traten ehrfürchtig und mit gesenktem Kopf zurück, dann erklärte der Anführer, Dennis solle seine Befehle aussprechen, sie würden tun, was immer er von ihnen verlangt. Vielleicht wolle ihnen der weiße Gott in ihr Dorf folgen, dort könne er essen, trinken, sich ausruhen und er solle auch das ganze Dorf kennenlernen.
Dennis verstand die ganze Sache in etwa. Eins war klar, er würde einen Teufel tun, den Fremden zu erzählen, dass er ein ganz normaler Junge war, der in Berlin lebt, und wie durch ein Wunder hierher verschlagen worden war. Sie waren freundlich. Dennis konnte das für sich nutzen und einen Weg finden, um so schnell wie möglich wieder zurück nach Berlin zu kommen. Wie, das würde sich zeigen.
4.
Auf dem Weg ins Dorf begann Dennis zu erahnen, dass dies ein großes Land sein musste. Sie liefen lange durch den Dschungel. Dennis sah auf seiner geliebten „Polstar“-Uhr, dass der Fußmarsch länger als drei Stunden dauerte. Es war heiß, es war anstrengend, und Dennis schwitzte in seiner Kleidung. Sie überquerten mehrere kleine Flüsse. Das Wasser war hüfthoch und reißend. Dennis goss sich Wasser über den Kopf, und er trank einige Schlucke von dem klaren Wasser. Es hatte einen eigenartigen reinen und etwas metallischen Geschmack. Es haftete ihm sogar ein geringer Duft von Moosen und Blüten an.
Dennis fühlte sich seltsam erfrischt. Erstaunlicherweise war er bereits wenige Minuten später wieder trocken.
Einer der Fremden war vorausgelaufen, um ihre Ankunft zu melden. Als die Gruppe in das Dorf kam, waren alle Dorfbewohner dort versammelt und sie fielen vor Dennis auf die Knie.
Sie waren nackt. Nur die Männer hatten einen Lendenschurz aus dünnem Leder, der den Penis wie eine lange schmale Hülle bedeckte. Alle hatten dieselbe topfähnliche Frisur und die gleiche braune Körperfarbe.
Es gab ungefähr ein Dutzend magere Hunde, die in gebührender Entfernung blieben, aber alles sehr aufmerksam beobachteten.
Das Dorf war eine Ansammlung von Hütten, die aus Ästen, Blättern und schilfähnlichen langen Gräsern zusammengebaut waren, man konnte durch die Seitenwände hineinsehen. Es gab eine zentrale Feuerstelle, mit mehreren Feuern. Zwischen den Bäumen waren Hängematten gespannt und auf dem Boden lagen verschiedene Matten zum sitzen. In den Hütten gab es Schlafstellen aus Tierhäuten und Fellen.
Unweit der Siedlung rauschte ein Fluss, es gab einen Weg dorthin.
Nun war er sich sicher, das hier war wirklich weit weg von jeder Zivilisation. Er hatte Bilder von Menschenfressern im Dschungel des indonesischen Inselreichs gesehen. Schrumpfköpfe wie bei den Menschenfressern sah er nicht.
Während die versammelte Menge vor ihm kniete, sah Dennis das alles. Dann stimmte er seinem Singsang an, und bat die Menge aufzustehen. Einer der Fremden, der bunte Perlen in sein Haar geflochten hatte, kam auf Dennis zu, und bot ihm ein Getränk in einer ausgehöhlten Frucht an. Es schmeckte süß und milchig. Das musste der Anführer der Gruppe sein.
Dennis bedankte sich für die freundliche Aufnahme. Die Menge blieb in andächtiger Entfernung, dann gab der Fremde mit den Perlen im Haar einige kurze Befehle, und sie gingen auseinander. Er bat Dennis, sich ans Feuer zu setzen.
Stühle oder Hocker gab es nicht. Dennis legte Jacke und Sweatshirt auf den Boden, und setzte sich darauf. Der Alte setzte sich in einigem Abstand dazu.
Jetzt wurden die fremden Jäger von ihrer Sippe begrüßt, sie legten die Beute ab, die Taschen wurden ausgeleert und die Sippe machte sich daran, die Tiere zu häuten und die gesammelten Blätter auf einer Art Kordel zwischen die Bäume zu hängen.
Das Fleisch der Beute wurde in Streifen geschnitten und in einer Art Gitter in der Nähe des Feuers zum Trocknen aufgehängt. Einige der Streifen wurden direkt über dem Feuer aufgespießt zum Braten.
Die Tierhäute wurden mit kurzen breiten Messern sauber abgeschabt , und dann mit einer salzähnlichen Substanz bestreut und ebenso in die Bäume gehängt.
