geradeaus. Sie hatte noch nicht einmal gezuckt, als Paul ihr die Fingerkuppe abgeschnitten hatte. Paul hielt sich am Tisch fest, um nicht umzufallen. Was hatte er getan? Doch nun waren die Würfel gefallen, es war zu spät. Zufrieden befahl der Großmeister, das Mädchen zu versorgen und legte seine linke Hand auf die Schulter von Paul.
„Für deine erste gute Tat nicht schlecht, beim nächsten Mal nimmst du den ganzen Finger, wenn ich es dir befehle!“ Dabei drückte er ziemlich schmerzhaft seine Hand an Pauls Schulter zusammen. Doch Paul stand noch so unter Schock, dass er es kaum bemerkte.
Gute Tat, was für ein Hohn, dachte Paul, als die Worte endlich in seinem Gehirn ankamen.
Das Blut in der Schale wurde nun an die Säule gespritzt und der Großmeister murmelte wieder allerhand unsinnige Sprüche und Formeln. Mit einem Schwert machte er Zeichen in der Luft um dann die Spitze in Blut zu tauchen. Dann nahm er Pauls Hand, legte diese auf das Schneidebrett und verrieb mit der Messerspitze das Blut auf Pauls Handrücken. Paul versuchte nicht zu zucken, er erwartete das Schlimmste. Aber es folgte nur weiteres Beschwörungsgemurmel. Der Großmeister nahm das Schwert wieder weg, übergab dieses an den Großkontur.
Mit großem Brimborium schritt der Großmeister nun wieder auf die Nische zu, aus der er auch vor einer Stunde erschienen war. Dort drehte er sich zu seinen Anhängern um und verkündete laut:
„Unser neuer Ordensbruder ist hiermit in die Gemeinschaft aufgenommen!“ Dann gab es wieder einen Paukenschlag, Rauch und grünes Licht schwabbelte um den Großmeister herum und er war verschwunden.
Der Großmarschall, der die ganze Zeit rechts des Großmeisters gestanden hatte, klatschte dreimal kurz in die Hände, ein Zeichen für alle Ordensbrüder, denn sie waren nun in ihre Nischen und Kammern entlassen. In wenigen Sekunden war die große Säulenhalle leer, nur noch der Großmarschall und Paul waren übrig.
„Komm, Bruder Paul, ich geleite dich zu deiner Kammer!“
Paul ließ sich erschöpft auf dem einfachen Klappbett nieder. Wenigstens hatte er hier eine Decke. Er zog nur seinen Umhang aus und legte sich schlafen.
Ziemlich früh am Samstagmorgen wurde Paul geweckt. Es kam ihm so vor, als sei er gerade erst ins Bett gegangen und als er auf seine Uhr schaute, war das auch so. Er wurde kurz im Waschraum abgeliefert, und nachdem er sich gewaschen hatte wieder abgeholt. Ein wenig erinnerte das Ganze Paul an ein Gefängnis und im Grunde genommen war es das ja auch.
Durch mehrere Gänge, immer wieder auf und ab, geleitete ihn ein Wächter in den sogenannten Meditationsraum. Er hatte während seiner ersten Erkundungstour in der letzten Woche diesen Raum gesehen, aber nicht ganz den Sinn erfasst. Nun erinnerte er sich wieder daran, dass er sich über die vielen Matten am Boden gewundert hatte. Jeder Bruder nahm auf einer Matte Platz. Paul schaute sich bei den anderen ab, was zu tun war. Wie in einer Moschee knieten sie nebeneinander auf ihren Matten und als der Großmeister erschien verneigten sie sich dreimal, alle gleichzeitig, und brachten ihre Stirn auf den Boden. Die Maske wurde niemals abgenommen, bei einigen war sie sicherlich schon eingewachsen, dachte Paul. Er machte das Ganze mit und versuchte im Rhythmus zu bleiben. Dann begann der Großmeister zu singen und als er endete, setzten die anderen Ordensbrüder im Chor ein. Paul kannte die Gesänge nicht, so war er ruhig. Nach einer guten halben Stunde, Paul meinte schon es nähme kein Ende mehr, drehten sich alle auf den Rücken und streckten sich aus. Die Hände lagen locker neben dem Körper. Paul passte sich an. Der Großmeister sprach in ruhigem, einschläferndem Ton, er bat, die Augen zu schließen und sich treiben zu lassen. Nach einer Weile sagte er: „Eure Gedanken lösen sich in Nichts auf, eure Konzentration ist hier bei mir.“ Dann begann der Großmeister zu summen und Paul hatte große Mühe wach zu bleiben. Wurden sie jetzt in einen Zustand versetzt, der sie willenlos machte? Paul wehrte sich verbissen gegen die einlullende Wirkung, doch er hatte durch den Schlafentzug und auch sein unfreiwilliges Fasten kaum eine Chance weiterhin wach zu bleiben. Er versuchte an alles Mögliche zu denken, sich abzulenken, aber irgendwann war er eingeschlafen.
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