Matthias Falke

Kampf mit den Tloxi


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wuschen und lagerten. Als Sina aufhörte zu existieren, sahen die Laya diese Mittel als ihr legitimes Erbe an. Wie uns das politische, war ihnen das finanzielle Vermächtnis einer galaktischen Großmacht in den Schoß gefallen. Dass sie ihrer Nationalbank ein paar zusätzliche Geschosse spendierten, war der harmlosere Effekt davon. Bedenklicher war, dass der einst unbedeutende Casinoplanet mit einem Mal auch strategische Ambitionen entwickelte. Man rüstete massiv auf, und als man glaubte, die Union auf dem falschen Fuß erwischen zu können, besetzte man den Nachbarplaneten Musan, um die Grundlage für ein kleines, aber aufstrebendes interstellares Reich zu schaffen.

      Diesen Zahn waren wir im Begriff ihnen zu ziehen. Und als kleinen Nebeneffekt würden wir hoffentlich endlich Einblick in die Bücher ihrer Nationalbank bekommen, die schon traditionell nichts anderes getan hatte, als unsaubere Gelder in saubere zu verwandeln und das organisierte Verbrechen auf einem Dutzend Welten zu finanzieren.

      »Es müssen viele Milliarden sein«, sagte Jennifer. »Alte Währung. Wie viel das Zeug noch wert ist, weiß im Augenblick niemand.«

      Natürlich war die Börse geschlossen. Sämtliche Werte des kleinen Inselstaates befanden sich im freien Fall. Die Union würde auch hier ein Protektorat einrichten, eine Garnison auf den Planeten legen, Finanz und Politik gleichschalten – und zum nächsten Unruheherd weiterziehen.

      Aber so weit war es noch nicht!

      Irgendwo wurde Alarm gegeben. Sirenen heulte los. Soldaten schrien und gestikulierten.

      Dann hörten wir auch schon das tiefe Dröhnen von Turbinen.

      »Scheiße!« Wir warfen uns auf den Boden und kauerten uns in den Schutz der vorderen Steuerbordstelze. Die Krallen, die die Enthymesis in die gepflegten Rabatten geschlagen hatte, waren so groß wie Wohnhäuser. Sie boten auch bei einem Luftangriff eine gewisse Sicherheit.

      Und darum handelte es sich.

      Ein Jagdbomber donnerte im Tiefflug die lange Aufmarschstraße entlang. Er zog unglaubliche Mengen an Feuer auf sich. In regelmäßigen Abständen waren Geschütze entlang der Magistrale postiert. Der doppelte Ring um die Independence Plaza war mit schweren Luftabwehrkanonen versehen. Und auch unser Explorer nannte zwei Zwillingsläufe sein Eigen, die auf Gefechte im Raum ausgelegt waren. All diese Batterien begannen nun ihre pumpende Arbeit. Sie spien mehr Energie aus, als die totgefallene Stadt in diesem Augenblick verbrauchte. Der Boden bebte. Aus den umliegenden Gebäuden wurden Fassadenelemente herausgesprengt. Der Luftdruck des Jägers ließ alles an Glas zerbersten, was sich noch in seinen Fassungen befunden hatte. Über Kilometer wurde die Innenstadt in ein Inferno umherfliegender Scherben verwandelt. Die zahllosen Geschütze schossen sich auf ihn ein. Aber er war zu schnell und zu tief. Außerdem musste er über eine beeindruckende Abschirmung gebieten. Das Feuer floss von seinen Flanken ab wie der Schaum von den Finnen eines springenden Delfins.

      »So ein Bastard!«, hörte ich General Rogers quer über den riesigen Platz brüllen. »Warum bringt ihn nicht endlich jemand zur Strecke?« Dann beeilte er sich, in seinen durch Kraftfelder gesicherten Unterstand zu hechten.

      Der Jäger donnerte über uns hinweg. Er beschrieb eine Haarnadelkurve, die selbst Jennifer den Atem stocken ließ. Dann klinkte er zwei Torpedos aus und beschleunigte in der Gegenrichtung, dass der Überschnallknall die Luft in unseren Lungen wanken ließ.

      »Achtung!«

      Ich presste mich, so dicht es ging, an den kühlen Stahl der Enthymesis. Dann brach die Hölle los. Die Explosion war ein Schock. Obwohl die gesamte Masse des Explorers zwischen uns und dem Projektil lag, war es, als hätte ich einen Kopfstoß vor die Brust bekommen. Mir blieb der Atem weg. Ich hörte auch nichts mehr! Dann war da ein Rasseln und Keuchen, das nichts Menschliches mehr hatte, bis ich begriff, dass ich selbst es war, der nach qualvollen Sekunden wieder Luft bekam. Flüssiges Feuer troff rings um uns von den Flanken unseres Schiffes.