Die Knochen mit Resten von Fleisch und die Innereien wurden den Hunden gegeben. Es gab ein wütendes Gebell, als die Hunde sich um das Fressen stritten, dann zog jeder mit einem Stück davon, und fraß seinen Anteil auf, wobei er darauf achtete, dass ihm kein anderer Hund zu nahe kam. Knochen knackten.
Eine der Frauen stellte vor Dennis ein geschlossenes kürbisähnliches Gefäß mit einer schnauzähnlichen Verdickung hin, das eine Flüssigkeit enthielt. Das sei für ihn, sagte sie.
Während die Gruppe um Dennis beschäftigt war, sah Dennis ringsum in den Hütten Kinder, die ihn mit großen Augen ansahen. Sie schwätzten miteinander und lachten. Dann wurden die größeren ermahnt, und wieder in die Arbeit der Erwachsenen eingebunden.
Eine der Frauen bewachte das Fleisch über dem Feuer. Dann wurde ein tönerner Topf über das Feuer gehängt, in dem es bald anfing zu brutzeln. Verschiedene Früchte wurden gebracht und in den Topf geworfen.
Dann gab die Frau ein Signal, die Dorfbewohner strömten herbei, und setzten sich um das Feuer auf den Boden. Sie hatten große Blätter bei sich und begannen, einer nach dem anderen, sich mit einem Holzlöffel Portionen auf ihr Blatt zu häufen, und sich mit Messern, die reihum gingen, Stücke vom Fleisch zu schneiden.
Dennis wurde eine Portion gereicht. Die Fremden aßen mit den Fingern, wobei sie geschickt die gelbe hirseähnliche Masse zu Bällchen formten und sich in den Mund schoben.
Das war für Dennis alles neu - aber natürlich hatte es bei Dennis zu Hause Fernsehen gegeben und es gab Abenteuerfilme, die er im Kino gesehen hatte. So passte sich Dennis der Situation aufmerksam an.
Die Nahrung war völlig ohne Salz.
Es war ungewohnt, mit den Fingern in das heisse Essen zu langen. Einige der Schoten waren so scharf, so dass Dennis tief einatmen musste. Die Früchte hingegen waren mild und süß. Sie waren, wie man das in Berlin sagte „al dente“. Gar, aber formfest. Dennis sah, wie die Fremden von den Schoten und den Früchten kleine Stücke abbissen und im Mund mit der „Hirse“ mischten. Sie wurden als Gewürz benutzt, um die Speise aromatischer zu machen. Auch das salzlose Fleisch schmeckte jetzt viel besser.
Die Erwachsenen hatten ähnliche Gefäße vor sich stehen wie Dennis. Die schnauzähnliche Verdickung hatte ein Loch und sie tranken daraus. Dennis probierte von dem Getränk, es war vergoren und es machte Dennis müde.
Nach dem Essen standen alle auf, und gingen wieder ihrer Arbeit nach. Dennis fühlte sich von dem Getränk jetzt so müde, dass er schlafen musste. Der Anführer führte Dennis zu einer der Hütten und zeigte ihm eine Hängematte. Die sei für „den fremden Gott“.
Dennis legte sich hinein und war nach wenigen Minuten eingeschlafen.
2. Im Dorf der Fremden. Die Gastfreundschaft der Péruan
1.
Als Dennis aufwachte, war es tiefe Nacht. Er hörte in weiter Entfernung Geräusche von Vögeln. Einige sangen, es gab schreiende, schnarrende und gluckernde Geräusche, die er noch nie gehört hatte. Irgendwann ertönte ein furchtbarer Schrei, in dem sich Todesangst, Verzweiflung und Panik vereinigten, und der schließlich in einem wahnsinnigen Tremolo erstarb, um von einer Art aufgeregtem gluckernden Lachen vielstimmig abgelöst zu werden. Der Urwald lebte.
Dennis hörte aber auch gleichmäßige Atemgeräusche um sich herum. Dann war da noch etwas…, irgendwo musste ein Paar Liebe miteinander machen. Dennis kannte das zwar nicht aus eigenem Erleben, aber er wusste instinktiv was es war. Um Dennis herum war es dunkel, aber es war nicht so dunkel, dass Dennis nichts erkennen konnte. Die Feuer brannten immer noch. Dennis hörte, dass von Zeit zu Zeit Holz nachgelegt wurde.
Als sich Dennis bewegte, hörte er noch ein Geräusch. Er war nicht allein in der Hütte. Im Halbschatten richtete sich ein Körper auf, er beobachtete Dennis kurz, dann legte er sich beruhigt wieder hin.
Dennis