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Glaube


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des Glaubens in der Systematischen Theologie theologiegeschichtlich vorwiegend in dem Raum seit Aufklärung und Idealismus über Neuprotestantismus, Dialektische Theologie, Dietrich Bonhoeffer bis hin etwa zur Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre von Katholischer Kirche und Lutherischem Weltbund. Hierbei verknüpft sie den Blick auf die jüngere Theologiegeschichte mit den in ihr zutage tretenden Problemkonstellationen des Glaubensverständnisses und trifft eigene Bewertungen: a) Glaube und Erkennen, Wissen, Verstehen; b) Glaube und Gefühl; c) Glaube, Religion und Offenbarung; d) der Glaube und sein Gegenstand; e) Gewissheit, Zweifel und Unglaube; f) die Passivität und Aktivität des Glaubens. Der Beitrag von Christiane Tietz setzt sich von solchen, nach ihrer Sicht reduktionistischen Entwürfen ab, die den Glauben auf den Glaubensvollzug beschränken, in denen sich das glaubende Ich in seinem Selbstverständnis beschreibt. Hiernach entsteht der Gottesgedanke gleichzeitig mit dem Glauben, ist diesem aber nicht vorgeordnet. Jesus Christus ist Vorbild solchen Glaubens, in ihm vergegenständlicht sich der Glaubensvollzug.

      |5|Jan Hermelink konstatiert in seinem praktisch-theologischen Beitrag zunächst, dass das Stichwort Glauben in der Fachliteratur nur selten thematisiert worden ist. Es begegnete allenfalls als die subjektive oder individuelle Seite der Religion. Praktische Theologie an sich hingegen basiert auf einem spezifischen, weiter gefassten Religionsbegriff. In einigen praktisch-theologischen Unterdisziplinen, in denen der Einzelne im Vordergrund steht, wird jedoch gegenwärtig wieder verstärkt nach dem Glauben gefragt: in der Religionspädagogik, in der Poimenik (Seelsorgelehre) und in der Aszetik (Theorie der Frömmigkeit). Der Beitrag geht dieser Thematisierung ausführlich nach und beschreibt innerhalb der Religionspädagogik den Glauben als spezifischen Lernprozess, innerhalb der Seelsorgelehre den Glauben als individuelle Erfahrung und persönliches Bekenntnis, innerhalb der Aszetik den Glauben als christlich transformierte Spiritualität. Es schließt sich ein Abschnitt an, der dem Glauben im populären Sprachgebrauch der Gegenwart nachgeht. Sodann wird in religionssoziologischer Perspektive der Glaube als radikal subjektivierte, dadurch zugleich intensivierte und erfahrungsbezogene Form religiöser Überzeugung beschrieben. Jan Hermelink geht abschließend auf das Werk des Berliner Praktischen Theologen Wilhelm Gräb ein, der einerseits eine Religionskulturhermeneutik vertritt, andererseits aber Glauben als notwendiges und normatives Gegenüber von Religion beschreibt. Im Rückblick erkennt Jan Hermelink, dass dem Glauben durchweg ein kritisches, ja antithetisches Moment gegen jeweils dominante wissenschaftliche Paradigmen oder auch gegen selbstverständliche Überzeugungen eignet. Dies wird vielleicht am ehesten erkennbar im Blick auf das Verhältnis der subjektiven, individuellen, auch auf persönlicher Erfahrung beruhenden Gestalt von Glauben im Gegenüber zu kirchlichen, dogmatischen und vermeintlich objektiven Lehrsätzen.

      Daniel Cyranka setzt mit einem Versuch ein, Glaube als Gegenstand der Religionswissenschaft überhaupt ausfindig zu machen. In einem ersten Abschnitt beschreibt er in einem Literaturüberblick der vergangenen Jahrzehnte phänomenologische und theologische Hinsichten, in denen das Thema Glaube als religionsgeschichtliche Universalie bzw. als anthropologische Grundbestimmung, als Thema abrahamitischer Religionen und als christlich-protestantisches Thema konzeptionalisiert wird. Der im engeren Sinn religionswissenschaftliche Beitrag fokussiert sich sodann auf neuere Ansätze, auch wenn diese Glaube oftmals durch religiöse Intention ersetzen und das Thema dieses vorliegenden Buches eher ausblenden. So beschreibt etwa Jacques |6|Waardenburg Phänomene und Tatbestände, die aufgrund religiöser Intentionen als religiös wahrgenommen werden, ohne hierbei den Begriff des Glaubens zu bemühen. Ebenso begreifen die Religionswissenschaftler Fritz Stolz, Burkhard Gladigow und Johann Figl Glaube als eine denkerische Innenseite der Religion, die nicht Thema der Religionswissenschaft ist. Cyranka erkennt innerhalb der religionswissenschaftlichen Theoriebildung eine theologische oder phänomenologische Ausgrenzung des Themas oder eine historisierende Beschreibung. Die Bestandsaufnahme führt zu der ernüchternden Einsicht, dass Glaube gegenwärtig kein Thema der religionsgeschichtlichen Frage ist. Daraus folge für den interreligiösen Dialog die Forderung, dass der Glaube als Zentrum christlicher Theologie nicht gleichzeitig das Zentrum religiöser Verständigungsprozesse sein kann. Hier seien eher vernachlässigte Ebenen wie Ritual oder Praxis aufzunehmen.

