Umberto Eco

Wie man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreibt


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aber er hat meinen Geist auf Trab gehalten, in gewisser Weise hat er mich zum Denken angeregt. Ist es nicht vielleicht das, was man von einem Lehrmeister (auch) erwartet? Uns zum Finden von Ideen zu provozieren?

      Ich habe nochmals darüber nachgedacht und festgestellt, daß ich im Verlaufe meiner Auseinandersetzung mit der Literatur oft Gedanken anderen zugeschrieben hatte, zu deren Suche jene mich angeregt hatten; und in vielen anderen Fällen war ich der Meinung, ein bestimmter Gedanke stamme von mir, während ich doch beim Nachsehen in einem Buch, das ich viele Jahre vorher gelesen hatte, feststellte, daß der Gedanke, oder jedenfalls sein Kern, von einem anderen Autor stammte. Eine (nicht bestehende) Schuld, die ich dem Vallet gegenüber zu haben glaubte, machte mir klar, wie viele Schulden ich zu bezahlen versäumt hatte …

      Ich glaube, daß der Sinn dieser Geschichte, die durchaus zu den anderen Ausführungen meines Buches paßt, darin liegt, daß das Abenteuer Forschung geheimnisvoll und begeisternd ist und viele Überraschungen bereithält. Bei ihm geht es nicht um eine Einzelperson, sondern um eine ganze Kultur, und manchmal machen sich Gedanken von allein auf den Weg, wandern, verschwinden, erscheinen wieder, und es geht ihnen wie manchen Witzen: sie werden mit jedem Erzählen besser.

      Ich habe darum beschlossen, dem Abbé Vallet meine Dankbarkeit zu bewahren, und zwar gerade deswegen, weil [xiii] er wirklich ein Wunderspender war. Darum habe ich ihn – der eine oder andere Leser hat es vielleicht bemerkt – als Hauptperson in meinem Roman ›Der Name der Rose‹ eingeführt und ihn in der zweiten Zeile der Einleitung erwähnt, diesmal wirklich als eine Person, die etwas gibt, voller Geheimnisse und Rätsel, ein verlorenes Manuskript nämlich, und als das Symbol einer Bibliothek, in der die Bücher miteinander sprechen.

      Ich weiß nicht, was aus dieser Geschichte alles zu folgern ist, aber eines weiß ich, und das ist sehr schön. Ich wünsche den Lesern, sie mögen im Laufe ihres Lebens viele Abbé Vallets finden, und ich wünsche mir selbst, für jemand anders der Abbé Vallet zu werden.

      Mailand, Februar 1985«

      In meiner Einleitung hatte ich davon gesprochen, daß das Buch einen Blick in die Werkstatt Ecos gestatte. Ein weiteres Fenster zu dieser Werkstatt hat sich aufgetan.

Februar 1989 W. Schick

      Kaum ein Jahr nach der fünften Auflage ist eine weitere Neuauflage des Buches von Umberto Eco erforderlich. Das zeigt, daß sich weiterhin viele Studenten (und vielleicht nicht nur solche) den Ratschlägen des Buches anvertrauen. Dies wird wohl damit zusammenhängen, daß im Mittelpunkt der Ausführungen die Sache »Wissenschaftliches Arbeiten« steht, daß sie zeigen, wie wissenschaftliches Arbeiten (bei aller Mühe) auch Spaß machen kann und daß sie ein wichtiges Stück Bildung vermitteln. Es ist zu hoffen, daß das Buch weiterhin vielen eine Hilfe sein kann. Für die Neuauflage wurde der deutsche Text ganz durchgesehen. Dabei konnten auch Anregungen aus dem Benutzerkreis berücksichtigt werden.

Juli 1993 Walter Schick

      [xv]

      Inhaltsübersicht

       Vorworte des Übersetzers

       Nachtrag zur 2. Auflage

       Vorwort zur 6. Auflage

       Einleitung

       I. Was ist eine wissenschaftliche Abschlußarbeit und wozu dient sie?

       I.1. Warum muß man eine wissenschaftliche Abschlußarbeit schreiben und was ist sie?

       I.2. Für wen dieses Buch von Interesse ist

       I.3. Was eine Abschlußarbeit auch nach dem Universitätsabschluß nützt

       I.4. Vier Faustregeln

       II. Die Wahl des Themas

       II.1. Monographische oder Übersichtsarbeit?

       II.2. Geschichtliche oder theoretische Arbeit?

       II.3. Historische Themen oder aktuelle Themen?

       II.4. Wieviel Zeit braucht man, um eine Abschlußarbeit zu schreiben?

       II.5. Muß man Fremdsprachen können?

       II.6. »Wissenschaftliche« oder »politische« Arbeit?

       II.6.1. Was ist Wissenschaftlichkeit?

       II.6.2. Historisch-theoretische Themen oder »lebendige« Erfahrungen?

      [xvi]

       II.6.3. Wie man einen aktuellen Gegenstand zu einem wissenschaftlichen Thema macht

       II.7. Wie man verhindert, daß man vom Betreuer ausgenutzt wird

       III. Die Materialsuche

       III.1. Die Zugänglichkeit der Quellen

       III.1.1. Was sind Quellen einer wissenschaftlichen Arbeit?

       III.1.2. Quellen erster und zweiter Hand

       III.2. Die Literatursuche

       III.2.1. Wie man eine Bibliothek benützt

       III.2.2. Wie man die Bibliographie anpackt: die Kartei

       III.2.3. Das bibliographische Zitat

       III.2.4. Die Bibliothek von Alessandria: Ein Experiment

       III.2.5. Aber muß man denn immer Bücher lesen? Und in welcher Reihenfolge?

       IV. Der Arbeitsplan und die Anlage der Kartei

       IV.1. Das Inhaltsverzeichnis als Arbeitshypothese

       IV.2. Karteikarten und Notizen

       IV.2.1. Die verschiedenen