Matthias Falke

Persephone


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der neuesten Generation.«

      Beth betrachtete das Schmuckstück eingehend. Dann gab sie es ihm zurück.

      »Bei Frauen hast du kein Glück, was?«

      Er lächelte schief und verstaute das Medaillon mit einer linkischen Bewegung.

      »Das einsame Genie«, sagte Ash tonlos.

      »Was weißt du eigentlich von den anderen?«, fragte Laertes, um das Thema zu wechseln. »Wiszewsky? Rogers?«

      »Die Frage ist, was du weißt.«

      »Ich war viel unterwegs«, erklärte er ausweichend. »Reisen, Vorträge.«

      »Wiszewsky hat sein Ziel erreicht. Die neue MARQUIS DE LAPLACE steht unter seinem Kommando.«

      »Ja, stimmt. Das habe ich mitbekommen.«

      »Von Randy weiß ich nur, dass er wohl eine ziemliche Karriere hingelegt hat. Er hat ja schon auf dem Rückflug ziemlich aufgedreht.«

      Laertes nickte.

      »Dann ist er in die Forschungsabteilung eingestiegen.« Ash schrieb mit den Händen wolkige Strukturen in die Luft. »Irgendwelche obskuren Entwicklungsprojekte. Alles natürlich streng geheim.«

      Nicht ohne Murren hatte sich die Besatzung der ERIS an die Arbeit gemacht. Die Leute wussten, dass Rogers der erste sein würde, der sich nach Feierabend ein Glas einschenkte, wenn auch eher Whisky als Champagner. Aber wann dieser Feierabend sein würde, das konnte man nicht wissen. Rogers selbst arbeitete wie ein Besessener, und das erwartete er auch von seiner Mannschaft. Der Umfang an Daten war ungeheuer. In nur einer Schicht war er nicht zu bewältigen. Sie würden Wochen und Monate daran zu rechnen haben. Aber wann würde der Stationsleiter ein Einsehen haben und erklären, dass es für heute genug war?

      Als sie auf einem der nächsten Umläufe die Stelle des Einschlags wieder überflogen, war die kilometerhohe Fontäne aus Sand und Staub verschwunden. Sie war in sich zusammengesunken und von den Jets der dünnen, sturmgepeitschten Atmosphäre ausgewischt. An ihrem ehemaligen Fußpunkt klaffte nun ein riesiger Krater.

      »Strahlung?« Rogers beugte sich neben seiner rechten Hand über die Protokolle, die den ganzen Hauptbedienplatz der Station einnahmen.

      »Sehr gering.« Seten Brini spielte zufrieden mit seinen schwarzen Locken. »Das ist einer der Vorteile dieses Systems. Die Reaktionsmasse wird vollständig vernichtet. Es bleibt nichts übrig. Kein Fallout. So gut wie keine Kontamination.« Er sah seinen Chef über seine Datenbrille hinweg an.

      Rogers nickte.

      »Ja, das könnte wirklich etwas Feines werden«, murmelte er in sich hinein. »Und das Profil?«

      »Ich blicke auf eine gewisse Laufbahn als Exogeologe zurück«, erklärte Brini selbstverliebt. »Aber ich darf behaupten, dass ich einen solchen Scan noch nicht gesehen habe. Der ganze Planet liegt vor uns wie ein aufgeschlagenes Buch. Die Kruste, der Schalenbau. Die mineralogische Zusammensetzung, der Temperatur- und Viskositätsverlauf. Einfach alles. Auf einen Schlag!«

      »Ein Schlag mit dem Hammer.« Dr. Rogers grinste.

      »Als wäre der ganze Planet ein einziger großer Gong.«

      »Boing!«

      »Wahnsinn.« Brini schüttelte den Kopf, fassungslos und begeistert.

      »Dieser Gong hat einen schönen satten Klang«, sagte Rogers. Dann wurde er wieder ernst. »Wissen wir schon etwas über die Tonnage?«

      »Die freigesetzte Energie, meinen Sie?« Brini schaltete an seinen virtuellen Anzeigen herum. »Nicht schlecht.« Er deutete auf ein Feld.

      Rogers pfiff durch die Zähne. »Einhundert Megatonnen?«

      »Eine runde Sache, würde ich sagen.«

      »Rechnen Sie das nochmal durch«, sagte Rogers. »Damit wir einen vorläufigen Bericht formulieren können.« Er zwinkerte seinem Stellvertreter aus seinen kleinen blauen Äuglein zu, die immer irgendwie listig und ein wenig verschlagen wirkten. »Dann können wir die Früchte unserer Arbeit genießen!«

      »Geben Sie mir fünf Minuten.« Brini verschwand in seinem Arbeitszimmer.

