machten, einigten wir uns darauf, dass Johnny diese Chance wahrnimmt und mir so viel wie möglich vom Erfahrenen und Erlernten weitergibt.
Unser größtes Anliegen war es, wie schon erwähnt, uns und unsere Kinder, im Besonderen Kilian, so natürlich wie möglich zu ernähren. Mir war es besonders wichtig dies ohne Druck zu tun. Selbstversorgung bedeutet für uns, alles was uns mit unseren Ressourcen an Zeit, Energie, Kreativität, Wissen, Erfahrung und Finanziellem zur Verfügung steht für uns als Gruppe einzusetzen, um möglichst unabhängig von großen Konzernen zu sein. Recht schnell ließ sich ein weiteres Lebensprinzip für uns daraus ableiten:
ERFAHRUNG 6:
„Selbstversorgung heißt sich an die Gegebenheiten anzupassen und mit anderen (Mensch, Tier, Pflanze, Wasser, Erde) in Beziehung zu treten.“
Die größte Unabhängigkeit und die größte finanzielle Einsparung erreiche ich dann, wenn ich mein Obst, Gemüse, meine Kräuter und gegebenenfalls meine tierischen Produkte selbst vorziehe bzw. herstelle.
In unserem Innenhof in Oberösterreich begann Johnny eine kleine Gartenanlage im Kreislauf mit der Natur zu gestalten. Ich nannte sie liebevoll das „1. Permakultur-Minimundus“ (beschrieben in der 1. Auflage des Buches „Jedem sein Grün“). Auf einer Fläche von ungefähr 50 m2 entstand eine Gartenlandschaft, die die Sandkiste der Kinder gleich inkludierte. Ein Pyramidenbeet für Gemüse, ein Kräuterhügel, ein Mini-Teich für unsere tierischen Helfer, die Laufenten, ein bepflanzter „Jakob-Zaun“ (das war jener Zaun, der vor allem unseren Jüngsten vor den Autos, die in den Hof fuhren, schützen sollte) sowie eine Bepflanzung des Sandkistenrandes und damit die Begrünung der Stadelwand mit Paradeisern (Tomaten) waren Teil des Konzeptes.
Einfach genial, wie alles funktionierte! Von Anfang an wuchsen die Pflanzen in bunter Mischkultur mit Sonnenblumen, Radieschen, Salaten, Karotten, Rüben und Co. Die Laufenten fungierten als Schneckenfresser …
Wir waren begeistert und unsere Kinder halfen beim Ernten und Verarbeiten fleißig mit. Jetzt nach all den Jahren sind die Jungs Teil des „Permakultur-Wildniskultur-Arbeitsteams“ und arbeiten weitgehend selbstständig bei der Vorzucht der Pflanzen, beim Anlegen von Beeten, beim Bewirtschaften eben dieser und auch bei der Verwertung der Früchte.
Unser Pyramidenbeet
Entenküken in der angelegten Lacke, Bachmanning, Oberösterreich
Kräuterhügel im Innenhof, Bachmanning, Oberösterreich
Durch unser „Permakultur-Minimundus“ erfuhren wir Folgendes:
ERFAHRUNG 7:
„Nachhaltiges Gärtnern und Landwirtschaften heißt Kreisläufe zu installieren oder zu bewahren!“
Die Besonderheit der Kreislaufwirtschaft liegt in der Vielfachwirkung der einzelnen Elemente und darin, dass diese Elemente zusammenhängen: Das Wasser steht im Zentrum. Ein Wasserretentionsbecken liefert Feuchtigkeit – sowohl unterirdisch als auch oberirdisch durch morgendliche Taubildung. Dadurch ist für einen ausreichenden Temperaturausgleich gesorgt. Dadurch braucht der Garten, außer in extremen und langen Dürreperioden, nicht gegossen zu werden. Die Pflanzen entwickeln durch das fehlende „Verhätscheltwerden“ tiefe Wurzeln, sie werden stark und unabhängig. Diese Pflanzen wiederum entwickeln einen hohen Grad an Mineralstoffen, Vitaminen, Spurenelementen usw., die wiederum von uns Menschen gut aufgenommen werden (Bioverfügbarkeit). Ihre Samen haben großes genetisches Potential und werden, wenn sie reif sind, geerntet und dienen im nächsten Jahr als Saatgut für den Garten bzw. die Landwirtschaft.
Allein hier in dieser Schilderung habe ich schon wichtige Kreisläufe beschrieben und du siehst: Alles hat einen Mehrfachnutzen!
