Wolf Dieter Blümel

Wüsten


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Themen und Fragestellungen einzudringen, verlangt eigene Literaturstudien.

      Dank

      Mein besonderer Dank gilt Frau Dipl.-Geogr. Bettina Allgaier für die engagierte Anfertigung zahlreicher Abbildungen, Dr. Ingrid Stengel (Windhoek) für die Bearbeitung einiger Satelliten- und Luftaufnahmen, Prof. Dr. Helga Besler (†), PD Dr. Stefan Kröpelin und Prof. Dr. Michael Succow für einige Fotobeiträge, Prof. Dr. K. Gießner für Grafik- und Datenunterlagen. Herrn Dipl.-Geogr. Bernhard Jakob bin ich für seine EDV-technische Unterstützung, den ehemaligen studentischen Hilfskräften Beate Fleischer und Julia Stahl für vorbereitende Literaturrecherchen sehr dankbar. Frau Sabine Mann, Antje Munk und Herrn Jürgen Sprenzel vom Verlag Eugen Ulmer danke ich für die redaktionelle Betreuung und für die technische Unterstützung bei der (foto)grafischen Ausstattung des Buches, Herrn Bernd Burkart für das Layout.

      Der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) sei gedankt für die Unterstützung zahlreicher Forschungsaufenthalte in heißen Wüsten wie auch in den Kältewüsten beider Polargebiete. Die Gesellschaft für Erd- und Völkerkunde zu Stuttgart e.V. (GEV) bewilligte großzügig zwei Untersuchungen zu vorzeitlichen Siedlungen in der Namib-Wüste. In diesem Kontext gebührt den Kollegen Prof. Dr. Klaus Hüser, Prof. Dr. Bernhard Eitel und AOR Dr. Joachim Eberle zutiefst Dank für viele gemeinsame Geländekampagnen und die dabei erfahrene Kameradschaft.

      Wolf Dieter Blümel

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      2 Wüste: Kennzeichen, Begriffsinhalt, Differenzierung

      Kaum ein Landschaftstyp ist begrifflich so widersprüchlich belegt wie die Wüste: Öd und leer, monoton, nutzlos, lebensfeindlich, bedrohlich, erbarmungslos … Die Wüste als horror vacui – als der Schrecken der Leere – ist wohl eher eine europäisch-abendländliche Sichtweise. Wüstenbewohner wie die Hirtennomaden sehen sie anders: als Raum der Ungebundenheit, des freien Lebens, des Glücks. In Anbetracht der zunehmenden Attraktivität von Wüsten als Reiseziel scheint sich jedoch der negative Begriffsinhalt stark gewandelt zu haben. Kennzeichnungen wie faszinierend, fremdartig, unendliche Weite, herausfordernd, hörbare Stille, berauschende Farben, bizarre Formen oder geschichtsträchtige Vergangenheit tragen zu einer weiteren Mystifizierung der Wüsten bei. Sie spricht Forscher, Bildungsreisende und Abenteurer ebenso an wie Esoteriker – biblische Berichte beschreiben die Wüste als Ort der Katharsis, der Meditation, der Erkenntnis.

      In Mitteleuropa ist die gängige Vorstellung von einer Wüste vornehmlich durch Berichte aus der Sahara oder dem Vorderen Orient geprägt, wobei weitgehende Vegetationsarmut sowie Sand und Dünen als Wesensmerkmale gelten. Dieses Bild ist ebenso einseitig wie der internationale Gebrauch der Bezeichnung „desert“ (Wüste) für eine Landschaft uneinheitlich und mehrdeutig ist. Der in Atlanten und Veröffentlichungen benutzte Begriff Wüste kann in der Realität völlig unterschiedliche Naturräume meinen: Wer seine Eindrücke einer Namib- oder Atacama-Reise mit der kalifornischen Mojave-Wüste vergleicht (Foto 1), wird letztere wohl kaum als typische Wüste ansehen. Es handelt sich bei der Mojave eher um eine Halbwüste, um eine Dornbusch- und Sukkulenten-Steppe. Sie erhält noch periodische Niederschläge, was den recht dichten Bewuchs erklärt. Ähnliches gilt für die Kalahari im südwestlichen Afrika: Sie ist gegenwärtig keine Wüste, sondern eine randtropische Dornbusch- oder Trockensavanne, die auf einem riesigen Längsdünenfeld stockt, dessen Aktivität als extreme Sandwüste vor etwa 10 000 Jahren endete (Blümel et al. 1998; Foto 59; Kap. 12.3). Australien gilt als der Kontinent der Wüsten – und der Reisende ist erstaunt, recht viel Bewuchs in Form von Büschen (scrub) oder Gräsern anzutreffen, dagegen wenig vegetationsarme oder -lose Gebiete (Kap. 14). Es fehlen also Voll- oder Extremwüstenstandorte nahezu vollständig.