      Der Rest der Crew war hellhörig geworden. Von den Konsolen und den holographischen Displays hoben sich die Köpfe. Fünf Augenpaare bohrten sich in den Stationsvorsteher.

      »Ich denke, wir lassen es für heute gut sein«, sagte Dr. Rogers. »Um die Stellen hinter dem Komma kümmern wir uns ein andermal. Heute möchte ich mich bei Ihnen bedanken. Der Test war erfolgreich. Das wäre ohne Ihre Mitarbeit nicht möglich gewesen.«

      Irgendwo hörte man das Ploppen eines Champagnerkorkens. Die Wissenschaftler lachten. Auch Rogers schmunzelte jovial.

      »Ich wage zu behaupten, dass dies ein historisches Datum ist«, sagte er noch, während weiter hinten schon eingeschenkt wurde. »Wenn das System sich bewährt, woran ich in diesem Augenblick nicht mehr zweifle, war das heute ein nicht ganz unbedeutender Tag in der Geschichte der Union. Ich denke sogar, in der Entwicklung der gesamten Menschheit!«

      Die Physiker und Planetologen, durchweg junge Männer und Frauen, strahlten über das ganze Gesicht. Sie verteilten Champagner, der aus Elastilbechern getrunken werden musste. Rogers bekam ein Glas Whisky. Jemand hatte einen der Synthetisatoren angeworfen, um Salzgebäck zu erzeugen. Die gemütliche Stimmung einer Institutsfeier breitete sich aus, während die Station mit konstanter Orbitalgeschwindigkeit einem weiteren Sonnenaufgang entgegenraste.

      Seten Brini kam in den Hauptraum zurück.

      »Erledigt«, rief er aufgekratzt. »Alles hier drauf.« Er präsentierte einen Datenchip, der einen integrierten Quantenspeicher umfasste. »Eine Kopie habe ich in Ihrem Ordner des Stabslogs hinterlegt.«

      »Vielen Dank.« Rogers legte den Kopf schief und sah zu, wie sein Stellvertreter sich einen Becher reichen ließ und durstig trank. »Das reicht«, sagte er, als Brini sich von einem seiner Assistenten nachschenken lassen wollte.

      »Ich verstehe nicht.« Der Exogeologe wirkte überfahren. »Ich dachte, wir haben etwas zu feiern.«

      »Wir feiern.« Rogers hatte sich bei seinen Mitarbeitern einen gewissen Ruf erworben. Er war arrogant, herablassend, ungeduldig. Nur so war es zu erklären, dass kein Widerspruch laut wurde, als er noch hinzusetzte: »Für Sie habe ich noch eine kleine Fleißaufgabe.«

      »Sir?« Brini ließ konsterniert den leeren Becher sinken. Bei den Umstehenden machte eine Mischung aus Neugier und Schadenfreude die Runde.

      »Ich möchte«, sagte Dr. Rogers in jenem Tonfall, der keinen Widerspruch duldete, »dass Sie diese Daten nehmen, einen unserer ANTs besteigen und ins Sonnensystem fliegen.«

      »Ich verstehe nicht«, stammelte Brini.

      »Ins solare System.« Rogers wirkte bereits ein wenig ungehalten. »Ich denke, ich habe mich klar ausgedrückt.«

      »Wie Sie meinen.«

      »Nehmen Sie sich jemand von den jungen Leuten hier mit«, fuhr Rogers fort. »Jemand, der noch nicht vollständig betrunken ist. Es reicht, wenn Sie in den äußeren Bereich fliegen. Dann übermitteln Sie alles, was sich auf diesem Chip befindet, an diese Koordinaten.«

      Er aktivierte ein holographisches Patch, das auf seiner Unterarmmanschette aufleuchtete.

      Brini studierte die Daten, die auf sein eigenes Display übertragen worden waren.

      »Was sind das für Koordinaten?«

      »Das braucht Sie nicht zu interessieren.«

      »Entschuldigen Sie mal.«

      »Machen Sie einfach, was ich sage.« Rogers klang mit jedem Wort ungemütlicher. »Wir haben hier noch viel zu tun.«

      Die Stimmung war inzwischen spürbar abgekühlt. Von der kleinen spontanen Feier war nichts mehr übrig. Die jungen Wissenschaftler standen beklommen herum. Niemand wagte zu sprechen oder