Matthias Haudel

Gotteslehre


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Gottes erwachsene Trinitätslehre „die unüberbietbare Lösung der Gottes- und Wahrheitsfrage“4 beinhaltet, eröffnet erst die Einsicht in das liebende Wesen des dreieinigen Gottes die Einsicht in das Wesen und die Bestimmung des Menschen sowie in den universalen Sinn der Geschichte. Des halb ist die leider oft zu beobachtende geringe Sprach- und Erklärungsfähigkeit in Bezug auf den dreieinigen Gott verhängnisvoll für Theologie, Kirche und Verkündigung, welche ihrem Auftrag dann nicht angemessen gerecht werden können. Die Kirche „verlöre […] ihr Sein als Kirche Jesu Christi, wenn sie die in dem Dogma formulierte Sache, die spezifisch christliche Gotteslehre, nicht mehr akzeptierte und überzeugend zur Darstellung brächte. Dafür ist die gelebte kirchliche Praxis mindestens genauso entscheidend wie die formale Rezeption der Symbola“5. Denn christlicher Glaube „ist ganzheitliche Bestimmtheit durch die Sanctissima Trinitatis“6. „Wir wissen daher für den Rest der Theologie nicht, worüber wir reden, bis das trinitarische Denken die ihm zukommende Stelle einnimmt.“7

      Daraus folgt, dass weder kirchliche Verkündigung noch religionspädagogische Vermittlung in der Schule auf die Verankerung in der trinitarischen Gotteslehre verzichten können, wenn sie die theologischen Themenstellungen in ihrer Bedeutung für die Herausforderungen des Lebens verstehen und vermitteln wollen sowie zum Dialog mit anderen Religionen und Weltanschauungen befähigen wollen. Dieser Band soll dazu beitragen, das zu ermöglichen.

      Weil sich THEO-LOGIE als Lehre von Gott mit dem Wesen und Handeln Gottes und der von ihm bestimmten Wirklichkeit befasst, ist die Gotteslehre für alle Gegenstände der Theologie grundlegend. Die Fundamentaltheologie klärt die Möglichkeiten angemessener und tragfähiger Gotteserkenntnis, während die Dogmatik das trinitarische Wesen Gottes mit seinen Implikationen für die Menschen, den Glauben, die Kirche und die Welt darlegt. Als Summe des christlichen Heilsmysteriums erschließt die trinitarische Gotteslehre so nicht nur die übrigen Traktate der Dogmatik, sondern auch alle anderen theologischen Disziplinen.

      Die Fundamentaltheologie hat zu klären, ob und wie tragfähige Erkenntnis Gottes möglich ist, und auf welche Weise sich die im Glauben vorfindlichen Phänomene angemessen mit der Erkenntnis Gottes verbinden lassen. Dabei geht es sowohl um die im Menschen angelegten Möglichkeiten der Gotteserkenntnis und der Gemeinschaft mit Gott (Anthropologie, Glaube und Vernunft) als auch um die Frage, ob und wie sich Gott in der Welt und der Geschichte selbst erschließt – und zwar in seiner Bedeutung für diese Welt. Erst vor diesem Hintergrund kann der Zusammenhang von Glaubensakt und -inhalt in seiner universalen Relevanz transparent werden.