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Medien in Deutschland


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dagegen ist (u. a. infolge unterschiedlicher technischer Zugänge) nicht exakt feststellbar. Folgende Zahlen sprechen jedoch für sich: Es hat 55 Jahre gedauert, bis 50 Mio. Menschen ein Auto besaßen; 38 Jahre, bis die gleiche Zahl ein Radio-Gerät hatte; 13 Jahre, bis sie über ein TV-Gerät verfügten; aber nur drei Jahre, bis es 50 Mio. Internetnutzer gab (vgl. Neue Zürcher Zeitung vom 10.03.1998).

      Wie eingangs erwähnt, ist diese kleine (Technik-)Geschichte der Medien in hohem Maße unvollständig. Beispielsweise wurde nichts gesagt über die 1877 entdeckte elektrische Tonaufzeichnung, die die Schallplatte zur Folge hatte. Auch nicht erwähnt wurden etwa die einzelnen Ausprägungen der Drucktechnik in Form des Hochdrucks (Basis: Holzschnitt), des Tiefdrucks (Basis: Kupferstich) sowie des Flachdrucks (Basis: Lithografie). Vor allem der Tiefdruck (der sich sehr gut für eine qualitativ hochwertige drucktechnische Wiedergabe von Farbbildern eignet und etwa im Illustrierten- und Katalogdruck zum Einsatz kommt) und der Flachdruck (der im Zeitungs- und Zeitschriftendruck vorherrscht) sind heute weltweit industriell eingesetzte Druckverfahren. Der Hochdruck findet allenfalls noch im sog. Akzidenzdruck (für elegante Visitenkarten, individuell gestaltetes Briefpapier, für gedruckte Einladungen zu festlichen Anlässen etc.) Anwendung. Nicht angeführt wurden technische und kulturelle Errungenschaften, die sich als Folge der Entdeckung der Drucktechnik einstellten wie etwa: die Erzeugung von Papier als Bedruckstoff; oder die Herausbildung von Schrifttypen – in Deutschland etwa die heute veraltet anmutende (und schlecht lesbare) Fraktur, in Italien die elegante (und sehr gut lesbare) Antiqua. Auch nicht zur Sprache gekommen ist die Vereinheitlichung der Papier- bzw. Bogenformate sowie der Schrifttypen (Höhe, Breite, mager, kursiv, fett, VERSAL etc.). Absolut nicht übersehen werden darf im Kontext der Erfindung des Buchdrucks zweierlei: zum einen, dass kirchliche und weltliche Macht sehr bald eine Fülle von Zensurmaßnahmen ergriffen haben, um das freie Wort und die Herstellung von Öffentlichkeit zu unterbinden. Zum anderen, dass trotz dieser Maßnahmen die Erfindung des Buchdrucks wesentlichen Anteil an der Epoche der Aufklärung und damit geradezu atemberaubende kulturelle, politische und soziale Veränderungen zur Folge hatte (vgl. Füssel 1999; Eisenstein 1997). Die audiovisuellen Medien, insbesondere das Fernsehen, haben in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Kultur- und Konsumverhalten sowie Freizeitgewohnheiten der Menschen nachhaltig verändert (vgl. Meyrowitz 1987). Und die Onlinemedien sind, wie erwähnt, längst im Begriffe, nicht nur das Kommunikations-, Medien- und Freizeitverhalten, sondern v. a. auch Organisations-, Arbeits-, Wirtschafts- und Verwaltungsprozesse, aber z. B. auch Lehr- und Lernformen grundlegend zu revolutionieren.

      Die klassischen Massenmedien zeichnen sich durch weitgehend technisch bedingte Eigengesetzlichkeiten aus, die sowohl für die Kommunikatoren (bei der Produktion der Medieninhalte) wie auch für die Rezipienten (bei der Rezeption dieser Inhalte) von Bedeutung sind.

      Die Kommunikatoren, also die Medienschaffenden, müssen diese Eigenarten, die Möglichkeiten und Grenzen der einzelnen Medien, kennen, weil die Auswahl der Inhalte und die Art und Weise ihrer Aufbereitung und Präsentation von den Eigengesetzlichkeiten des jeweiligen Mediums abhängig sind. Das visuelle Medium Zeitung verlangt nach einer anderen »Dramaturgie« bei der Aufbereitung der Medieninhalte als etwa das auditive Medium Hörfunk, dieses wieder andere als das audiovisuelle Medium Fernsehen (Pürer 1996c, S. 224). Der Computer wieder integriert auf Grund seiner Möglichkeiten der Multimedialität Eigenschaften der Zeitung, des Hörfunks und des Fernsehens, also Text, Bild (bzw. Video), Ton (bzw. Sound), Grafik und Animation.

      Für die Rezipienten als Mediennutzer und -konsumenten werden Art und Weise der Wahrnehmung (visuell, auditiv, audiovisuell, multimedial) von den Eigengesetzlichkeiten der Medien geleitet. Hinzu kommen Momente der Verhaltensfreiheit bzw. der Verhaltensbindung bei der Nutzung: Die Zeitung und andere Druckmedien z. B. kann man lesen wann und wo man will – man spricht daher auch von einem disponiblen, ja mobilem Medium. Anders ist dies bei Hörfunk und Fernsehen: Deren klassische Nutzung mit Hörfunk- und TV-Empfangsgeräten ist für die Hörer und Zuschauer durch Programmstruktur und -ablauf vorgegeben. Auch die räumliche (z. B. gewohnte häusliche Umgebung, Büro, speziell eingerichteter Raum, Fahrt zum Arbeitsplatz in privatem oder öffentlichem Verkehrsmittel etc.) und die familiäre Situation (einzeln oder im Verband der Familie, im Freundeskreis oder in einem Kollektiv) können trotz neuer digitaler, individualisierter Zugriffs- und Nutzungsmöglichkeiten für die Art und Weise der Rezeption von Relevanz sein. Im Folgenden sollen daher die wichtigsten, weitgehend technisch bedingten Eigengesetzlichkeiten der Massenmedien aufgezeigt werden (vgl. Kaupp 1980, S. 118ff).