      Foto 1

      Oben links: Extremwüste: Steinwüste (Hamada) in der chilenischen Atacama (Calama – Tocopilla). Der nahezu niederschlagslose Raum gehört zur weltweit extremsten Wüste.

      Oben rechts: Extremwüste: Sand-/Dünenwüste (Erg) der Mittleren Namib (Sossus-Vlei). Der Raum erhält weniger als 50 mm Regen und gelegentliche Nebelnässe.

      Unten links: Vollwüste: Diffuse Vegetation in der Nördlichen Namib. Hier fallen deutlich weniger als 100 mm Niederschlag im Jahr. Der weitständische Bewuchs steht für den Typ einer Vollwüste.

      Unten rechts: Halbwüste: Die Mojave-Wüste (Kalifornien) ist Teil der Großen Wüste im SW der USA. Sie entspricht aufgrund ihres sehr lückenhaften, aber vergleichsweise üppigen Bewuchses mit Creosote-Büschen (Larrea tridentata) und Kakteen dem Typ einer Halbwüste oder einer Wüstensteppe. Im Jahresmittel fallen 90 bis max. 150 mm Niederschlag bei 12 ariden Monaten.

      Viele Begriffsinhalte, Benennungen oder Abgrenzungen zum Thema Wüsten sind also subjektiv und regional unterschiedlich angewandt. Die Erklärung des uneinheitlichen Sprachgebrauchs liegt wohl in der Besiedlungsgeschichte der Neuen Welt und Australiens begründet: Der eingewanderte Ackerbauer aus dem feucht-klimatischen Zentral- und Westeuropa fand in der neuen Umgebung trockene Gebiete vor, die nicht unmittelbar – wie im Herkunftsland – und ohne Zusatzbewässerung unter den Pflug genommen werden konnten. Solche meist lückenhaft bewachsenen Lebensräume waren somit für ihn non arable land (dt. Ödland), von Natur aus nicht beackerungsfähig und wurden so als deserts bezeichnet (lat. desertus = verlassen). Aus der Sicht des europäischen Siedlers war derartiges Land ebenso nutzlos wie die wirklich sehr wenig bewachsenen, echten „öden und leeren“ Wüsten. Andererseits betrachteten die einheimischen Nomaden oder Jäger und Sammler in Nordamerika, Afrika, Arabien, Asien oder Australien solche vegetationsarmen, aber (zeitweilig) weidefähigen Wüstenrandgebiete als attraktive Räume freiheitlichen, ungebundenen Lebens.

      2.1 Merkmale zur Charakterisierung von Wüsten

      E. Kaiser verwies 1923 auf eine bereits lange geführte Diskussionen zum Begriff Trockengebiete bzw. zur Erläuterung des Phänomens Wüste. Er bezieht sich auf den Penck’schen Ariditätsbegriff (Trockengrenze): N – V < 0. Sobald langfristig die potenzielle Verdunstung (V) den Niederschlag (N) übertrifft, gilt der Naturraum als arid (Abb. 1). Seine Wasserbilanz ist negativ. Dies schließt aber nicht aus, dass kurzfristig viel Niederschlag fallen kann, teils mit katastrophaler Wirkung.

      Abb. 1

      Klimatische Trockengrenze/Ariditätsfaktor (n. Walter & Lieth):

      Den in diesem Text verwendeten sog. ökologischen Klimadiagrammen liegt das Verhältnis n = 2t (Niederschlag n in mm:Temperatur in °C = 1:2) zugrunde (s. Abb. 2). Es bietet eine Näherung zur Unterscheidung arider von humiden Monaten und damit zur groben klimatisch-ökologischen Charakteristik des zugehörigen Raumes.

      Abb. 2

      Bilma (Sahara/Niger; 18°41’ N/12°55’ E): Hyperaride Wüste mit monsunalen Sommerniederschlägen.

      Murzuk (Sahara/Libyen; 25°54’ N/13°54’ E): Hyperarid, mit akzentuierter Jahresamplitude und minimalen Winterregen.

      Swakopmund (Namib; 22°40’ S/14°32’ E) und Lüderitz (26°39’ S/15°9’ E): Extrem trockene, kühle Küstenwüsten mit häufigem Nebel und stark ausgeglichener Jahresamplitude. Lüderitz zeigt auch schwache Einflüsse von Winterregen aus dem Kap-Klima.

      Generell bedeutet Wüste im wissenschaftlichen Sprachgebrauch ein vegetationsarmes oder vegetationsloses Gebiet. Hitze und Trockenheit,