Forum Verlag Herkert GmbH

Das 1x1 der Baumkontrolle


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VG Neustadt[2] muss ein Sicherungspflichtiger durch vorausschauende Planung dafür Sorge tragen, dass Maßnahmen nach § 39 BNatSchG außerhalb des Verbotszeitraums des § 39 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG („zu anderer Zeit“) durchgeführt werden können. Zum Beispiel können Baumfällungen an einem untergeordneten Gewässer in der freien Landschaft (Wasserwanderweg) „zu einer anderen Zeit“ (nach dem 30.09.) durchgeführt werden. Gewässerbenutzer, wie z. B. Kanufahrer, sind ggf. vor umstürzenden Bäumen und herabfallenden Ästen zu warnen.

      Auch wenn Maßnahmen an Gehölzen nach § 39 Abs. 5 BNatSchG zulässig sind, bedeutet dies nicht, dass die nach den Baumschutzsatzungen/-verordnungen ggf. bestehenden Genehmigungspflichten außer Kraft gesetzt werden. Diese sind immer zusätzlich zu beachten.

      Bei im Einzelfall unaufschiebbar erscheinenden Schnittmaßnahmen im Verbotszeitraum, die nicht unter die ganzjährig zulässigen Maßnahmen fallen, muss ein Antrag auf Befreiung (§ 67 BNatSchG) bei der zuständigen Naturschutzbehörde gestellt werden.

      Besonderer Artenschutz

      Innerhalb der Schutzkategorie der besonders geschützten Arten unterliegen die streng geschützten Arten einem weitergehenden Schutz. § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG, der ausdrücklich auch die europäischen Vogelarten erfasst, verbietet jede erhebliche Störung während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderzeiten. Unter diesen Schutz fallen insbesondere alle Fledermausarten sowie bestimmte Holzinsekten, wie z. B. der Eremit. Damit sind beispielsweise Baumarbeiten während der Brutzeit in unmittelbarer Nähe der Niststätten europäischer Vogelarten untersagt, wenn diese darauf bekanntermaßen negativ reagieren. Gleiches gilt für Arbeiten im Winter, wenn die Gefahr besteht, dass dadurch Fledermäuse aus ihrer Winterruhe gerissen werden.

images/hinweis.png Hinweis
Wenn die Durchführung einer beeinträchtigenden Maßnahme dennoch unvermeidbar ist, muss eine Ausnahmegenehmigung (§ 45 Abs. 7 BNatSchG) bei der zuständigen Naturschutzbehörde beantragt werden.

      Jeder, der Arbeiten an Bäumen ausführt, muss die artenschutzrechtlichen Bestimmungen kennen und ggf. rechtzeitig bei der Naturschutzbehörde Informationen einholen. Er hat sich eigenverantwortlich vor Durchführung der beabsichtigten Maßnahmen zu vergewissern, dass keine belegten Fortpflanzungs- und Ruhestätten berührt sind. Wer z. B. ohne Genehmigung im Rahmen von Kronenschnittmaßnahmen Nester der Saatkrähe zerstört, erfüllt den Tatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG, was als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße geahndet werden kann (§ 69 Abs. 2 Nr. 3 BNatSchG).

       Fußnoten:

      Baumgarten/Dujesiefken/Reuther/Rieche, Baumpflege im Jahresverlauf: Schnittzeiten im Einklang mit dem Naturschutz, 41 ff.

      VG Neustadt a. d. Weinstraße, Beschl. v. 09.05.2017, Az.: 3 L 504/17

      VG Neustadt a.d. Weinstraße, Beschl. v. 09.02.2017, Az.: 3 L 121/17.NW

      OVG Lüneburg, Beschl. v. 26.10.2015, Az.: 4 ME 229/1

      linkRegeln und Technik der Baumkontrolle

      linkGrundlagen der Baumkontrolle

       {Grundlagen}

      Einleitung

      Wegen ihrer (haftungs-)rechtlichen Pflichten müssen Verantwortliche für Bäume (i. d. R. Grundstückseigentümer) ihren Baumbestand hinsichtlich möglicher Gefahren regelmäßig überprüfen und dafür sorgen, dass keine Schäden und Beeinträchtigungen für andere entstehen.

      Die regelmäßige Überprüfung der Bäume auf erkennbare Anzeichen für Gefahren und die Festlegung des ggf. erforderlichen und möglichst für den Baumerhalt sinnvollen Handlungsbedarfs ist Hauptaufgabe der Baumkontrolle. Die Kontrolle von Bäumen ist damit wesentlicher Bestandteil der Verkehrssicherungspflicht für Baumeigentümer.

      Dies trifft selbstverständlich auch für die Kontrolle von Bäumen im kommunalen Eigentum zu, wenn das Baumumfeld öffentlich zugängig ist oder gegenüber Grundstücksnachbarn Sorgfaltspflichten bestehen. Allerdings kann es sein, dass für die Bäume an Straßen, Grünflächen, Parkanlagen, Friedhöfen, Spielplätzen usw. unterschiedliche Verantwortlichkeiten bestehen. Bei Straßenbäumen, die den jeweiligen Landesstraßengesetzen unterliegen, ist die Überprüfung und ggf. Wiederherstellung ihres verkehrssicheren Zustands i. d. R. hoheitliche Aufgabe des Straßenbaulastträgers. Die Straßenbaulast kann je nach Klassifikation der Straße als Bundesfernstraße, Landesstraße/Staatsstraße, Kreisstraße, Gemeindestraße usw., je nachdem ob sie innerorts oder außerorts verläuft oder wie hoch die Einwohnerzahl der Kommune ist, in Verantwortung der Gemeinde oder eines anderen Trägers sein, d. h., bei Straßenbäumen ist eine Abweichung vom Grundsatz möglich, dass der Eigentümer verkehrssicherungspflichtig ist. Die Einzelheiten sind in den jeweiligen Straßengesetzen auf Bundes- oder Landesebene geregelt.

      Weil Bäume aber auch aus gesellschaftlichem Interesse oftmals erhaltenswürdig sind, gibt es für die Verfügungsgewalt des Eigentümers über „seine“ Bäume nicht selten enge Grenzen im Rahmen verschiedener öffentlich-rechtlicher Vorschriften, z. B. des Natur- und Denkmalschutzes. Dabei werden die Bäume entweder als mögliche Brut- und Lebensstätte von Tier- und Pflanzenarten, als Bestandteil von geschützten Landschaftsbestandteilen oder Gartendenkmalen oder durch direkten Schutz als Art oder sogar als Einzelindividuum (Denkmal) und darüber hinaus durch Bestimmungen des Bodenschutz- und Umweltschadensrechts geschützt.

      Für ein sinnvolles Management der Pflege und Erhaltung von langlebigen Gehölzen, für die gesellschaftlich gewollte Erhaltung von Bäumen als Bestandteil