkehr immer mehr verlangsamte und schließlich ganz zum Erliegen kam, wurde ich noch gereizter. Doch meine Wut schlug in Entsetzen um, als vor mir die Szenerie eines offensichtlich schrecklichen Unfalls in Sicht kam. Unweit der Kreuzung, an der ich mich dazu entschieden hatte, rechts und nicht, wie zuerst beabsichtigt, links abzubiegen, war einer der Lkws, denen ich so lange hinterhergeschlichen war, von der Straße abgekommen. Drei oder mehr Autos – in dem Chaos war das schwer zu sagen – waren in den Truck und ineinandergerast. Das Auto direkt hinter dem Lkw – das wäre mein Auto gewesen – war ein Wrack, und die beiden Fahrzeuge dahinter sahen auch nicht viel besser aus.

      Später am Abend schaltete ich den Fernseher ein, um die lokalen Nachrichten zu verfolgen. Bilder des Unfalls flimmerten über den Bildschirm. Ein streunender Hund war zwischen dem ersten und zweiten Lastwagen auf die Straße gerannt. Der zweite Lkw-Fahrer hatte scharf abgebremst, und die nachfolgenden Autos waren in ihn hineingerast. Dem Lastwagenfahrer und dem Hund war nichts passiert, doch das frisch verheiratete Pärchen im Auto unmittelbar dahinter und der Fahrer eines der anderen Autos hatten weniger Glück gehabt. Alle drei waren beim Aufprall ums Leben gekommen.

      Mit ihrer Ermahnung, ich solle den rechten Weg nehmen, hatte die Stimme meiner Mutter, wie sie mir im Traum begegnet war, an diesem Tag mein Leben gerettet. Ich hatte nicht erwartet, jemals einen Beweis dafür zu finden, dass wir mehr sind als nur unser physischer Körper, aber nun hatte mir unverhofft eine Vorahnung in einem Traum ebendiesen Beweis geliefert.

      Man könnte meinen, ich wäre begeistert gewesen. Schließlich war ich in eine Familie von Sehern und Spiritualisten hineingeboren worden und umgeben von Menschen, die das besaßen, was wir »den Blick« nannten. Ich hatte schon mein ganzes Leben mit meiner offenkundigen Unfähigkeit gehadert, das Unsichtbare zu sehen – und jetzt hatte ich endlich selbst eine konkrete und direkte Erfahrung damit gemacht. Doch statt Begeisterung fühlte ich mich elend und unwürdig. Warum war mein Leben und nicht das dieser drei Menschen verschont worden? Das Ganze kam mir weniger wundersam als vielmehr willkürlich und sinnlos vor.

      In dieser Nacht hatte ich einen weiteren starken Traum, einen, in dem ich mich mit den drei Opfern des Unfalls im Geiste verbunden fühlte und sie mir versicherten, dass es ihnen gut gehe und alles in Ordnung sei. Ich bin mir voll und ganz bewusst, dass meine Nachtvision wissenschaftlich nicht bewiesen werden kann und womöglich bloßes Wunschdenken war, aber sie hat mir großen Trost gespendet. Am nächsten Morgen wachte ich erfüllt mit dem brennenden Ehrgeiz auf, die bei dem Unfall gestorbenen Geister stolz zu machen und mich der mir gegebenen Chance würdig zu erweisen, die Menschen darüber zu informieren, dass es zwischen Himmel und Erden definitiv mehr gibt, als das Auge sieht.

      Bereits vor dem Traum, der mein Leben rettete, hatten mich Träume und ihre Bedeutung fasziniert. Aber von diesem Tag an rückten Träume für mich immer mehr in den Mittelpunkt. Ich fing ernsthaft an, ein Traumtagebuch zu führen, und stieß so nach und nach auf Themen und Muster, die in meinen Träumen wiederkehrten – darunter auch Träume, die sich später im wirklichen Leben zu wiederholen schienen. Ich recherchierte die verschiedenen Interpretationen von Traumsymbolen und verzeichnete sie in einer Datenbank.

      Ich fand die Traumdeutung überaus faszinierend, und wie so oft im Leben, wenn man seine Energie auf etwas richtet, spiegelt das Leben einem diese Energie zurück. Man könnte es das Gesetz der Anziehung nennen oder einfach nur, dass man stets das zurückbekommt, was man gibt. Im Jahr 2005, nachdem ich meinen ersten Sunday-Times-Bestseller über spirituelle Titel verfasst hatte, bot mir mein damaliger Verlag HarperCollins die erstaunliche Gelegenheit, The Element Encyclopedia of 20,000 Dreams zu schreiben. Bei der Enzyklopädie handelte es sich um eine gigantische Ressource für Trauminterpretationen, an der ich über ein Jahr saß und die zu einem internationalen Bestseller wurde. Die kürzere Taschenbuchversion, The Dream Dictionary, gilt nach wie vor als Klassiker der Trauminterpretation und ist in Buchhandlungen auf der ganzen Welt erhältlich.

