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Grundbegriffe der Philosophie


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dieser thematischen, doktrinären und selbst methodologischen Vielfalt ziehen sich manche zeitgenössischen Analytiker auf ein stilistisches Selbstverständnis zurück. Im Gegensatz besonders zur ›kontinentalen‹ Philosophie soll die A. P. drei Bedingungen erfüllen: Sie strebt (1) die Lösung oder Auflösung inhaltlicher Probleme an, statt sich auf Philosophiegeschichte bzw. die Interpretation philosophischer Texte zu beschränken; sie verfährt (2) rationalVernunft, d. h., weist ihre Fragen und Antworten argumentativ aus, anstatt sich auf Autoritäten oder Eingebungen zu berufen; und sie drückt sich (3) auf klare und eindeutige Weise aus. Diese weite, unhistorische Auffassung impliziert allerdings, dass die Mehrheit aller Philosophen analytisch ist, zeichnet doch der Anspruch, fundamentale Probleme auf rational nachvollziehbare Weise zu lösen, das Fach seit SokratesSokrates aus. Es ist angemessener, die A. P. als historisch gewachsene Tradition zu verstehen, deren Vertreter durch wechselseitige Beeinflussung und überlappende ›Familienähnlichkeiten‹ zusammengehalten werden. Analytische Philosophie

      Hans-Johann Glock

      [33]Mike Beaney (Hrsg.): The Oxford Handbook of the History of Analytic Philosophy. Oxford 2009.

      Hans-Johann Glock: What is Analytic Philosophy? Cambridge 2008.

      Edward Kanterian: Analytische Philosophie. Frankfurt a. M. / New York 2004.

      Albert Newen: Analytische Philosophie zur Einführung. Hamburg 2005. 22007.

      Peter Prechtl (Hrsg.): Grundbegriffe der Analytischen Philosophie. Stuttgart/Weimar 2004.

      a priori / a posteriori

      In der ErkenntnistheorieErkenntnistheorie grenzt man erfahrungsunabhängiges WissenWissen als A-priori-Wissen von empirischemEmpirie WissenWissen als A-posteriori-Wissen ab. Nach traditioneller Auffassung liefern die NaturwissenschaftenNaturwissenschaften (→Wissenschaft) A-posteriori-WissenWissen, während →LogikLogik und MathematikMathematik (→ZahlZahl) A-priori-WissenWissen erzeugen. →RationalistenRationalismus und →EmpiristenEmpirismus sind uneins über die Natur und den Umfang des A-priori-WissenWissens.a prioria posteriori

      Die traditionelle Definition von A-priori-WissenWissen geht auf Immanuel KantKant, Immanuel (Kritik der reinen Vernunft, 1781, 21787) zurück. Kant bestimmte A-priori-WissenWissen als »absolut unabhängig von aller Erfahrung« und kontrastierte es mit Wissen, das seine »Quellen« in der Erfahrung hat und das er als »a posteriori« (oder »empirisch«) beschrieb. Aber Kants Definition ist problematisch. Einerseits lässt sie zu, dass A-priori-WissenWissen doch von ErfahrungErfahrung abhängt. So räumte KantKant, Immanuel z. B. ein, zum Erwerb der →BegriffBegriffe, die in einer a priori gewussten PropositionProposition (d. i. der Inhalt, der [34]ausgesagt oder gewusst wird) vorkommen, benötige man oftmals ErfahrungErfahrung. Andererseits arbeitete Kant nicht heraus, in welcher Hinsicht A-priori-WissenWissen unabhängig von ErfahrungErfahrung sein soll. Man kann Kants Definition von A-priori-WissenWissen und A-priori-RechtfertigungRechtfertigung daher präziser so fassen: Eine Person S weiß genau dann a priori, dass p, (wobei p eine PropositionProposition ist), wenn S Überzeugung, dass p, a priori gerechtfertigt ist und die anderen Anforderungen an WissenWissen erfüllt sind; und S Überzeugung, dass p, ist genau dann gerechtfertigt, wenn S Rechtfertigung für die Überzeugung, dass p, nicht von Erfahrung abhängt. a prioria posteriori

      Zeitgenössische Philosophen bringen zwei Einwände gegen KantKant, Immanuels Definition vor. Einige Kritiker betrachten diese als nicht hinreichend informativ, da sie rein negativ ist: Kants Definition verrät uns nur, dass die Quelle von A-priori-RechtfertigungRechtfertigung nicht ErfahrungErfahrung ist, aber sie sagt uns nicht, was hier als Quelle in Frage kommt. Anhänger dieses Einwands ziehen eine positive Charakterisierung von A-priori-Rechtfertigung vor: S Überzeugung, dass p, ist genau dann a priori gerechtfertigt, wenn S Überzeugung, dass p, durch eine Quelle Φ gerechtfertigt ist, wobei Φ auf eine spezifische Quelle erfahrungsunabhängiger Rechtfertigung Bezug nimmt. Verschiedene Theoretiker geben verschiedene Beschreibungen der betreffenden Quelle; diese enthalten typischerweise den Begriff der notwendigenNotwendigkeit WahrheitWahrheit. So behauptet Laurence BonJourBonJour, Laurence, eine A-priori-RechtfertigungRechtfertigung der Überzeugung, dass p, schließe ein intuitives Erfassen davon ein, dass p notwendig wahr ist (→IntuitionenIntuition, Notwendigkeit). a prioria posteriori

