Atombindung, z. B. in den Verbindungshalbleitern GaAs oder SiC).
Ist die Differenz der Elektronegativitäten in einer chemischen Verbindung aus Metallen und Nichtmetallen größer als 1.7 (siehe Periodensystem, Abb. 1.1), spricht man von Ionenbindung. Die Außenelektronen gehören dann komplett zum Partner mit der höheren Elektronegativität (z. B. zum Chlor in Natriumchlorid). Der Einfachheit halber kann man alle Oxidkeramiken und oxidischen Gläser dieser Gruppe zuordnen, auch wenn manche die Differenz der Elektronegativitäten von 1.7 nicht ganz erreichen.
Abb. 1.1 Das Periodensystem der Elemente mit Ordnungszahlen, molaren Atommassen, Elektronegativitäten und Farbgebung gemäß einer idealen Elektronenkonfiguration.
Zwischenmolekulare Bindungen sind festigkeitsbestimmend in Werkstoffen, die aus Molekülen oder großen Makromolekülen bestehen. Dazu gehören die Kunststoffe und Silikone.
Abbildung 1.1 zeigt das Periodensystem der Elemente. Die Farben der ElementeTafeln korrelieren mit dem Typ des letzten besetzten Elektronenorbitals gemäß einer idealen Elektronenkonfiguration. Bei den blau markierten Elementen (I. und II. Hauptgruppe) wäre dies theoretisch ein s-Orbital, bei den türkisgrünen (III.-VIII. Hauptgruppe) ein p-, bei den gelben (Nebengruppenelemente) ein d- und bei den roten (Lanthanide bzw. seltene Erden, Actinide) ein f-Orbital. In der Praxis gibt es jedoch Abweichungen vor allem bei den Nebengruppenelementen (gelb) sowie den Lanthaniden und Actiniden (rot). So wird bei Lanthan (La) anstelle des 4f1-Orbitals zuerst der 5d1-Orbital besetzt, weshalb Lanthan häufig den gelb markierten Elementen der III. Nebengruppe statt den seltenen Erden zugerechnet wird. Das eigentlich an dieser Stelle stehende Lutetium (Lu) hat mit allen 14 besetzten 4f-Orbitalen und einem besetzten 5d1-Orbital die ideale Elektronenkonfiguration einesElements der III. Nebengruppe in der 6. Periode, wird aber im Gegenzug häufig den rot markierten seltenen Erden bzw. Lanthaniden zugerechnet.
Nähere Erläuterungen zur Besetzung der Orbitale finden sich im Kapitel Magnetwerkstoffe. Die Besetzung der Orbitale mit Elektronen hat einen wichtigen Einfluss auf die magnetischen, aber auch auf die elektrischen und optischen Eigenschaften von Werkstoffen.
1.2 Werkstoffklassen und Strukturmodelle
Aufgrund der atomaren Bausteine und der chemischen Bindung lassen sich die Werkstoffe in verschiedene Klassen einteilen: Metalle, Halbleiter, Keramiken (sowie Gläser und anorganische Bindemittel wie Zement) und Kunststoffe. Die Kombination von Materialien aus verschiedenen Klassen führt zu den Verbundwerkstoffen.
Metalle werden durch die Metallbindung zusammengehalten. Sie kommen oft in Form von Legierungen zum Einsatz, seltener in ihrer reinen Form. Durch Legieren mit anderen chemischen Elementen werden die Eigenschaften gezielt verändert. Verglichen mit Kunststoffen ist ihre Bindungskraft (der Elastizitätsmodul oder E-Modul) hoch, jedoch in der Regel etwas kleiner als bei Keramiken. Sie sind gut plastisch verformbar. Reine Metalle sind elektrisch und thermisch gute Leiter. Viele Metalle und Legierungen sind korrosionsempfindlich.
Metalle haben relativ einfache, dichtgepackte Kristallgitterstrukturen, die durch Elementarzellen beschrieben werden (Abb. 1.2). Eine Elementarzelle ist eine kleine geometrische Einheit, die den gesamten Kristall komplett beschreibt. Metalle werden als Funktionswerkstoffe eingesetzt für mechanische Konstruktionsteile, für Leiter (Kabel und Leiterbahnen), Widerstände, Kontaktwerkstoffe, Gehäuse und andere Konstruktionsbauteile, Lötlegierungen (Sn-Pb und bleifrei), Sensoren (Thermoelemente), Aktuatoren (Formgedächtnislegierungen), weichmagnetische Induktivitäten (Spulenkerne) oder (Bio-)Sensoroberflächen.
