Michael Koch

Ein Leben für die Freiheit


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werden wir gehen?

      Ich sitze hier auf meinem Gefängnisbett in diesem kalten Sarkophag aus Stahl, gewärmt von dem Wissen, dass dieses neue Buch in deutscher Sprache seinen Weg in viele seelenverwandte Herzen in vielen Ländern finden wird. So werden die Leser ein persönliches Gefühl dafür bekommen, wer ich bin und wer die Menschen meines Volkes sind… Aber in Wirklichkeit geht es nicht um mich, Leonard Peltier, oder auch nur um mein notleidendes Volk – es geht um uns, die Angehörigen der gesamten Menschheit, die wir einander aus welchen Gründen auch immer Angst und Schrecken und Hass und Tod leiden lassen. Ob wir im Recht sind oder nicht, wir sind ALLE schuldig. Schuldig, uns zu weigern, das EINSSEIN in uns ALLEN zu sehen.

      Mitakuye Oyasin: Meine Sioux-Vorfahren haben uns gelehrt: Wir sind mit allen und allem verwandt.

      Lassen wir diese Worte für alle Menschen überall erklingen. Machen wir sie zu einer Hymne für die Menschheit, die die sinnlosen Gefühle des Hasses in unseren Herzen auslöscht. Im Lauf der vier Jahrzehnte meiner Gefangenschaft ist mir die Unterstützung und Freundschaft – und ja, sogar die Liebe – von vielen, vielen deutschsprechenden Menschen zuteil geworden. Diese Liebe wandert von ihren Herzen in mein Herz und wieder zurück. Sie fühlen sie, ich fühle sie, sie ist real – und sie ist mächtig. Lasst jeden von uns senden und empfangen – diese gegenseitige Liebe, diesen Respekt und diese spirituelle Kraft an die gesamte Menschheit, an jede einzelne Seele auf unserer Mutter Erde. Und möge dieses neue Buch dazu beitragen, dass dies geschieht.

      Doksha (Auf bald)

      Leonard Peltier

      (USP Coleman, Florida – Samstag, 28. November 2015)

      Übersetzung: Michael Schiffmann

      Email Leonard Peltiers an Michael Koch:

      ..9/22/2016 9:24 PM

      hey Doc :) I just received the book it looks good and of excellent quality, thank you Bro, its lock up for the nite . doksha L.P.

      „…wir waren im Krieg, und im Krieg sagst du nicht, wer schießt, wer auf wen schießt …

      Dies war ein Krieg, ein Krieg der vor Jahrhunderten begann und immer noch anhält. Wir sind das Ziel des längsten unerklärten Krieges in der Geschichte der US-Regierungen …

      Leonard Peltier ist ein großer Krieger. Er ist wie all die anderen, die im Camp lebten.

      … Sie hörten den Ruf der Bevölkerung. Sie kamen, um den Menschen beizustehen. Und so ist dies auch zu erinnern. Dies ist die einzige Art dies zu erinnern. Da war ein Krieg am Laufen, ja, und wir haben hierauf entsprechend geantwortet. Es waren nicht wir, die diesen Krieg begannen, es war das FBI!“

       Dennis Banks am 4.10.2013 vor dem „International Peoples Tribunal on Leonard Peltier“ in Green Bay/Wisconsin

       Grußwort der Nichte Leonard Peltiers zur zweiten Auflage des Buches

      Als mein Onkel, Leonard Peltier, November 2016 seine Grußworte an die deutschen Leserinnen und Leser der Erstauflage dieses Buches schrieb, war er noch voll der Hoffnung, dass die Tage seiner Haftentlassung kurz bevorstehen würden. Er und wir alle dachten dabei, dass das große Interesse und die Unterstützung im deutschsprechenden Teil Europas hier sicherlich auch eine große Hilfe sein würden, um für ihn endgültig die Türen zur Freiheit zu öffnen. Und so wie Ihr haben sich weltweit so viele andere Menschen für Leonards Freiheit eingesetzt und für alle schien es so, dass sich die Tore zur Freiheit öffnen würden. Wie Ihr alle wisst, haben sich die Dinge jedoch anders entwickelt. Mein Onkel ist immer noch gefangen in dem, wie er es nennt, Iron House. Und nach wie vor sind auch all seine indigenen Brüder und Schwestern überall in Amerika mit der fortgesetzten Geschichte von Unterdrückung, Menschenrechtsverletzung und Umweltzerstörung konfrontiert. In dieser schweren Zeit erhielten wir, auch mein Onkel Leonard, die Nachricht, dass dieses Buch nun in einer zweiten Auflage erscheinen wird. Wir haben mitbekommen, dass zu den Buchpräsentationen viele hundert Menschen bislang kamen und diese Veranstaltungen auch weitergehen, in den verschiedensten Städten Deutschlands. Mein Onkel und ich wissen, dass dies ein Beweis für Euer immer noch bestehendes Interesse und die anhaltende Unterstützung ist. Es ist ein gutes Gefühl zu wissen, das weit weg, auf der anderen Seite des Ozeans mehr und mehr Menschen sich im Falle Leonard Peltiers aber auch allgemein im Zusammenhang mit dem Schicksal der Native Americans für Gerechtigkeit, Menschenrechte und Freiheit einsetzen.