      Den zweiten Einwand formulieren Philosophen, die KantKant, Immanuels negative Charakterisierung von A-priori-[35]RechtfertigungRechtfertigung akzeptieren. Unter ihnen ist umstritten, in welcher Hinsicht A-priori-RechtfertigungRechtfertigung von ErfahrungErfahrung »unabhängig« sein muss. Albert CasulloCasullo, Albert hält sich an Kant, dem allein an der Quelle der Rechtfertigung gelegen ist, und verlangt deren ErfahrungErfahrungsunabhängigkeit. Demnach ist S RechtfertigungRechtfertigung für die Überzeugung, dass p, genau dann unabhängig von ErfahrungErfahrung, wenn S Überzeugung durch eine erfahrungsunabhängige Quelle gerechtfertigt ist. Philip KitcherKitcher, Philip (The Nature of Mathematical Knowledge, 1983) und Hilary PutnamPutnam, Hilary (»›Two Dogmas‹ Revisited«, in: Contemporary Aspects of Philosophy, hrsg. von Gilbert Ryle, 1976) formulieren stärkere Ansprüche an eine erfahrungsunabhängige RechtfertigungRechtfertigung. Ihnen zufolge muss eine A-priori-Quelle von RechtfertigungRechtfertigung nicht nur unabhängig von ErfahrungErfahrung sein; sie muss zusätzlich auch gegen jede Widerlegung durch Erfahrung gefeit sein: S RechtfertigungRechtfertigung für die Überzeugung, dass p, ist genau dann unabhängig von ErfahrungErfahrung, wenn S Überzeugung, dass p, durch eine erfahrungsunabhängige Quelle gerechtfertigt und durch Erfahrung nicht zu widerlegen ist. a prioria posteriori

      Albert Casullo

      Paul Boghossian / Christopher Peacocke (Hrsg.): New Essays on the A priori. Oxford [u. a.] 2000.

      Laurence BonJour: In Defense of Pure Reason. Cambridge [u. a.] 1998. Nachdr. 2002.

      Albert Casullo: A Priori Justification. Oxford / New York 2003.

      – Essays on A Priori Knowledge and Justification. New York [u. a.] 2012.

      – / Joshua C. Thurow (Hrsg.): The A Priori in Philosophy. Oxford 2013.

      [36]Argument

      In einem A.Argument soll eine →AussageAussage sachlich angemessen und rational begründet werden. Wir argumentieren, weil wir die →WahrheitWahrheit deskriptiver AussageAussagen wie ›Die Zunahme von Wirbelstürmen ist eine Folge des Klimawandels‹ oder die Richtigkeit normativer AussageAussagen wie ›Die Bürger der Industrieländer sollten mehr für den Klimaschutz tun als bisher‹ oft nicht direkt, z. B. durch →WahrnehmungWahrnehmung entscheiden können. In einem solchen Fall führen wir die problematische WahrheitWahrheit oder Richtigkeit einer Aussage auf die unproblematische oder zumindest unproblematischere WahrheitWahrheit oder Richtigkeit anderer AussageAussagen zurück. Einer solchen Zurückführung dient ein A. Die als wahr oder richtig zu erweisende AussageAussage ist die Konklusion des A.; die Aussagen, auf deren WahrheitWahrheit oder Richtigkeit die der Konklusion zurückgeführt wird, sind seine Prämissen. So ließe sich für die AussageAussage (Konklusion) ›Die Zunahme von Wirbelstürmen ist eine Folge des Klimawandels‹ mit den beiden Prämissen argumentieren, dass der Klimawandel u. a. in einer Erhöhung der Durchschnittstemperaturen besteht und dass, legt man die einschlägigen physikalischen Gesetze zugrunde, unter sonst gleichen Bedingungen Wirbelstürme umso häufiger auftreten, je höher die Durchschnittstemperaturen sind. Auch wenn A. für kontroverse Debatten unverzichtbar sind, sollte man das Argumentieren nicht mit solchen Debatten gleichsetzen. A. richten sich nicht stets nur an andere PersonPersonen, um sie von der WahrheitWahrheit oder Richtigkeit einer AussageAussage zu überzeugen. Auch wer allein über ein Problem nachdenkt, argumentiert. Argument

      [37]In der Philosophie, die sich mit der RationalitätVernunft befasst, wurde früh über das Argumentieren nachgedacht, weil die Vernünftigkeit einer PersonPerson die Fähigkeit einschließt, für ihre eigenen Überzeugungen gut zu argumentieren (→VernunftVernunft). Seit der Ersten Analytik, der Topik und den Sophistischen Widerlegungen des AristotelesAristoteles