      Matthias Morgenstern setzt in seinem Beitrag zum Glauben innerhalb der Judaistik mit einer notwendigen Klärung dessen ein, was überhaupt der Begriff des jüdischen Glaubens impliziert. Jüdisches Leben definiert sich zeitweise eher über Tora, Volk oder Land, aber nicht über Glauben. Die Rede von einem jüdischen Glauben ist in Europa vornehmlich eine Folge der Aufklärung und sodann der Religionsgesetzgebung, der zufolge die jüdischen Synagogalgemeinden als Religionsgemeinden konzipiert sind. Im Mittelpunkt des Beitrags stehen Ausführungen zu folgenden Schwerpunkten: a) Glaube in der jüdischen Bibel; b) Glaube im rabbinischen Judentum; c) Glaube in der mittelalterlichen Religionsphilosophie des Judentums (vor allem Maimonides); d) Glaube in der modernen jüdischen Religionsphilosophie (vor allem Hermann Cohen, Jeshajahu Leibowitz, Martin Buber, Emanuel Lévinas; e) Häretischer Glaube (Sabbatai Zwi und Jakob Frank, Chassidim, messianische Juden). Morgenstern schließt mit dem Ausblick, dass angesichts der Erosion der traditionell-halachisch geprägten Lebensweise die Notwendigkeit entsteht, die Beziehung zu Gott anders als traditionell zu beschreiben, also nicht in objektbezogenen Aussagen, sondern in persönlich-subjektiven Vertrauensaussagen. Dem haben jüdische Theologen des 20. Jahrhunderts längst Rechnung getragen. Dies wiederum eröffnet Chancen für den interreligiösen Dialog mit Christen und anderen Religionen.

      In den Beiträgen dieses Bandes wechselt die Rede gelegentlich von Glaube zu Glauben. Wiewohl Glauben im Duden als selteneres Stichwort unter dem Hauptstichwort Glaube geführt wird, verbindet sich mit beiden Begriffen ein wichtiger Hinweis auf eine grundlegende |7|Unterscheidung in der theologischen Tradition, was in diesem Band wiederum dazu geführt hat, beide Begriffe je nach Gebrauch stehen zu lassen und nicht zu vereinheitlichen. Einerseits ist es der Glaube, der geglaubt wird, also vor allem der Glaubensgegenstand. Dieser findet Ausdruck in Glaubensbekenntnissen, in der regula fidei (Irenaeus, Adversus haereses I,10,1), dann auch in theologischen Abhandlungen, die in systematisierender Weise darlegen, was der Gegenstand des christlichen Glaubens ist. Andererseits aber spricht man vom Glauben, mit dem geglaubt wird, und denkt hierbei an den individuellen, existentiellen Glaubensvollzug, das personale Vertrauensverhältnis des Einzelnen. In der theologischen Tradition verbinden sich beide Perspektiven mit den Formeln fides quae creditur und fides qua creditur. In der Sache wird diese Unterscheidung erstmals bei Augustin gefunden (De trinitate XIII,2,5: aliud sunt ea, quae creduntur, aliud fides qua creduntur). Der Scholastiker Petrus Lombardus (Sententiae III 23 C und D) hat die fides qua creditur in eine dreifache Gestalt überführt: aliud est enim credere in Deum, aliud credere Deo, aliud credere Deum. In der lutherischen altprotestantischen Orthodoxie spricht Johann Gerhard dann explizit von der fides quae creditur und der fides qua creditur, und diese Begrifflichkeit und die mit ihr einhergehende Unterscheidung ist ab jetzt Grundbestand der lutherischen und der reformierten Orthodoxie. Johann Gerhard überführt die dreigliedrige Form der fides qua creditur des Petrus Lombardus (credere in Deum bzw. Deo bzw. Deum) in eine eigene Formel und spricht von der existentiellen Glaubenshaltung als fiducia, assensus und notitia.

      Sekundärliteratur

      Christlicher Glaube und religiöse Vielfalt in evangelischer Perspektive. Ein Grundlagentext des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Im Auftrag des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland herausgegeben vom Kirchenamt der EKD, Gütersloh 2015.

      Schleiermacher, Friedrich: Der christliche Glaube. Nach den Grundsätzen der evangelischen Kirche im Zusammenhange dargestellt (2 Bände), hrsg. v. Martin Redeker, Berlin 1960.

       [Zum Inhalt]

      |9|Altes Testament

      Christoph Levin

      Glaube im Alten Testament

      »Das Verständnis der grundlegenden religiösen Relation als ›Glaube‹ ist keineswegs allgemeines Element religiöser Sprache, hat vielmehr einen begrenzten geschichtlichen Ursprungsort« (Ebeling 1958: 209). Der Begriff, der im Neuen Testament vor allem von Paulus, in den Evangelien nach Markus und Johannes und im Brief an