Wolf Dieter Blümel

Wüsten


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Niederschläge fallen, da die Evaporation in den kühleren Wintermonaten weit schwächer als zur Zeit der Sommerregen ausfällt. Bei den Binnenwüsten Asiens herrschen Sommerniederschläge vor. In manchen Bereichen gibt es geringe winterliche Schneerücklagen (Abb. 61, 62).

      Abb. 15

      Klimadiagramme unterschiedlicher subtropisch-randtropischer Wüsten- und Halbwüstenstandorte (klimaökologische Typen; Subzonobiome).

      Obere Reihe: Winterregengebiete.

      Zweite Reihe: randtropische Sommerregen.

      Dritte Reihe: unregelmäßige Niederschläge zu allen Jahreszeiten.

      Untere Reihe: nahezu regenlose Bereiche (veränd. n. Walter & Breckle 2004).

      Sieht man von den Hochgebirgswüsten ab, sind Regen, Nebel und Tau die bestimmenden Niederschlagsformen in den tropisch-subtropischen Wüsten; Schnee tritt nur einigen extremen Hochlagen auf. Selten wird die Nebelnässe oder der Tau in quantitative Angaben einbezogen, da sich diese meist nächtliche Feuchte am nächsten Tag rasch verflüchtigt und schwer messbar ist. Dennoch kommen diese beiden Benetzungsarten vor allem den Niederen Pflanzen wie Flechten und Algen und der Kleintier-Fauna zu Gute (Kap. 7.4). Aber auch manche höheren Pflanzen erhalten einen ökologischen Vorteil, indem Nebelnässe an der Pflanze kondensiert und äußerlich in den oberflächennahen Wurzelbereich abgeleitet werden kann.

      Foto 8

      Cumulonimbus-Wolke und Regenschauer über dem Namibrand (W Brandberg). Die Ausläufer monsunaler, konvektiver Luftmassen können örtlich heftige, geomorphologisch wirksame Niederschläge erzeugen.

      Die Spanne von Wüstenniederschlägen reicht von nahe Null in Teilen der südamerikanischen Atacama oder der Libyschen Wüste bis etwa 600 mm im südwestlichen Madagaskar (Evenari 1985). Letzteres mag erstaunen, wird aber mit der außerordentlichen Unregelmäßig der dortigen Regen begründet: In SW-Madagaskar gibt es Jahre, in denen der Jahresniederschlag innerhalb eines Monats in heftigen Schauern niedergeht und rasch abfließt. Trotz der relativ großen Menge resultieren wüstenhafte Landschaftsverhältnisse. Die mittlere Höhe der Niederschläge ist folglich nicht allein entscheidend, welcher ökologische Zustand in der betroffenen Region resultiert.

      Hervorstechendes Niederschlagsmerkmal heißer Wüsten ist eine extreme raum-zeitliche Niederschlagsvariabilität. Da Regen meist in Form von Schauern fallen, bedeutet dies starke interannuelle Schwankungen und Unregelmäßigkeiten bezogen auf die Niederschlagsquantität, -intensität und ihre konkrete räumliche Verteilung (Abb. 16-19; Foto 8). Vorhersagen oder zeitlich-statistische Berechenbarkeit scheiden weitgehend aus – ein charakteristisches Wüstenmerkmal. Aufgrund ihrer oft hohen Intensität (Menge pro Zeit) sind die typischen Schauerniederschläge in Wüsten trotz ihres episodischen Auftretens geomorphologisch sehr wirksam und nicht selten zerstörerisch (Abb. 18, 42; Fotos 43, 46).

      Abb. 16

      Farm Samara (Namib-Ostrand südlich Solitaire): Nach den Aufzeichnungen des Farmers fallen hier im langjährigen Mittel etwa 100 mm N/Jahr. Abgebildet sind die täglichen Niederschläge in zwei aufeinanderfolgenden Regenzeiten – ein typisches Beispiel für zeitliche Variabilität in Wüstenmilieus (interannuelle Schwankungen): 1972/73 fiel lediglich ein Siebtel des Niederschlags von 1973/74. Es regnete nur an fünf Tagen, während im Jahr darauf über vier Monate verteilt immer wieder Regen fiel und eine außergewöhnlich hohe und dichte Grasdecke erzeugte (veränd. n. Hüser 1977).