      Für all das, liebe Leserinnen und Leser, liebe Unterstützerinnen und Unterstützer, möchte ich mich im Namen meines Onkels Leonard Peltier, im Namen der amerikanischen Ureinwohner, im Namen aller ehrlichen Menschen auf dieser Welt und in meinem Namen bei Euch bedanken.

      Kari Ann Boushee, Nichte Leonard Peltiers (Fargo/North Dakota, 25.8.2017)

      Leonard Peltier sitzt seit Frühjahr 2017 fast permanent im Lock Down des USP Coleman, Florida. Aufgrund dieser Tatsache erhält er weder seine Emails noch kann er per Email kommunizieren. Daher war es ihm auch nicht möglich, rechtzeitig vor Druckbeginn der zweiten Auflage dieses Buches selbst ein Grußwort zu schreiben. Das Grußwort seiner Nichte ist jedoch mit ihm telefonisch abgestimmt. M. Koch, 25.8.2017

       Vorwort zur 2. Auflage

      Als wir, also der Verlag, die Lektoren und Autoren sowie der Herausgeber Anfang 2016 im Wettlauf gegen die Zeit die erste Auflage des vorliegenden Buches gerade noch rechtzeitig zur Leipziger Buchmesse gestellt hatten, machten wir uns nur wenige Gedanken über Dinge wie Verkauf, Lesereisen, Kundeninteresse oder gar Werbung. Das Buch und die damit verbundene Arbeit sahen wir gemeinsam vor allem als Beitrag im weltweiten Bemühen, den indianischen politischen Langzeitgefangenen Leonard Peltier nach 40-jähriger Haft endlich zu Freiheit und Recht zu verhelfen. Gleichzeitig wollten wir auf das historische und leider nach wie vor anhaltende Unrecht hinweisen, das den amerikanischen Ureinwohnern widerfahren ist und weiterhin widerfährt. Die Zeit zwischen Februar 2016 und Januar 2017 erschien uns als im doppelten Sinne relevantes Jahr. Zum einen war der mittlerweile 72-jährige Peltier nun seit 40 Jahren in Haft. Zum anderen stand im Kontext mit der Präsidentschaftswahl wieder eine präsidiale Begnadigung von Häftlingen an. Und hier lagen nun alle Hoffnungen, dass auch Leonard Peltier durch den scheidenden 44. Präsidenten Barak Obama begnadigt würde. In diesem besagten Jahr wurde im deutschsprachigen Raum das vorliegende Buch neben dem dreitägigen Symposium in Heidelberg (Free Peltier – Leonard Peltier und der Kampf der Native Americans), der Initiative „Musiker für Peltier“ und der Herausgabe der CD „One Life for Freedom“ zum wichtigen Baustein der europaweiten Solidaritätskampagnen. Buchvorstellungen und Lesereisen, Zeitungsartikel und Radioberichte, Werbeplakate und Veranstaltungsflyer erreichten viele tausend Menschen allein in Deutschland und trugen somit zur Verbreitung des Schicksals Peltiers bei. Über tausend Besucher kamen allein zu den knapp dreißig Buchvorstellungen. Doch unsere Hoffnung, dass sich für Leonard Peltier Anfang 2017 endlich die Tore des „Iron House“ zur Freiheit öffnen würden, wurde enttäuscht. Obama entschied sich dafür, alle juristischen Zweifel an Peltiers Schuld, alle humanitären Aspekte im Falle Peltiers und alle menschenrechtlichen Kritiken zu ignorieren. Und so wie es derzeit aussieht, wird es der jämmerliche Verdienst Obamas sein, Peltiers endloses Leiden und dessen Tod im Knast zu verantworten.

      Für uns als Herausgeber, Autoren und engagierte Menschenrechtler war dies eine maßlose Enttäuschung. Und immer wieder stellte sich die Frage, woher die Kraft nehmen, um mit der Solidaritäts- und Aufklärungsarbeit für Peltier sowie für indigene Anliegen und Rechte weiterzumachen. Das anhaltende Interesse an Lesungen auch nach der Begnadigungsablehnung und der Ausverkauf der ersten Auflage des vorliegenden Buches haben uns hierfür die notwendige Kraft gegeben. Wir freuen uns über das ungebrochene Interesse an diesem Thema. Der Fall und das Schicksal Peltiers dürfte einer der größten Justizskandale des 20. und 21. Jahrhunderts in den USA sein. Peltiers anhaltende Tortur steht für eine beispiellose Missachtung seiner persönlichen Rechte, indigener Rechte und Menschenrechte im Allgemeinen. Unsere Antwort haben Sie in Form der zweiten Auflage des Buches in der Hand. Wir haben Texte korrigiert und