Harald Jacobsen

Tatort Ostsee


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Sophie auch gemeint, aber ich dachte, da wäre noch etwas anderes. Sie sagte mir, dass ihr da was komisch vorkam. Irgendwas mit dem Treibgut.«

      Stefan stöhnte genervt. »Ich habe die Leiche in die Gerichtsmedizin bringen lassen, weil dieser Doktor Fips ein echter Trottel ist. Die Jungs im grünen Kittel werden nichts Ungewöhnliches finden. Sag mal, warum schreibt deine durchgeknallte Freundin eigentlich keine Krimis?«

      Tina lachte. »Nein, viel besser! Sie sollte Privatdetektivin werden.«

      »Tolle Idee. Wehe, du schlägst ihr das vor!«

      Gemeinsam schlichen sie die Treppe runter.

      »Und nicht vergessen, Liebling, immer nett sein zu unserem Gast«, flüsterte Tina. »Sonst machen wir gemeinsam eine Detektei auf.«

      Stefan grinste sie an, obwohl er sich gerade überhaupt nicht wohlfühlte. Er hätte besser aufpassen müssen. Das mit dem Treibgut könnte tatsächlich ein Hinweis sein.

      Felix stocherte lustlos in seinem Hummercocktail herum. Das gemeinsame Mittagessen war Juliettes Idee gewesen. Als ob er sonst keine Probleme hätte! Felix versuchte, sich zusammenzureißen. Seine Kinder konnten schließlich nichts für sein Dilemma. Sie saßen gemeinsam am Esstisch, der unter dem Angebot des Feinkostladens zusammenzubrechen drohte. Seine Frau redete, ohne Luft zu holen. Felix hörte nur mit einem Ohr zu.

      »Liebling! Träumst du? Ich habe dich gefragt, ob du dir grüne Mosaikkacheln für den Pool vorstellen könntest?«

      »Welchen Pool?«

      Juliette lächelte ihn vorwurfsvoll an. »Ich rede von der Finca.«

      »Bist du eigentlich übergeschnappt? Ich hab ein paar mehr Probleme am Arsch als grüne Kacheln!«

      »Musst du diese Kraftausdrücke vor den Kindern verwenden?« Juliette schüttelte empört den Kopf. »Wenn ihr fertig seid, dürft ihr aufstehen. Ich habe noch etwas mit eurem Vater zu besprechen.«

      Scheinbar erleichtert verließen die Geschwister das Esszimmer. Felix stand ebenfalls auf und ging an die Bar.

      »Willst du auch was?«, fragte er versöhnlich.

      »Ein Glas Champagner!«

      Felix öffnete eine kleine Flasche Veuve Cliquot und schenkte sich selbst einen Whisky ein. Seine Frau hatte sich auf der weißen Couch ausgestreckt. Er hasste die Möbel. Eigentlich hasste er die gesamte Einrichtung. Das ganze Haus sah aus wie die Kulisse für einen teuren Werbespot. Chaos herrschte nur in den Kinderzimmern. Es war schließlich auch unmöglich, so viel Spielzeug unterzubringen. Dabei waren die Zimmer der Kinder größer als eine Hotelsuite. Hotelsuite! Er musste wieder an Sophie denken. Mit dem Artikel wollte sie ihm drohen, das war klar. Sie wollte ihm schon mal zeigen, was in ein paar Monaten erneut auf ihn zukommen würde. Spätestens dann war er erledigt.

      »Felix, du musst dich etwas beruhigen. Es wird schon alles wieder in Ordnung kommen. Und du findest bestimmt auch eine neue Freundin«, stichelte Juliette.

      Felix sah sie wütend an. Sein Management hatte vorgeschlagen, dass er sich jetzt möglichst oft mit seiner Frau und seinen Kinder sehen lassen sollte, bis sich die Wogen geglättet hätten. Auf Dauer würde die Affäre sicher keinen großen Schaden anrichten, versuchte man ihn zu beruhigen. Keinen Schaden! Das Ganze war eine Katastrophe! »Bist du so doof? Zwei Werbeverträge sind bereits geplatzt!«

      »Du brauchst nicht zu schreien!«, keifte Juliette zurück.