Abb. 1.2 Typische Gitterstrukturen von Metallen. (a) kubisch-flächenzentrierte Elementarzelle (kfz), (b) kubisch-raumzentrierte Elementarzelle (krz), (c) Elementarzelle der hexagonal dichtesten Packung (hdp)
Anorganische Halbleiter bestehen aus Elementen der oberen IV. Hauptgruppe wie Silizium oder Germanium oder als Verbindungshalbleiter aus einer Kombination von Elementen aus verschiedenen Hauptgruppen (IV-IV, III-V, II-VI). Sie werden in der Regel dotiert und beruhen auf Atombindung (gemeinsame Elektronenpaare). Im Gegensatz zu Metallen (Kaltleiter) leiten Halbleiter besser bei höheren Temperaturen (Heißleiter). Sie sind spröde. Halbleiter der Hauptgruppen IV und III-V basieren auf der Diamant- bzw. Zinkblendestruktur (Abb. 1.3).
Halbleiter werden eingesetzt als Dioden (p-n-Übergang), Transistoren (mehrere p-n-Übergänge), Leuchtdioden (LED), Laserdioden, Photodioden und Solarzellen. Des Weiteren kommen sie als Sensoren und Aktuatoren zum Einsatz (Transducer, z. B. Peltier-Elemente).
Keramiken basieren auf Ionenbindungen (oder stark polarer Atombindung) zwischen Metallen und Nichtmetallen. Sie sind im undotierten Zustand Isolatoren. Sie zeichnen sich durch einen hohen E-Modul, einen kleinen thermischen Ausdehnungskoeffizienten, sehr gute Beständigkeit gegen hohe Temperaturen, Korrosion und Verschleiß sowie durch eine geringere Dichte als Metalle aus. Sie sind jedoch spröde und nicht verformbar. Ihre Kristallstruktur ist komplexer aufgebaut als die einfachen dichten Packungen von Metallen (Abb. 1.4). Im angelsächsischen Sprachraum zählen auch die amorphen Gläser und anorganische Bindemittel (z. B. Zement) zur Klasse der Ceramics.
Abb. 1.3 Die Elementarzellen von Halbleitern der IV. Hauptgruppe (Si und Germanium in der Diamantstruktur (a)) und von III-V-Halbleitern (z. B. GaAs, eng verwandte Zinkblendestruktur (b)). Grundbaustein beider Strukturen ist ein kfz-Gitter, [1/4, 1/4, 1/4] eingeschoben wurde. Anders betrachtet kann man auchsagen, dass im ersten kfz-Gitter jede zweite Tetraederlücke (oder jeder zweite Achtelwürfel in seiner Mitte) mit einem weiteren Atom besetzt ist.
Abb. 1.4 Struktur von piezoelektrischen Keramiken auf Basis der Perowskit-Struktur. (a) Elementarzelle oberhalb derCurie-Temperatur; (b) Elementarzelle unterhalb der Curie-Temperatur, wo ferro- und piezoelektrische Eigenschaften vorliegen.
Keramiken werden eingesetzt als Kondensator-Dielektrika, Isolatoren, Sensoren und Aktuatoren (Piezos), Ionenleiter (Lambda-Sonde, Brennstoffzellen), Ferritmagnete, superparamagnetische Nanopartikel ohne Hysterese (Induktivitäten) in der Hochfrequenztechnik, als Hochtemperatur-Supraleiter oder als Laserkristalle (mit seltenen Erden dotiert). Der Einsatz von Keramik als Strukturwerkstoff erfolgt vor allem für Anwendungen bei hohen Temperaturen, bei starker Verschleißbeanspruchung oder in der Medizintechnik.
Abb. 1.5 Strukturmodell von Kunststoffen (Polyethylen). Kunststoffe bestehen aus kettenförmigen Makromolekülen mit Tausenden von Atomen. Der Kohlenstoff ist sp3-hybridisiert, seine vier Bindungsarme zu den Nachbaratomen spannen einen Tetraeder auf.
Polymere Werkstoffe (Kunststoffe) mit Tausenden von Atomen in den Molekülketten basieren