Hanna Molden

Der Jahrhundertelefant


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entdeckt die Mia, als es Abend wird. „Mein Gott, Bub, was ist denn in dich gefahren? Das krieg’ ich jetzt nimmer weg“, jammert sie. „Das musst du schon der Mama beichten …“ Fritz schüttelt heftig den Kopf. „Dann muss ich es ihr sagen“, droht die Mia. Oje. Sehr schlecht. Die Mama wird so lange fragen, bis er die Wahrheit sagen muss. Schluss mit Geheimnis. „Bitte, Mia, sag’s nicht der Mama, es ist … ein Geheimnis“, fleht er. Die Mia ist auch eine von denen, die mit dem Herzen hören und mit ihren wunderschönen Schwarzkirschenaugen in Kinderseelen hineinsehen kann. „Ist es ein helles Geheimnis oder ein dunkles?“, fragt sie den Fritz. „Ein ganz helles“, sagt der Bub – und seufzt erleichtert auf, als die Mia sagt: „Na gut, dann kannst du es behalten.“

      Und dann ist es Ende Mai geworden. Im Garten beginnen die Rosen zu blühen, der Flieder ist fast hinüber. Wenn er abblüht, der Flieder, riecht er besonders stark und süß. Der Fritz beugt sich weit aus dem Fenster, schnuppert in den Abend und lauscht. Der Otto ist irgendwo in Döbling mit dem Fahrrad unterwegs, aus der Küche hört man Teller klappern, sonst ist es still. Bald müsste man Papas Schritte in der Einfahrt hören. Heute ist ja der Tag, an dem ein Brief vom Jakob gekommen sein könnte. Hat der Papa in Aussicht gestellt. Weshalb der Fritz ohne Widerrede die Abendwäsche und das Zähneputzen hinter sich bringt und sich ohne Ermahnung mit einem Bilderbuch in sein Bett verzieht. Was wiederum die Mia erstaunt.

      „Hast was angestellt?“, fragt sie.

      „Iiiich?“ Wenn der Fritz das „i“ ganz, ganz langzieht, fangt die Mia meistens an, nach Missetaten zu forschen. Heute forscht sie nicht, heut’ muss sie heimlich lachen. Und geht. Warum? Wer weiß …

      Da! Papas Schritte auf der Stiege. „Guten Abend, Herr Doktor.“ Das ist die Juli.

      Türengeklapper. Am Ende geht der Papa gleich zur Mama? Nein, die Parketten krachen, er kommt näher. Die Tür geht auf, da steht er, schmunzelt und klopft auf sein Sakko. Ja! Der Brief ist da! Deutlich sichtbar ragt er aus der Rocktasche. Fritz holt tief Luft und atmet laut aus. Vor Erleichterung.

      „Ist er lang, der Brief, Papa?“

      Der Vater holt den Brief aus der Tasche, entrollt ihn und zählt die Blätter.

      „Sehr lang. Fünf Seiten“, sagt er und setzt sich auf Ottos Bett, das dem von Fritz gegenübersteht. Der Otto hätte zwar schon gern sein eigenes Zimmer, die Wohnung der Eltern ist nämlich groß, ein ganzes Stockwerk groß, und ein eigenes Zimmer für Otto ginge sich locker aus, aber die Eltern finden, das sei nicht notwendig.

      „Also“, sagt der Fritz. Er sitzt quer auf seinem Bett, die Füße baumeln über den Bettrand, das Nachthemd ist ordentlich über die Knie gezogen, Fritz ist bereit.

      „Also was?“, fragt der Papa und schmunzelt.

      „Lies! Bitte!“ Irgendwie hat Fritz das Gefühl, dass der Papa das Lesen absichtlich hinauszögert. Das machen die Erwachsenen manchmal, wenn die Kinder besonders ungeduldig auf etwas warten. Den Erwachsenen scheint es Spaß zu machen. Weihnachten zum Beispiel. Da raschelt es hinter der verschlossenen Tür, ja ja, das Christkind ist da, aber man muss warten, vielleicht zündet es grade die Kerzen am Christbaum an, man muss warten, bis es fortgeflogen ist, weil die Kinder es ja nicht sehen sollen, wegen der Überraschung … Das kann endlos dauern. Aber dann geht die Tür auf und neben dem Christbaum stehen Papa und Mama …

      „Lies schon, Papa! Bitte!“

      Der Vater holt die Brille aus der Rocktasche, hält sie gegen das Licht, um zu sehen, ob sie nicht trübe ist, was sie nie ist, weil die Brillen des Vaters immer sauber sind, dann setzt er sie auf die Nase, streicht den Brief glatt, räuspert sich und beginnt endlich langsam, als hätte er Mühe, die Schrift zu entziffern, vorzulesen.

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