      Die Zeitung und die anderen gedruckten Medien sind sog. statische Medien. Der Text richtet sich an das Auge, spricht also (nur) den visuellen Kanal an. Der Leser hat die Möglichkeit, das Tempo der Informationsaufnahme selbst zu bestimmen. Auch hat der Leser einen ständigen Überblick über den Text und seine formale Gestaltung; optische Hilfen im Text, die Interpunktion, erleichtern ihm die Lektüre. Bei den Printmedien hat der Leser außerdem die Möglichkeit, nachzulesen, zurück-, vor- und überzublättern. Insgesamt ist der Nutzer gedruckter Medien also sehr autonom (vgl. Kaupp 1980, S. 121f; Pürer 1996c, S. 224ff). Druckmedien sind stets verfügbare Informationsspeicher von hoher Disponibilität und können sehr individuell genutzt werden (sie waren de facto die ersten mobilen Medien). Die Dimension des Gedruckten ist der Raum, und im Raum Mitgeteiltes lässt sich nicht nur systematisch ordnen; es kann durch Größe und Kraft der Schrifttypen sowie mithilfe zahlreicher anderer grafischer Elemente gestaltet und gewichtet werden. Druckmedien können den Leser besser in Beziehung setzen, zu Erklärung und Verständnis beitragen, Orientierungshilfen bieten sowie durch Hintergrundberichterstattung Sinnzusammenhänge besser herstellen als die flüchtigen Funkmedien. Die schnelleren Funkmedien geben Themen oftmals vor, die langsameren Druckmedien füllen sie mit tiefer gehenden Informationen aus (vgl. Bausch 1978; Pürer 1982, S. 55ff).

      Das Radio, der Hörfunk, ist in seiner klassischen Form ein sehr flüchtiges Medium, nicht zuletzt, weil es oftmals nur als Hintergrundmedium bei Inhouse- und Outdoor-Aktivitäten genutzt wird. Der Text bzw. Ton richtet sich an das Ohr; das Tempo der Informationsaufnahme wird durch das Medium bzw. Programm vorgegeben. Der Hörer hat bei klassischer Radionutzung in aller Regel keine Möglichkeit, ›zurückzublättern‹ bzw. etwas zu wiederholen, um es dem besseren Verständnis zu erschließen. Auch hat er keinen Überblick über den Text und keine optischen Hilfen, der Hörer ist an das Programm bzw. seine Text-Abfolge gebunden (vgl. Kaupp 1980, S. 122f; LaRoche/Buchholz 1993, S. 226; Pürer 1996c, S. 224ff).

      Auch das Fernsehen in seiner klassischen Form ist ein flüchtiges Medium, zumal das Tempo der Informationsaufnahme durch die Programmabfolge vorgegeben ist, der Zuschauer keinen Überblick über den Text bzw. die unmittelbare Abfolge des Programms und auch nicht die Möglichkeit hat, zurück-, vor- oder überzublättern. Die Informationsaufnahme beansprucht Auge und Ohr, ist also zweikanalig; optische Hilfen werden durch Bildmaterial wie Fotos, Filme, Inserts, Grafiken etc. angeboten. Bild und Ton zusammen verleihen dem Medium Fernsehen hohe Glaubwürdigkeit – in aktuellen Nachrichtensendungen z. B. hat der Zuschauer das Gefühl, als Augenzeuge dabei zu sein. Bisweilen ist auch von der ›Suggestivkraft‹ des Fernsehens die Rede (vgl. Kaupp 1980, S. 123f; Pürer 1996c, S. 224ff; Wember 1983; Stuiber 1998).

      Was das publizistische Wettbewerbsverhältnis der Massenmedien betrifft, so sind die Funkmedien (Radio, Fernsehen) schneller und aktueller sowie mit einem hohen Maß an Bequemlichkeit zu nutzen. Die immer wieder faszinierende Wirkung des Fernsehens beruht auf dem (scheinbaren) Miterleben des Gezeigten bzw. Dargestellten. Der bei klassischer Nutzung zeitlich unveränderbare Ablauf von Hörfunk und Fernsehen, v. a. auch was die Informationsprogramme betrifft, bedingt jedoch Flüchtigkeit. Radio- und Fernsehprogramme (im klassischen Sinn) sind nicht beliebig nutzbar, sondern zwingen die Hörer oder Zuschauer, zu einer bestimmten Zeit für die Aufnahme der Botschaften präsent zu sein (vgl. Bausch 1978; Pürer 1982, S. 55ff). Selbst Kassettengeräte, Video- und DVD-Rekorder, mit deren Hilfe es möglich ist, Radio- bzw. TV-Programme aufzuzeichnen, können nur bedingt Abhilfe schaffen. Möglichkeiten der digitalen Speicherung und des individuellen Abrufs von digitalisierten Hörfunk- und Fernsehprogrammen mittels Computer und ähnlicher Geräte führen hier seit einigen Jahren zu erheblichen Veränderungen, sodass Radio- und TV-Sendungen auch nach ihrer Ausstrahlung (teils zeitlich befristet) online abrufbar sind.