Roman Klementovic

Wenn die Stille schreit


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      Roman Klementovic

      Wenn die Stille schreit

      Kurz-Thriller

      Zum Buch

      EIN GEHEIMNIS IN TIEFER NACHT Ein gewaltiger Schneesturm fegt über das Land. Der Strom ist ausgefallen, viele Straßen sind nicht mehr passierbar. Tim erreicht erst kurz vor Mitternacht das abgelegene Landhaus, in dem er mit seiner Frau Natalie wohnt. Kurz zuvor noch hat sie ihm am Telefon beteuert, wach bleiben und auf ihn warten zu wollen. Doch jetzt scheint das Haus leer, und von Natalie fehlt jede Spur. In völliger Dunkelheit begibt Tim sich auf die Suche nach ihr und versucht dabei, jeden Gedanken an die beiden entflohenen Mörder, die seit Tagen die Gegend unsicher machen, zu verdrängen. Doch dann macht er eine verstörende Entdeckung. Und plötzlich ist die Stille um ihn herum ohrenbetäubend laut. Tim begreift: Er darf keine Zeit mehr verlieren!

      Roman Klementovic, geboren 1982, lebt in Wien. Er liebt Bier in Pubs, Punkrock und den Sportklub Rapid Wien. Seine beiden Thriller »Immerstill« und »Wenn das Licht gefriert« werden verfilmt. www.romanklementovic.at

      Impressum

      Personen und Handlung sind frei erfunden.

      Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

      sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

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      Alle Rechte vorbehalten

      Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

      Herstellung: Julia Franze

      E-Book: Mirjam Hecht

      Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

      unter Verwendung eines Fotos von: © aedo976 / stock.adobe.com

      ISBN 978-3-8392-7008-0

      Widmung

      Für meine Schwester Barbara

      Vers

      Nicht die Dunkelheit

      musst du fürchten.

      Sondern das, was darin lauert.

      0

      Der Zentrale Wetterdienst gibt eine Unwetterwarnung für den gesamten Norden des Landes aus. Im Laufe des Tages ist mit enormen Schneemengen und schweren Stürmen zu rechnen. Von heftigen Verwehungen und Baumbrüchen ist auszugehen, weshalb mit Problemen auf Straßen, Bahnlinien und in der Stromversorgung gerechnet wird. Es wird dringend empfohlen, zu Hause zu bleiben und unnötige Wege zu vermeiden.

      1

      Seltsam, denke ich, als ich es kurz vor Mitternacht endlich nach Hause geschafft habe. Ich bleibe noch einen Moment lang im Wagen sitzen und betrachte durch das dichte Schneetreiben hindurch unser Haus. Kein Licht in den Fenstern, nicht einmal im Schlafzimmer. Kein Kerzenflackern, nichts. Dabei ist es noch keine Viertelstunde her, dass ich während der Heimfahrt mit Natalie telefonierte und sie mir versicherte, noch nicht müde zu sein und auf mich warten zu wollen.

      Ich hätte am Morgen auf sie hören sollen. Aber wie so oft glaubte ich, es besser zu wissen.

      »Du hast doch selbst gehört, dass der Schneesturm richtig heftig werden soll«, lag sie mir in den Ohren.

      Ich stand vor dem Spiegel im Flur, hatte die Zunge in den Mundwinkel geschoben und war voll und ganz auf meinen Krawattenknoten konzentriert.

      »Tim!«

      »Was denn?«

      »Hörst du mir überhaupt zu?«

      »Mist!« Ich löste den missratenen Knoten und startete einen neuen Versuch. Jeden Morgen dasselbe.

      Ich bin nicht blöd, wirklich nicht. Kreuzworträtsel und Sudokus löse ich schneller als jeder andere, den ich kenne. Ich bin kein begnadeter Koch, aber ein guter. Von meinem Meeresfrüchte-Risotto schwärmen alle, die es einmal probiert haben. Ich denke, ich bin durchaus kreativ und auch handwerklich nicht gerade unbegabt. Parkettböden verlegen, kleinere Elektroinstallationen oder Tischlerarbeiten – alles kein Problem.

      Aber Krawatten binden bekomme ich einfach nicht auf die Reihe. Schon gar nicht unter Zeitdruck. Ich hätte längst auf dem Weg ins Büro sein müssen.

      »Kannst du mich bitte nicht ignorieren!«

      »Es wird schon nicht so schlimm werden«, versuchte ich sie zu beruhigen.

      Ich zog den Knoten stramm. Kein Meisterstück, aber besser würde ich ihn wohl nicht mehr hinbekommen.

      »Der ist schief«, kommentierte Natalie das Offensichtliche.

      »Ich weiß, aber ich muss jetzt los.«

      Ich hetzte in die Küche, um noch einen letzten Schluck meines längst kalt gewordenen Kaffees zu nehmen.

      Natalie folgte mir. »Du solltest wirklich nicht …!«

      »Bitte, mach dir keine Sorgen.«

      »Tu ich aber.«

      Ausgerechnet in diesem Moment drang die erneute Berichterstattung über die zwei Flüchtigen aus dem Küchenradio:

      Trotz zahlreicher Hinweise aus der Bevölkerung dauert die Suche nach den entflohenen Mördern nun schon den dritten Tag an. Die Polizei, die weiter mit einem Großaufgebot im Einsatz ist, mahnt zur besonderen Vorsicht. Die beiden gelten als äußerst gewaltbereit. Zudem wird befürchtet, dass sie bewaffnet sind. Die Ermittler bitten, Hinweise zum Aufenthalt der Flüchtigen sofort der nächsten Polizeidienststelle zu melden und auf keinen Fall …

      Natalie würgte den Nachrichtensprecher ab.

      Über den Ausbruch zweier Insassen einer knapp zehn Kilometer entfernten Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher wurde mittlerweile landesweit berichtet. Die ganze Gegend war in Aufruhr, eine Hundertschaft der Polizei pausenlos im Einsatz.

      Natalie und ich hatten uns davon eigentlich nicht verrückt machen lassen wollen. Aber vorgestern konnten selbst wir uns der Aufregung nicht länger entziehen. Stundenlang war das Rattern eines Polizeihubschraubers zu hören, der am Horizont seine Runden drehte. Später sahen wir in etwa einem Kilometer Entfernung einen Trupp mit Hunden ein Waldstück absuchen, und uns beiden lief ein kalter Schauer über den Rücken, als der Wind deren Gebell bis zu uns getragen hatte.

      Doch die Suche blieb erfolglos. Von dem 50-jährigen Mann und seiner 45-jährigen Lebensgefährtin – beide wegen mehrfachen brutalen Mordes und schwerer Körperverletzung verurteilt – fehlt bis heute jede Spur.

      Heute