      »Schließlich hast du uns in diesen Schlamassel geritten. Die armen Kinder. Denkst du manchmal daran, was sie grade durchmachen?«

      »Na, und du? Vielleicht sollten wir uns bei der Nanny nach ihrem Befinden erkundigen!«

      Juliette sprang auf und schmiss das Champagnerglas an die Wand über dem Kamin. »Drecksack! Du zerstörst die heile Welt unserer Kinder und mich behandelst du unmöglich. Ich bin wirklich unendlich froh, morgen von hier wegzukommen.«

      Wütend rauschte sie aus dem Zimmer. Heile Welt! Seine heile Welt war explodiert. Die Regenbogenpresse zerriss ihn in der Luft. Felix bedauerte jede einzelne Stunde, die er in den letzten zwei Jahren mit Sophie verbracht hatte. Sie wollte dieses Baby kriegen und dann würde sie ihn erpressen. Felix drehte das leere Glas in der Hand. Die Eiswürfel klirrten leise. Sophie sollte sich bloß nicht zu sicher fühlen. Auch wenn es schwierig werden würde, sich heimlich an ihr zu rächen. Ihm würde schon noch etwas einfallen.

      Sophie saß mit den Kindern am Tisch, als Tina und Stefan ins Esszimmer kamen. Die beiden sahen glücklich aus. Nicht wie ein frisch verliebtes Paar, aber beneidenswert zufrieden.

      »Hey, hast du die Bande im Griff?«, fragte Tina.

      »Aber sicher! Wir kommen bestens klar.«

      Die Kinder nickten ernst. »Die beiden haben übrigens versprochen, gleich einen Mittagsschlaf zu machen, wenn Pelle ihnen beim Einschlafen zusehen darf. Ich habe gesagt, dass ihr das letzte Wort habt.«

      »Soll Pelle das doch entscheiden«, schlug Tina vor. »Schließlich hat er sie dann an der Backe.«

      Pelle hatte sich anscheinend schon entschieden und wedelte begeistert mit dem Schwanz. »Na dann! Abmarsch!«

      Die Kinder rannten johlend nach oben. Pelle polterte hinter ihnen her und stieß fast eine große Topfpflanze um.

      »Ist er nicht geschmeidig wie eine Dschungelkatze?«, lachte Sophie.

      »Ja, oder wie heißt das graue Tier mit dem Rüssel noch mal?«, konterte Stefan trocken.

      Sophie lachte über seinen Witz. Immerhin war er gerade das erste Mal ein bisschen freundlich. »Er ist ein bisschen plump, aber er hat andere Qualitäten. Er ist gleichzeitig Biotonne und Bodyguard!«

      Nachdem die Kinder im Bett verschwunden waren, setzten sie sich auf die Terrasse. Es gab diverse Antipasti und Ciabatta. Das Essen verlief überraschend harmonisch, bis Stefan nach Felix fragte.

      »Und? Was macht denn dein Showmaster?«

      »Schatz, das ist jetzt wirklich kein gutes Thema«, versuchte Tina ihren Mann zu bremsen.

      Stefan riss die Augenbrauen hoch. »Ach nee! Ist Schluss?«

      Sophie nickte langsam. »Aus und vorbei! Nach zwei Jahren Beziehung.«

      Stefan zuckte mit den Schultern. »Aber Beziehung kann man das doch eigentlich nicht nennen, oder?«

      »Wie soll ich es denn dann nennen? Wir waren zwei Jahre lang jede freie Minute zusammen. Wir haben gemeinsame Erlebnisse. Und fast …«

      »Ich würde es Langzeitaffäre nennen!«, fiel Stefan ihr ins Wort. »Was guckst du mich so an? Zumindest habe ich nicht Vögelverhältnis gesagt.«

      »Stefan!« Tina haute mit der Hand auf die Tischplatte. Die Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen.

      »Ich hab doch recht! Sie war seine Geliebte. Mit ihr hat er mehr Zeit verbracht als mit seiner Frau und seinen Kindern.«

      »Aha, der Herr Moralapostel! Wenn du dir über Dritte so viele Gedanken machst, dann denk doch mal an die Eltern des Unfallopfers! Bist du blöd oder einfach nur faul? Warum machst du deinen Job nicht?«

      »Ihr hört jetzt sofort auf!«, ging Tina dazwischen.

      »Ach, lass nur Schatz! Deine überspannte Freundin denkt sich eben Verbrechen aus! Ihr ist eben ein bisschen langweilig ohne ihren Lover!«

      »Stefan!«

      »Nein, lass ihn. Das hat nichts mit unserer Freundschaft zu tun. Stefan ist überfordert. Keine Ermittlung, keine Aktenberge! So kommt man auch voran bei der Polizei.«

      »Was meinst du eigentlich?«

      »Die Frau kann nicht angeschwemmt worden sein, das hast du doch gesehen! Und was macht ihr? Nichts! Statt der Spurensicherung kommt ein greiser Inseldoktor. Und dieses Superhirn zählt eins und eins zusammen, anstatt sie zu