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Jan Eik
Schaurige Geschichten aus Berlin
Die dunklen Geheimnisse der Stadt
Jaron Verlag
Erweiterte und aktualisierte Neuausgabe
1. Auflage dieser Ausgabe 2013
© 2003–2013 Jaron Verlag GmbH, Berlin
Alle Rechte vorbehalten. Jede Verwertung des Werkes und aller seiner Teile ist nur mit Zustimmung des Verlages erlaubt. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Medien.
Umschlaggestaltung: Bauer + Möhring, Berlin, unter Verwendung einer historischen Abbildung (Flugblatt zur Hinrichtung des »Hofjuden« Lippold, 1573, Ausschnitt)
ISBN 9783955521820
Inhalt
Die Hohenzollern und ihr Schlossgespenst
Aufruhr, Brände und andere Katastrophen
Gerechtigkeit ist ein schön’ Ding
Friedhofs- und Grabgeschichten
Berlins organisierte Unterwelt
Geschichten aus dem Untergrund
Eine schaurige Bilanz: Politische Verbrechen
Vorwort zur Neuausgabe
Berlin ist sicherlich keine üblere Großstadt als andere Metropolen dieser Welt. Und trotz der Unmenschlichkeit der NS-Zeit gelten noch immer die »Goldenen Zwanziger« als Gradmesser für die dunklen Seiten der Stadt. Wer heute jedoch nach dem Berliner Verbrecherviertel sucht, »das sich zwischen Alexanderplatz und Schlesischem Bahnhof erstreckt«, wie Hardy Worm 1924 berichtete, erlebt eine herbe Enttäuschung. Dort langweilt eine der eintönigsten Gegenden der Stadt, gesichts- und kneipenlos, von Auto-Pisten zerschnitten und begrenzt.
Wo Berlin gegenwärtig schaurig ist, mag der Mutige selbst herausfinden. Wir wenden uns nach der guten alten Zeit, als es in der Stadt angeblich noch »richtich jemietlich zujing«, auch den schwerlich zu übertreffenden Schrecknissen des 20. Jahrhunderts zu. Versprochen ist ein Ausflug an die schaurigen Orte einer barbarischen Justiz, der Unruhen und der Katastrophen, die Berlin erschütterten, wo leicht zu erregende Bürger und despotische Fürsten, Hexen, Huren, Henker, stöhnende Mönche, weiße Frauen, Brandstifter, attentäterische Bürgermeister, pädophile Konditormeister und Polizeipräsidenten mancherlei Couleur neben gewöhnlichen und politischen Verbrechern, Tunnelgangstern und Serienmördern zu Hause waren und sind.
Der Verfasser hat wie alle seine Vorgänger aus alten und neueren Quellen geschöpft, die er der bildhaften Sprache wegen gerne zitiert. Wundern Sie sich nicht, wenn Sie die eine oder andere Geschichte in abweichender Fassung lesen oder gehört haben. Für manches gilt ohnehin der alte Berliner Spruch: »Wer’t jloobt, wird selich, wer’t nich jloobt, kommt ooch in’ Himmel.«
Dass die »Schaurigen Geschichten« zehn Jahre nach der Erstauflage und fünf nach einer erweiterten Fassung neu erscheinen, verdankt der erfreute Autor ausschließlich dem anhaltenden Interesse der Leser, die wahrscheinlich gerne erfahren, dass es in Berlin schon immer so zuging, wie es eben zugeht.
Rund um die Marienkirche
Totentanz und Sühnekreuz
Die Berliner gelten von jeher als ein unruhiges und unzufriedenes Volk. Sie selber behaupten natürlich, dass erst die Zugewanderten Unruhe in die teils sandige, teils sumpfige Wüstenei der Schwesterstädte Berlin und Cölln brachten. Andererseits – was wäre aus Berlin (die Insel Cölln immer einbezogen) ohne die Neuankömmlinge aus allen Teilen des Reiches, aus Holland, Frankreich und der Schweiz, aus Polen, Litauen und Böhmen geworden? Nichts. Nicht einmal eine Millionenstadt – und die war Berlin schon am Ende des 19. Jahrhunderts – reproduziert ihre Einwohnerschaft aus eigenen Ressourcen. Wer weiß heute noch, dass um 1860 zu den 19 Millionen Preußen auch 2,5 Millionen Einwohner nichtdeutscher Nationalität zählten? Daran mussten sich die Berliner gewöhnen, die den wendischen Ureinwohnern der umgebenden Mark nicht einmal das Bürgerrecht eingeräumt hatten. Bürger konnte nur werden, wer zum städtischen deutschen, zum Teil adligen Patriziat und – eine Stufe niedriger – zu den Handwerksmeistern, Kaufleuten und anderen Besserverdienenden gehörte.
Auf jeden Fall waren die alten Berliner fromm und gottesfürchtig. Beides wiederum nicht allzu sehr. Fromm genug immerhin, um zu Ehren Gottes hohe Kirchen zu bauen, viel höher als jedes bürgerliche oder adlige Haus und vollständig aus Stein, während man selber in hölzernen oder Lehmfachwerk-Bauten hauste. Von diesen zumindest in hygienischer Hinsicht wahrhaft schaurigen Baulichkeiten ist keine mehr zu finden in der Stadt. Die Kirchen aber stehen noch, soweit sie nicht durch Feuers- oder Kriegsbrunst und Abriss vernichtet wurden, wie mehrfach die Cöllnische Petrikirche, über deren Standort und einstigen Kirchhof sich heute der Verkehr zwischen Mühlendamm und Gertraudenbrücke zehnspurig ergießt. Aber das soll sich – wie so vieles in Berlin – bald wieder ändern.
Fliegende Baumeister und Chorknaben
Die ältesten Berliner Kirchen sind die Nikolai- und die Marienkirche. In der Marienkirche entdeckte man 1860 eine Wandmalerei aus der Pestzeit um 1485, einen 22 Meter langen Totentanz. Seltsamerweise aber erinnern die