Werner Rügemer

BlackRock & Co. enteignen!


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      Aber das ist noch immer nicht das ganze Bild der hochprofessionellen, kriminogenen Vetternwirtschaft im heutigen BlackRock-Kapitalismus.

      Denn die Banken geben die Kredite aufgrund der BonitätsEinstufung durch die staatlich eingesetzten Rating-Agenturen. Bei Wirecard war es die zweitgrößte der US-Ratingagenturen, Moody’s: Sie vergab gegen ein Millionenhonorar das Rating.

      So stufte Moody’s auch noch mitten in der Betrugs-Hochkonjunktur im August 2019 Wirecard mit »Investment Grade« Baa3 ein: Diese uneingeschränkte Kreditwürdigkeit war der Start für die Kreditgeber Deutsche Bank, ING und Crédit Agricole. Sie legten für Wirecard nochmals eine 500 Millionen-Anleihe auf. Wie hieß es doch so schön in dem hochprofessionellen Rating-Geplapper: Das Baa3-Rating »spiegelt Wirecards führende Rolle auf dem Zahlungsabwicklungsmarkt insbesondere in Europa und in den stark wachsenden asiatischen Märkten. … Stabiler Ausblick und erwartetes starkes Wachstum.«5

      Und wem gehört der Betrugsgehilfe Moody’s? Die Eigentümer sind, in dieser Reihenfolge: Berkshire Hathaway, die Holding des beliebten Großspekulanten Warren Buffett, dann folgen Vanguard und, offenbar unvermeidlich, BlackRock. Natürlich ist BlackRock auch Großaktionär bei Berkshire Hathaway, und Vanguard ist Aktionär von BlackRock.

      Und bekanntlich oder schon vergessen: Moody’s gehörte mit den beiden anderen Ratingagenturen Standard & Poor’s und Fitch zu den Verursachern der letzten Finanzkrise, mit den betrügerischen Gefälligkeits-Ratings für Spekulationspapiere.6 Gekaufte, betrügerische Ratings gehören zum Geschäft, und BlackRock & Co. sind Eigentümer und Auftraggeber solcher Betrüger, auch ungebrochen nach der Finanzkrise.

       Die Wirtschafts»prüfer«: Ernst & Young (EY)

      Der Wirtschafts»prüfungs«konzern Ernst & Young (EY) hat bis einschließlich der letzten veröffentlichten Wirecard-Bilanz 2018 immer auftragsgemäß und mit zweistelligem Honorar bis zum letzten Testat nie etwas vom Betrug gemerkt. Deshalb merkte auch die staatliche Finanzaufsicht BaFin nichts: Deren Mitarbeiter waren ja auch während der Dienstzeit vielfach damit beschäftigt, mit Wirecard-Aktien zu spekulieren.

      Eine jahrzehntelange Schleimspur des Testierens von Betrug zieht dieser Wirtschafts»prüfungs«konzern EY hinter sich her: zum Beispiel den Betrügern der Wall Street-Bank Lehman Brothers, Auslöser der Finanzkrise 2008, hat EY bis zum bitteren Ende die Buchhaltung und die Geschäftsberichte als korrekt testiert. Schon vergessen? Und nur zum Beispiel in Deutschland, was mal ein ganz großer Skandal war: Auch die Betrügereien bei der dann insolventen Einzelhandelskette Schlecker: EY war der Wirtschafts»prüfer«.

      Und die Großaktionäre von Wirecard, also Goldman Sachs, Société Générale und BlackRock & Co. beauftragten niemand anders als EY als Wirtschafts»prüfer« bei Wirecard! Und sie beauftragen EY auch in Hunderten von Unternehmen, in denen sie Großaktionäre sind.

      Nur als kleine Ergänzung: US-Präsident Donald Trump berief nach seiner Wahl den Weltchef von EY, Mark Weinberger, ebenso wie den BlackRock-Chef Fink in seinen Business Council.

       BlackRock: Spekulation mit Wirecard-Aktien

      Für BlackRock & Co. sind Aktien ein wichtiges Mittel der Spekulation. Diese neuen Investoren holen ihre Gewinne weniger durch möglichst hohe Gewinnausschüttungen (Dividenden), sondern durch den ständigen Handel mit ihren Aktien. Auf jede Bewegung des Aktienwertes – etwa ausgelöst durch Erfolgsmeldungen, durch ein neues Rating, auch durch Betrugsvorwürfe – wird spekuliert, durch Kauf und Verkauf der Aktien, gesteigert durch Leerverkäufe, durch Wetten auf die Aktienwertentwicklung mithilfe von Derivaten. Der Wert der Wirecard-Aktie schwankte spätestens ab 2015 – ausgelöst durch Berichte über dubiose Geschäftspraktiken – spekulationsfördernd zwischen 199 Euro und 0,25 Euro.