      Dies trifft sowohl auf die von der außertropischen Zirkulation beeinflussten Räume Asiens, die subtropischen Winterregengebiete (z. B. nördliche Sahara, südliche Namib) wie auch für die tropisch-monsunalen Bereiche (südliche Sahara, mittlere und nördliche Namib) zu. Dabei gilt: Je niedriger der Jahresniederschlag, desto größer ist die Variabilität. Gerade bei den Wendekreiswüsten (Kap. 4.1) lässt sich klarmachen, woher die hohe raum-zeitliche Variabilität rührt. Hier überlappen sich an ihren Rändern zwei zirkulatorische Großsysteme – die durch saisonal wandernde Tiefdruckgebiete mit Kaltfronten gesteuerte subtropische Winterregendynamik und die durch die innertropische Passatkonvergenz (ITC) hervorgerufenen, durch den Zenitstand der Sonne ausgelösten Sommerregen (Zenitalregen).

      Das Beispiel Australiens als sogenannter Kontinent der Wüsten macht dies ebenfalls deutlich. Bei der aktuellen geographischen Lage Australiens laufen – grob vereinfacht – beide genannten Niederschlagsregime aus und sind nur noch wenig ergiebig. Die betroffenen Gebiete profitieren weder aus der Winterregen- noch aus der Sommerregendynamik in verlässlicher Weise. Gerade in den Grenzbereichen von Zirkulationssystemen ist also die Variabilität besonders ausgeprägt. Das gilt für die Vollwüsten und wird in besonderem Maße in den Halb-/Randwüstenbereichen spürbar, wo der Mensch versucht, Nomadismus oder (extensive) Weidewirtschaft zu realisieren (Abb. 17). Das Dürrerisiko mit seiner existentiellen Bedrohung verhindert aber eine berechenbare Einbeziehung marginaler Trockenräume in das Wirtschaftssystem der Region. Der Süden und Südwesten Namibias steht als ein solches Beispiel für eine hochvariable Grenzsituation zweier Niederschlagssysteme.

      Abb. 17

      Variabilität der Niederschläge in der Dornstrauchsavanne des Damaralandes/Namibia. Die Station Khorixas erhält durchschnittlich 200 mm N/Jahr. Dennoch beträgt die jährliche Abweichung vom langfristigen Mittel oft mehr als 50 % von einem Jahr auf das andere (n. Jacobson et al. 1995).

      In orographischen Wüsten (Leeseiten-Wüsten) mit weniger komplexen Rahmenbedingungen wie beispielsweise die Mojave und das Tal des Todes (Kalifornien) ist der Grad der Abweichung geringer. Hier sind es oft wiederkehrende Westwindlagen und Fronten, die mit ihren im Lee absteigenden Luftmassen gesetzmäßig zur Wolkenauflösung führen. Dieser Zustand tritt statistisch regelmäßiger ein; an den Rändern eines großen Zirkulationssystems dagegen ist die Niederschlagshöffigkeit bzw. die Intensität der Lufttrockenheit deutlich unsteter.

      Wüsten zeigen generell einen mittleren jährlichen Bewölkungsgrad von weniger als 30 %, regional auch <20 %. Es ist der niedrigste Wert aller Ökosysteme; hierbei ausgenommen sind die Nebelwüsten an den Westküsten der Kontinente. Die ungehinderte Einstrahlung sorgt für starke Lufterwärmung und häufig heftige thermische Konvektion. Wegen der stabilen Luftschichtung in Hochdruckgebieten sind Niederschläge selten, zumal die Wüstenluft ein hohes Sättigungsdefizit hat.

      In den Trockengebieten, insbesondere in den Vollwüsten, ist die Aussage von Jahresmittelwerten des Niederschlags als Kennzeichnung des klimatisch-hydrologisch-ökologischen Systems äußerst unzureichend. Die Feststellung des Durchschnitts für die Sahara mit <50 mm/Jahr vermittelt keine Vorstellung über die Gewalt episodisch abkommender Wadis oder von Schichtfluten an Hängen. Niederschläge fallen gewöhnlich als lokale, heftige Schauer.

      Abb. 18

      Exzeptionelle Starkregen fielen im Herbst 1969 in Maknassy (Tunesien) und verursachten beträchtliche Erosionsprozesse. Im September fiel an einem Tag etwa das 1,5fache, am 7. Oktober das 4,5fache des langfristigen Jahresmittels (n. Giessner 1988).

      Der oft kolportierte Spruch, dass in der Wüste mehr Menschen ertrinken als verdursten, hat durchaus seine Berechtigung. Derartige Aussagen machen die Dynamik und Intensität einzelner Starkregenereignisse sowie die resultierende Transport- und Erosionskraft des betroffenen Flusslaufs eher vorstellbar. Dazu einige Zahlenangaben: Aus der Tharr werden 500 mm, aus Australien 100 bis 300 mm Regen an einem Tag gemeldet. In der Sahara wurde ein Starkniederschlag