Krankenbesuch war für Fala ein einschneidendes Erlebnis. Der Indio war einem Krokodil zu nahe gekommen und hatte einen Arm verloren. Als sie in das Dorf kamen, war der Mann schon so gut wie tot. Zwar hatte die Medizin Entzündungen und Wundbrand verhindert, aber der Blutverlust und die Schmerzen hatten den Indio bewusstlos gemacht. Para wusste von den Boten, was passiert war. Er hatte unterwegs mit Vera verschiedene Kräuter gesammelt. Dann war er mit Vera in die Sümpfe gestiegen und hatte einige große Kröten mitgebracht. Sie hatten grüne Bäuche und große Warzen. Sie hatten sie auf Blätter gesetzt und in einen Beutel getan.
Als sie ankamen wollte Para sofort den Kranken sehen. „Keine Unterwerfungen“, befahl er den Indios. Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Dann bat er Vera nach einer bestimmten Schneckenart Ausschau zu halten. „Nimm die Frauen des Dorfes mit“, bat er. Zu Fala gewandt sagte er, „du kannst mir helfen.“
Er richtete den Kranken mit Falas Hilfe etwas auf, aber der Indio blieb ohnmächtig. Er legte ihn wieder hin. Dann sah er sich die Wunde an. Der Mann hatte Fieber. Die Wunde sah aber gut aus. Dennis holte die Kröten aus dem Sack, drückte ihnen auf den Bauch, so dass große Mengen Schleim aus den Mündern quoll, er verteilte den Schleim auf der Wunde. Dann bat er um Wasser und wartete auf Vera.
Sie hatte sich beeilt. Sie hatten Schnecken gefunden, aber nicht viele. Para nickte. "Schick die Frauen noch einmal fort. Wir brauchen mehr." Dann verteilte er die Schnecken auf dem Körper des Kranken. Es war eine besondere Art. Eine Kreuzung aus Schnecken und Blutegeln. Sie bissen sich in die Haut und tranken das Blut des Opfers. Sie spritzten dabei ein besonderes Gift in die Blutbahn, das hochtoxisch war und das Blut verdünnte. Als die Frauen mit mehr Schnecken kamen, setzte Para auch diese Schnecken auf den Körper des Kranken. Dann bat er Vera eine bestimmte Sorte von Beeren und Wurzeln zu suchen. Vera wusste Bescheid. Sie nahm die Frauen wieder mit.
Als sie zurückkamen, hatte Para die Schnecken von der Haut entfernt. Sie waren groß und fett geworden.
Sie kochte die Beeren und die Wurzeln zu Tee. Dann warf sie die Schnecken in einen Topf und kochte sie ein.
Para richtete den Kranken erneut auf und flößte ihm etwas von dem Tee ein. Er schlug die Augen auf und Para bat ihn noch etwas zu trinken. Dann setzte er sich neben ihn und begann seinen Singsang. Er legte die Hände auf das Herz des Kranken und sang. Bald begann die Brust des Kranken gleichmäßig im Takt des Atems und im Schlag des Herzens auf und abzuschwellen.
Para warte eine Stunde, dann noch eine. Dann weckte er den Kranken auf. „Du musst essen und trinken“, sagte er. Er gab ihm etwas Tee, dann gab er ihm zwei Löffel von dem Schneckenmus. „Willst du mehr?“ Der Kranke nickte und bekam noch etwas Tee und Schneckenmus. Dann legte er sich zurück und schlief ein. Para legte erneut die Hände auf das Herz und sang.
Nach zwei Stunden wiederholte er die Behandlung. So ging das die ganze Nacht und den ganzen nächsten Tag.
Fala war todmüde, aber sie wachte die ganze Zeit neben Para und dem Kranken und sie beobachtete.
Am darauffolgenden Tag bat er erneut um diese Schnecken.
Die Frauen hatten sich die Stelle gemerkt, wo sie die Schnecken gefunden hatten. Sie kamen bald zurück und Para wiederholte die Behandlung mit den lebenden Schnecken. Diesmal verwendete er sie nicht wieder. „Setzt sie wieder aus, bat er. Lasst sie am Leben. Wir haben ihnen zu danken.“
Dann erhielt der Kranke wieder Tee und Schneckenbrei. Am Abend ging es ihm schon viel besser. Am nächsten Tag richtete er sich auf. Im Laufe des Tages besserte sich sein Zustand zunehmend. Er bekam wieder Farbe im Gesicht.
Para hatte die Kröten mehrfach gemolken, und immer wieder von diesem Schleim auf die Wunde gegeben. Sie sah gut aus. Sie schloss sich. Es bildete sich eine Art dicker Schorf. Nun gab er dem Kranken auch feste Nahrung. Obst, Fisch und Fleisch.