      War es ein atomarer Gefechtskopf gewesen?

      Brandgeruch breitete sich aus. Ich schloss das Helmvisier meines Anzugs und ging auf interne Versorgung. Es dauerte ein paar Sekunden, bis der Kanal der lokalen Kommunikation sich aufbaute. So lange krachte und knirschte es ohrenbetäubend.

      »Bist du okay?« Das war Jennifers Stimme.

      Sie kauerte neben mir auf allen vieren und folgte gerade meinem Beispiel.

      »Ich denke schon.« Ich ließ einen raschen Systemcheck über den Anzug laufen. »Was war das?«

      »Aerosol.« Sie stand auf, wobei sie für schreckliche Sekunden wie eine alte Frau aussah, die die Hüfte nicht mehr richtig hochkriegte.

      »Es waren zwei.« Ich spähte durch den Vorhang aus Feuer, der von der Seite der Enthymesis herabwallte. Allmählich lichteten sich die Flammen. Durch ihr Wabern, das uns umgab wie ein riesiges Zelt, sah ich auf den Platz hinaus. Der zweite Torpedo hatte Rogers und seinen improvisierten Gefechtsstand getroffen. Die Kraftfeldkuppel über dem elektronischen Feldherrnhügel schien gehalten zu haben. Aber mehrere Soldaten, die sich außerhalb davon aufgehalten hatten, waren zur Unkenntlichkeit verbrannt.

      Wir jagten die Abschirmungen unserer Anzüge bis zum Anschlag hoch und traten durch das Feuer ins Freie. Der Jäger entfernte sich mit röhrenden Turbinen in nördlicher Richtung. Inzwischen waren zwei Abfangjäger zur Stelle, die sich an sein Heck hefteten. Und dann brachen mehrere Scyther aus der schwülen Nacht. Gegen diese Übermacht hatte er keine Chance. Die Verfolger schossen ihn zusammen. Die Maschine verging in einem weißen Ball, dessen Donner aufs Meer hinausrollte. Aber er hatte uns gezeigt, dass wir noch lange nicht die Kontrolle über diesen Planeten hatten.

      »Norton ruft Brücke«, keuchte ich in die Lokale, »Meldung!«

      »Hier Brücke«, antwortete der Erste Pilot erstaunlich prompt. »Überlastung sowie Spannungsrückschlag im Bereich des Geschützturms auf der Backbordseite. Ich fürchte, die Jungs haben was abgekriegt.«

      »Sonst?«

      »Sonst keine weiteren Schäden.« Der Mann räusperte sich. »Wir könnten hier einen oder zwei Sanitäter gebrauchen.«

      »Schon unterwegs.« Ich leitete die Anforderung an den allgemeinen Gefechtskanal weiter. Auch auf dem Platz kamen gerade mehrere San-Staffeln angerannt, um sich um die Opfer des Luftangriffs zu kümmern.

      Ich sah Rogers, der aus seinem Unterstand herauskam und ungerührt über die verkohlten Leichen hinwegstieg. Er musste die Meldung auch bekommen haben. Ich winkte und rief ihn gleichzeitig über die Lokale. Dann sah ich, dass er einer Sanitätsabteilung ein Zeichen gab und sie in unsere Richtung wedelte. Die Leute kamen herübergelaufen. Ich dirigierte sie in den Elevator der Backbordstelze.

      »Hilfe ist unterwegs«, sagte ich.

      Dann gingen wir über den Platz zu Rogers.

      »Gesichert, ja«, rief ich, als wir auf Steinwurfweite heran waren. »Die Stadt ist in unserer Hand?!«

      Zwanzig Meter vor dem Unterstand hielt ich an. Die Verheerungen des Angriffs waren gewaltig. Rogers’ halber Stab war ausradiert.

      »Bastarde!«, spuckte er uns sein Lieblingswort vor die Füße.

      »Wo kam er her?«, fragte Jennifer.

      »Das versuchen wir gerade festzustellen«, knurrte der General. »Er hat sämtliche Vorfeldaufklärung unterlaufen.«

      »Der Atomschlag«, sagte ich. »Wir haben unsere eigenen Instrumente geblendet.«

      »Rede kein dummes Zeug, Frank«, blaffte er.

      »Dummes Zeug!« Ich wies auf die verbrannten Körper, bei denen jede Hilfe zu spät kam. Man konnte sie zusammenkehren und ins Meer kippen.

      »Irgendwo muss er ja hergekommen sein!« Jennifer entrollte wieder das große Gefechtsdiagramm, eine interaktive Holografie von der Breite eines Direktorenschreibtischs. »Als er geortet wurde, befand er sich schon innerhalb des Erfassungsradius unserer Flugabwehr.«

      »Wie kann das sein?« Ich beugte mich über die Darstellung.

      »So ein Scheißkerl!« Rogers war noch