      Vor drei Jahren habe ich mich zum ersten Mal mit Julia Mossbridge in Verbindung gesetzt, nachdem ich von ihrer bahnbrechenden Forschung zur Intuition bei IONS gehört hatte und ich ihre Gedanken in ein Buch einbeziehen wollte, das ich damals schrieb. Natürlich war es nur eine Frage der Zeit, bis meine Faszination für Träume und Vorahnungen und ihre brillante Erforschung von Präkognition, Intuition und mentaler Zeitreise sich unweigerlich zu dem Buch verbinden würden, das Sie gerade lesen.

      Für mich ist dieses Buch nicht nur ein Buch, sondern eine Berufung. Und wie Julia gleich erklären wird, klingt dieses Gefühl, dazu berufen zu sein, das Buch Der Zukunftcode zu schreiben, auch bei ihr wider. Wir beide möchten, dass dieses Buch das Leben von Menschen verändert und sie stärkt und dass jeder einen Weg findet, wie er seine Zukunft erspüren und sich intensiv für die Zukunft einsetzen kann, die er für sich und diesen schönen Planeten erschaffen will.

      Julias Geschichte

      Der Ton, der zwischen mir und meinem Sohn herrschte, machte mir zu schaffen. Trotzdem schrie ich ihn schon wieder an: »Nein, du musst rausgehen und nachschauen, ob du das Garagentor wirklich abgeschlossen hast, nachdem du dein Fahrrad abgestellt hast!« Warum schrie ich meinen 13-jährigen Sohn wegen etwas so Unwichtigem an? Hatte er nicht schon genug durchgemacht? Zuerst hatte ich mich von seinem Vater scheiden lassen, dann, ein paar Jahre später, war ich mit ihm bei meinem neuen Freund eingezogen. Und jetzt litt derselbe Freund – in dem mein Sohn zu diesem Zeitpunkt fast schon so etwas wie einen Stiefvater sah – an einer unheilbaren Lungenerkrankung und lag im Sterben. Dennoch verlangte ich von meinem freundlichen und gewissenhaften Jungen, dass er nochmals nachsah, ob er das Garagentor abgeschlossen hatte, nachdem er sein Fahrrad nach der Heimfahrt von der Schule dort abgestellt hatte, und zwar jetzt!

      Ich bin meinem Freund dankbar, dass er zwischen den flachen Atemzügen, die er aus seinem Sauerstoffinhalator nahm, eingriff und mir mit sanften Worten Folgendes erklärte: Wenn mir so viel daran läge zu wissen, ob das Garagentor abgeschlossen sei, könne ich ja auch selbst nachschauen. Daraufhin sahen mich beide an, als hätte ich nicht mehr alle Tassen im Schrank, und so marschierte ich eben selbst zur Garage hinaus. Zufrieden, dass das Garagentor verschlossen war, aber immer noch verärgert, ging ins Haus zurück. Auf dem Rückweg sah ich es: Der Stromzähler brannte. Da waren kein Geruch und kein Geräusch, nur ein sich langsam ausbreitendes Feuer. Auf der anderen Seite der Wand, gegenüber dem Zähler und dem Feuer, stand der Sauerstofftank, an den der Inhalator meines Freundes angeschlossen war.

      Ohne zu zögern, rannte ich ins Haus, schaltete den Hauptstrom ab, rief die Feuerwehr an und erzählte, was los war. Offenbar hatte ich das Garagentor nicht wegen der Gefahr, dass jemand in die Garage einbrach, so unbedingt überprüfen wollen, sondern weil ich das Feuer sehen und es aufhalten musste. Es war, als hätte mich die Zukunft an die Hand genommen, sanft nach vorn gezogen und mir gezeigt, was zu tun war. Schon wieder.

      Ich sage »schon wieder«, weil dies nur eines von vielen Malen war, dass die Zukunft auf die ein oder andere Weise meinem gegenwärtigen Bewusstsein eine Information übermittelte. Manchmal fühle ich mich gezwungen, etwas zu tun, kann später aber nur herumraten, warum das getan werden musste. Und dann frage ich mich, ob ich nicht Verbindungen erkenne, wo es in Wahrheit gar keine gibt. Manchmal sehe ich ein Ereignis – in einem Traum oder in einer Art blitzartigem »Erkennen« – und fühle den starken Drang, etwas zu tun, um (wenn es sich