Enthält der Kreditvertrag (wie meist, Rn. 261) sowohl eine persönliche als auch eine dingliche Unterwerfungserklärung, ist es notwendig, hinsichtlich der möglichen Einwendungen zu differenzieren, da wie gezeigt nur bei der persönlichen Unterwerfungserklärung der besondere Charakter als abstraktes Schuldversprechen vorliegt. Die Beispiele 31 und 32 zeigen die beiden Situationen der Verständlichkeit halber getrennt voneinander auf.
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Beispiel 31 (Dingliche Unterwerfungserklärung und Unwirksamkeit der Grundschuld):
Schuldner S schließt mit der B-Bank einen Kreditvertrag über 20 000 Euro ab und bestellt der B-Bank eine Grundschuld. Er unterwirft sich – in der üblichen Art und Weise – der sofortigen Zwangsvollstreckung in Höhe des Grundschuldbetrags in sein Grundstück. Die Grundschuldbestellung ist wegen formaler Fehler unwirksam. Die Bank fragt, ob sie aus der notariellen Unterwerfungsurkunde in das Grundstück vollstrecken kann.
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In Beispiel 31 muss man an Einwendungen nach § 767 I ZPO denken. Gegen die Vollstreckung aus der dinglichen Unterwerfungserklärung, die hier vorliegt, kann S sich nämlich mit der einfachen Vollstreckungsabwehrklage erfolgreich darauf berufen, dass die Sicherungsgrundschuld selbst unwirksam ist (sog. pfandrechtsbezogene Einwendungen). Die dingliche Unterwerfungserklärung ersetzt schließlich nur das Grundschuldurteil. Wenn die Grundschuld aber nicht besteht, kann aus der Unterwerfungserklärung nicht vollstreckt werden.
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Beispiel 32 (Persönliche Unterwerfungserklärung und sittenwidriger Kreditvertrag):
Schuldner S schließt mit der B-Bank einen Kreditvertrag über 20 000 Euro ab und unterwirft sich wegen des Rückzahlungsanspruchs der Zwangsvollstreckung in sein persönliches Vermögen. Es stellt sich heraus, dass der Kreditvertrag sittenwidrig ist. Die Bank vollstreckt dennoch aus der notariellen Unterwerfungsurkunde in das Vermögen des S. Wie kann S sich wehren?
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Um gegen die Vollstreckung aus der persönlichen Unterwerfungserklärung Vollstreckungsabwehrklage einlegen zu können, müssten S in Beispiel 32 materiell-rechtliche Einwendungen zustehen. In Betracht kommt die Sittenwidrigkeit des Kreditvertrags. Allerdings stellt die persönliche Unterwerfungserklärung einen abstrakten und damit zusätzlichen Schuldgrund dar, der unabhängig von der Wirksamkeit der zugrunde liegenden Verbindlichkeit besteht. Die persönliche Unterwerfungserklärung trägt ihren Rechtsgrund daher grundsätzlich „in sich selbst“. Das macht sie für den Gläubiger gerade attraktiv.
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Diese isolierte Betrachtung kann aber nicht immer richtig sein. Wie jede andere Leistung auch wird das Schuldversprechen aus einem bestimmten rechtlichen Grund gewährt. Wenn dieser fehlt, muss man es nach §§ 812 ff BGB kondizieren können. Dies bestimmt § 812 II BGB für Schuldanerkenntnisse sogar ausdrücklich. Die Rechtsprechung hilft in Fällen wie Beispiel 32 dem Schuldner daher, indem sie die Kondiktion des Schuldversprechens nach §§ 812 II, 817 S. 2, 821 BGB zulässt. Danach muss S hier die Vollstreckungsabwehrklage einlegen, falls die Bank vollstrecken sollte.
Eine Ansicht in der Literatur geht noch deutlich weiter. Danach sollen erhebliche materiell-rechtliche Fehler die Abstraktheit durchbrechen – das Schuldversprechen ist dann also ebenfalls nach § 138 BGB nichtig[19]. Folgt man dieser Ansicht, kommt für den Schuldner die Geltendmachung der Unwirksamkeit des Titels in Betracht. Darauf könnte S eine Titelgegenklage nach § 767 ZPO analog stützen. Auch hinsichtlich der persönlichen Unterwerfungserklärung kann S danach die Unwirksamkeit des Titels geltend machen. Richtiger Rechtsbehelf wäre dann die Titelgegenklage.