ERFAHRUNG 8:
„Gießfreie/gießarme und arbeitsextensive Gärten sind das Ziel und möglich!“
ERFAHRUNG 9:
„Das Planen eines Kreislaufgartens ist notwendig und sinnvoll!“
Wenn du die Möglichkeit hast, deinen Garten zu gestalten, empfehlen wir dir eine sorgfältige Planung. Glaube uns, die macht sich bezahlt! Ein gut durchdachtes Wegesystem erleichtert dir zum Beispiel das Arbeiten und Ernten. (Details dazu, wie du einen nachhaltigen Kreislaufgarten planen kannst, erfährst du im Kapitel: „Die Wichtigkeit des großen Ganzen“)
Die Ausbildung zum „Permakulturpraktiker“ inkludierte auch eine längere Reise nach Spanien zu einigen von Sepp Holzer groß angelegten Permakulturlandschaften. Das dort Erlebte und Gesehene beeinflusste Johnny sehr. Er sah unglaubliche Trockenheit und das Sterben der uralten Stein- und Korkeichen. Parallel dazu wurde das „Wunder Permakultur“ durch die Holzer’schen Projekte sichtbar. Durch die Schaffung von großen Seen und Teichen und die Bepflanzung in Mischkulturen konnte er richtiggehend fühlen, wie sich Fauna und Flora langsam erholten. Auch nach Abschluss der Ausbildung begleitete Johnny Sepp Holzer auf Beratungen, oft gemeinsam mit unserer Kollegin Judith Anger. Diese gründete den Verein „PermaVitae“, bei dem wir sofort Mitglieder wurden und bis heute im Vorstand tätig sind.
Nachdem Johnnys Erzählungen so eindringlich waren und wir uns immer tiefer in die Materie eingelesen und eingelebt hatten, war klar: Juhuuu, Johnny hat seine Berufung gefunden! Er IST Permakulturpraktiker und wird sich damit selbstständig machen, um die Zeit zu haben, sich ganz der Materie hinzugeben und möglichst viele Menschen zu erreichen. Denn wir sind überzeugt: Mit dieser Art des natürlichen Kreislaufwirtschaftens können wir unser Klima und damit die Welt retten!
Sein technisches Studium und generell seine Liebe zur Mathematik und den Naturwissenschaften kamen ihm bei seinem Unterfangen sehr gelegen. Er entwickelte über die Jahre ein Gespür für die Landschaft, das mich, wenn ich ihn zu Beratungen begleite, jedes Mal wieder fasziniert. Er wurde zum „Landschaftsleser“! Natürliche Zusammenhänge zu erfassen fällt ihm ganz leicht. Dazu erkennt er auch die Möglichkeiten, karge, kranke, unrentable oder einfach brachliegende Grundstücke zu vielfältigen, lebenden Paradiesen zu gestalten und kann diese Vorstellungen aufgrund seines technischen Verständnisses auch in die Praxis umsetzen. Mittlerweile hielten tonnenweise Bücher über Pflanzen, Holzbauten, Teichbauten, Weidenbauten, Mischkultur usw. in unsere Bibliothek Einzug und wurden von ihm alle gelesen und studiert. Natürlich brauchten wir auch den nötigen Platz, um alles auszuprobieren. Der war in unserem Innenhof nicht mehr gegeben. Daher suchten wir einen neuen Lebensraum, um das Erfahrene nicht nur für Kundinnen und Kunden, sondern auch für uns als Familie anzuwenden.
Es traf sich daher recht gut, dass Johnny und Judith einen Großgrundbesitzer kennenlernten, der in der Steiermark, genauer gesagt in unserem derzeitigen Heimatort Übelbach, ein großes Permakulturprojekt umsetzen wollte. So fuhren wir immer wieder in die Steiermark und nahmen auch die Jungs mit, um einander kennenzulernen und Planungsschritte einzuleiten. Nach einiger Zeit beschlossen wir, bis zur vollkommenen Umsetzung des Projektes ein Haus mit großem Garten in Übelbach zu mieten. Gesagt, getan! Die Jungs liebten ihr neues Zuhause am Waldrand, den Bach, der in direkter Nachbarschaft war, und unsere Nachbarn wurden schon bald zu unseren Freunden. Alles bestens, so sollte man meinen. War es auch, bis auf die Kleinigkeit, dass das Projekt nur sehr, sehr zögerlich in Angriff genommen wurde und wir meinten, dass die Herangehensweise eher für alleinstehende Studenten als für eine Familie mit drei Kindern passte. Bis wir dahinterkamen, dass dieses Projekt in seiner Dynamik nicht zu uns passte, gefiel es uns aber schon so sehr in unserem neuen Zuhause, dass wir nicht mehr wegwollten.
Beseelt