      BlackRock hat immer wieder seinen Wirecard-Bestand an Derivaten und am Indexfond ETF erweitert und verkleinert. So war es beim zeitweiligen Kursrückgang im Februar 2019: BlackRock baute seinen Aktienanteil von 5,92 auf 4,42 Prozent ab, erhöhte aber die Derivateposition auf 1,47 Prozent, »was durch eine Leihe erklärbar ist. … Selbiges ist bei etwaigen Mittelabflüssen aus den BlackRock-ETFs der Fall.«7 Dann ein Jahr später: »Großaktionär BlackRock hat zum dritten Mal in diesem Jahr seine Aktien-Position beim Payment-Anbieter Wirecard meldepflichtig verändert.«8 So änderte sich der Aktienanteil von BlackRock oft täglich und schwankte zwischen 1 und 5 Prozent.

      BlackRock führt in diesem Geschäftsfeld, aufgrund seiner einzigartigen Stellung als Vielfach-Insider (hier in Wirecard, dessen Kreditgebern und Mitaktionären, bei der Ratingagentur Moody’s), auch mithilfe der roboterisierten, algorithmisierten Spekulation. Dazu setzt BlackRock seine Tochtergesellschaft ALADDIN ein, die größte Maschine der westlichen Welt zur Erfassung und Verwertung von Finanz- und Unternehmensdaten im Nanosekundenbereich – da kommt keine Finanzaufsicht mit, schon gar nicht die deutsche BaFin, wie sich im viel kleineren Fall der Lufthansa zeigte, wo BlackRock die Meldepflichten verletzte und lässig ein Millionen-Bußgeld zahlte.9

       BlackRocks Wirecard-Aktien in Finanzoasen

      Nur nebenbei, auch vielleicht als ebenfalls noch nicht gestellte Frage an die aufgeregten fleißigen Aufklärer im Deutschen Bundestag, damit das Bild in etwa komplett ist:

      BlackRock hat die zum 2.7.2020 gemeldeten 5,57 Prozent seiner Wirecard-Aktien auf etwa 130 Briefkastenfirmen in einem Dutzend Finanzoasen zwischen den Cayman Islands und Luxemburg verteilt. BlackRock selbst gibt in dieser Meldung seinen juristischen und Steuersitz in der größten Finanzoase der westlichen Welt an, in Wilmington im winzigen US-Bundesstaat Delaware.

      Und Delaware steht nicht auf der von der EU erstellten schwarzen Liste der Steueroasen.

       Moderne Korruptis schauen weg: Finanzminister, Finanzaufsicht, Staatsbank, Landesbank

      BlackRock & Co. bleiben ungenannt, weil diese kriminogene Vetternwirtschaft umso leichter funktioniert, weil die Regierungen, die »zuständigen« staatlichen Behörden nicht nur »zusehen« oder »wegsehen«, wie es oft verharmlosend heißt.

       Moderne Korruption: Ohne Bestechungsgelder

      Nein, beginnend bei der langjährigen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihren Finanzministern, also Peer Steinbrück (SPD), Wolfgang Schäuble (CDU) und Olaf Scholz (wieder SPD): Sie waren und sind Wirecard-Komplizen, MittäterInnen: Sie sind Korruptis im modernen Sinne – sie brauchen (vermutlich) nicht mehr wie früher durch geheime Spenden bestochen zu werden; nein, sie haben sich der Macht der Kapitalmächtigen gebeugt, haben sich darin eingerichtet, werden von den Kapital-Medien gelobt und simulieren eigene Überzeugung:

      –Die führende deutsche »Unsere Werte«-Propagandistin, Bundeskanzlerin Merkel, warb beim Staatsbesuch in China für die Zulassung Wirecards in der Volksrepublik – im »bösen« China, wo die Kanzlerin doch sonst mehr oder weniger heftig »Menschenrechtsverletzungen« anprangert. In Peking las Merkel vor der chinesischen Führung zur Werbung für Wirecard von ihrem Spickzettel ab, den ihr der betrügerische Ex-Wirtschafts- und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg aus den USA vor der Reise über das Kanzleramt hatte zukommen lassen.

      –Bis heute ist ungeklärt, ob Finanzminister Olaf Scholz als früherer Erster Hamburger Bürgermeister der altehrwürdig eingesessenen Hamburger Cum-Ex-Betrüger-Bank Warburg Millionen an nachzuzahlenden Steuern erließ.

      –Scholz bereitete die Rettung der Landesbank HSH Nordbank vor: Die war durch betrügerische Spekulationen eigentlich insolvent. Aber Scholz setzte mit über 5 Mrd. an Staatshilfen die staatliche Rettung durch – das hatten die US-»Heuschrecken« Cerberus und Flowers zur Bedingung gemacht, um die HSH gnädigerweise zum Schleuderpreis aufzukaufen.10 Mit diesem Tabubruch der ersten Privatisierung einer öffentlichen Landesbank