Dann brach Para zusammen. Es war wie das letzte Mal. Er schlief zwei Tage und Nächte. Vera und Fala waren selbst todmüde, aber sie versorgten den Kranken weiter und schliefen zwischendurch abwechselnd. Sie baten, Para ganz in Ruhe zu lassen.
Als Para wieder aufwachte, ging er ans Wasser und nahm ein Bad. „Kein Wasser an die Wunde“, befahl er den Indios. „Lasst die Wunde heilen. Keine heftigen Bewegungen. Gebt ihm den Rest an Schneckenmus. Sucht neue Beeren. Kocht sie zu Tee. Sie sorgen dafür, dass sich neues Blut bildet. "Keine lebenden Schnecken mehr. Der Kranke soll nun normale Nahrung zu sich nehmen. Viel Fisch und Obst.“
Dann machte er sich mit Vera und Fala auf den Rückweg. Sie wurden von drei Jägern begleitet, um sie sicher zurückzubringen. Fala war neugierig. „Was war das mit den Kröten und mit den Schnecken“, fragte sie.
Para erklärte. "Der Schleim der Kröten hat ein Mittel, dass die Wunde reinigt und Entzündungen verhindert. Die Schnecken trinken das Blut und spritzen ein Gift in die Blutbahn, welches das Blut besonders flüssig macht. Der Kranke hatte viel Blut verloren. Er musste das Blut wieder zu sich nehmen, das die Schnecken aus ihm herausgesaugt haben. Deshalb haben wir ihm die Schnecken zum essen gegeben. Die Beeren regen den Körper an, neues Blut zu produzieren. Die zweite Ladung Schnecken hat Giftstoffe aus dem Blut gesaugt. Deshalb haben wir sie wieder freigelassen.“
„Wir Peruan kennen viele Rezepte und Heilmittel. Ich habe gelernt, sehr früh mit den Tieren zu sprechen. Sie haben mir gezeigt, dass es noch viel mehr Heilmittel gibt, als wir Menschen wissen. Ich bin froh, dass mir Vera immer zur Seite steht. Meine kleine Schwester ist mir eine große Hilfe.“
„Und warum hast du kein Geld genommen für deine Behandlung“, fragte Fala.
Para schüttelte den Kopf. „Wir haben hier alles, was wir brauchen. Wenn ich Hilfe brauche, dann sind die Peruan immer für mich da. Sie sind meine Brüder und Schwestern. Wenn ich die Hilfe der Tiere brauche, dann brauche ich sie nur zu rufen. Sieh nur…“
Er stieß einige Laute aus und streckte den Arm aus. Einige Schmetterlinge kamen und setzten sich auf seinen Arm. Sie hatten riesige Flügel, handtellergroß. Sie waren bunt und hatten schwarze behaarte Körper. Para redete mit ihnen. Sie schlugen die Flügel auf und nieder und wippten mit ihren Körpern, als wollten sie tanzen, dann erhoben sie sich wieder und flatterten davon.
Sie hatten für diese Reise zehn Tage gebraucht. Als sie zurückkamen, wartete die Karawane bereits auf sie. „Oh“, sagte Fala bedauernd.
Sie blieb noch zwei Tage, dann verabschiedete sie sich. Sie hatte Para und Vera liebgewonnen. „Sehn wir uns wieder“, fragte sie zum Abschied. „Wer weiß“, sagte Para. Als Péruan darf ich nicht in die große Stadt, aber du bist hier jederzeit willkommen. Wenn du mich brauchst, dann rufe nach mir.“
Sie umarmten sich zum Abschied.
Die Karawane war heilfroh, dass Fala wohlauf war. Sie hatten ihre Geschäfte abgeschlossen und sie marschierten auf schnellstem Weg zurück.
Fala war vier Monate weggewesen. Es wurde Winter als sie in der großen Stadt ankamen.
Die Königin atmete auf, als sie Fala gesund und munter wieder zurück sah. Sie hatte rote Wangen bekommen, und sie strotzte vor Kraft und Selbstbewusstsein.
Die Königin rief ihren Rat zusammen und ließ sich berichten.
„Para ist für uns keine Gefahr“ begann Fala. „Er ist glücklich dort im Dschungel des Amazonas, und er vollbringt wahre Wunder. Er ist ein großer Medizinmann.“ Sie schaute in die Runde. „Keine Angst. Er hat keine Ambitionen auf den Thron. Er hat kein Interesse an Macht. Er fühlt sich als Diener der Péruan, nicht als ihr Herrscher. Er ist so wie ich, und er ist der Königin sehr ergeben. Er ist mein Bruder und er steht unter meinem Schutz.“ Sie sah ihre Mutter an. „Dieses mal werde ich deine Stimme nicht abwarten. Wir können beraten, aber