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In der Praxis sind die Fälle, in denen das Schuldversprechen kondiziert werden kann, eher die Ausnahmefälle. Die meisten Fehler des gesicherten Geschäfts schlagen nicht auf das Anerkenntnis durch. Generalisierend kann man aber sagen: Wenn die gesicherte Schuld gar nicht besteht (also z.B. ein Darlehen nie ausgezahlt wurde) oder wenn sie schon (teilweise) durch Bezahlung erloschen ist, greift stets § 821 BGB durch und der Schuldner kann die Bereicherungseinrede erheben.
Eine Kondiktion wird schließlich auch dann zugelassen, wenn die Partei nach dem Darlehensvertrag nur zu einer dinglichen Unterwerfungserklärung verpflichtet war, sich dann aber in den Klauseln des notariellen Vertrags eine persönliche Unterwerfungserklärung „verbirgt“.
Wenn dagegen die Schuld in irgendeiner Form noch besteht, sei sie auch verjährt oder habe sich der Rechtsgrund für die Zahlungspflicht auch geändert, so hat der Schuldner meist keine Einrede[20]. Es kommt dabei auch auf den Zweck der Abrede und auf den Fehler des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfts im Einzelfall an.
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Beispiel 33 (Verjährung der gesicherten Forderung):
Schuldner S hat sich gegenüber Gläubiger G wegen eines Darlehens wirksam der Vollstreckung in sein persönliches Vermögen unterworfen. Nun ist der Anspruch auf Rückzahlung des Darlehens verjährt. G vollstreckt dennoch gegen S. Kann S sich mit einer Vollstreckungsabwehrklage auf die Verjährung des Anspruchs berufen?
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In Beispiel 33 liegt ein typischer Fall dafür vor, dass das Schuldanerkenntnis unabhängig von der gesicherten Forderung weiter durchsetzbar bleibt[21].
BGH NJW 2010, 1144:
„Das von einem Schuldner in einer notariellen Grundschuldbestellungsurkunde abgegebene abstrakte Schuldversprechen mit Vollstreckungsunterwerfung ist nicht deshalb nach § 812 II BGB kondizierbar, weil der durch die Grundschuld gesicherte Anspruch des Gläubigers verjährt ist. Die Vorschrift des § 216 II 1 BGB ist auf ein solches Schuldversprechen analog anwendbar.“
Zu einem kleineren Mangel der rechtlichen Grundlage auch BGH NJW 2008, 3208:
„Ein im Darlehensvertrag entgegen § 4 I 4 Nr. 1 lit. g VerbrKrG [jetzt § 492 II BGB, Art. 247 § 7 Nr. 2 EGBGB] nicht angegebenes, vom Verbraucher aber gleichwohl bestelltes vollstreckbares Schuldversprechen, das eine bestehende Verbindlichkeit sichert, muss der Kreditgeber nicht zurückgewähren.“
§ 6 Titelgegenklage (Klage sui generis analog § 767 ZPO) › III. Zulässigkeit
III. Zulässigkeit
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Die Zulässigkeit entspricht weitgehend der Vollstreckungsabwehrklage[22] (Rn. 198 ff). Nur die Statthaftigkeit weicht ab. Die Titelgegenklage ist statthaft, wenn der Schuldner sich auf die Nichtigkeit (Unwirksamkeit) des Titels berufen will.
Bei der Zuständigkeit gibt es eine kleine Besonderheit, wenn die Vollstreckung aus einer dinglichen Unterwerfungserklärung nach § 800 ZPO erfolgt. Dann ist für die Vollstreckungs- oder Titelgegenklage das Gericht am Belegenheitsort des Grundstücks nach § 800 III ZPO örtlich zuständig[23].
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Beim Rechtsschutzbedürfnis ist zu beachten, dass mit der Klauselerinnerung nach § 732 ZPO nicht das gleiche Ziel erreicht werden kann, wie mit der Titelgegenklage. Eine Klage aus § 767 I ZPO analog bleibt deshalb zulässig, auch wenn der Schuldner zuvor mit denselben Einwendungen Klauselerinnerung eingelegt hat[24].