Achim Bönninghaus

BGB Allgemeiner Teil II


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nach Hause. Nachdem S dem A den Fertigstellungstermin genannt hat, kümmert er sich nicht mehr darum. Er ist sehr überrascht, als B nach einem Monat wütend bei ihm anruft und die Abholung des Wagens Zug-um-Zug gegen Zahlung von 15 000 € verlangt. Ist zwischen S und B überhaupt ein Vertrag zustande gekommen?

      S und B haben sich auf eine Überholung des abgegebenen Oldtimers durch den B geeinigt. Fraglich ist aber, wer nach den Erklärungen Vertragspartner des B werden sollte. Die Formulierung „Der Wagen soll überholt werden.“ spricht dafür, dass S aus der Sicht des B selbst Auftraggeber werden wollte. Schließlich war er in dem Moment Besitzer des Wagens gewesen und danach als Eigentümer zu vermuten (§ 1006). Außerdem hatte er dem B seinen Namen und seine Telefonnummer für Rückfragen hinterlassen. Etwas anderes hätte sich dann ergeben können, wenn A dem B die Vertreterstellung des S angekündigt hätte. Dies ist hier jedoch nicht geschehen. Nach allem musste B die Erklärung des S so verstehen, dass dieser selbst Vertragspartner werden wollte. Damit ist zwischen S und B ein Vertrag geschlossen worden.

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      Gelingt es einer Person nicht, ihr Handeln in fremdem Namen deutlich zu machen, ist ihr Geschäftswille nicht richtig zum Ausdruck gekommen. Im Falle einer derart „verunglückten“ Stellvertretung stünde dem Vertreter eigentlich ein Anfechtungsrecht nach § 119 Abs. 1 Var. 1wegen Inhaltsirrtums zu. Schließlich hat er versehentlich eine Erklärung abgegeben, die er so nicht wollte und bei verständiger Würdigung (§ 119 Abs. 1 Hs. 2) auch so nicht abgegeben hätte. § 164 Abs. 2 schließt jedoch ein Anfechtungsrecht in diesen Fällen aus, so dass es aus Gründen der Rechtssicherheit bei dem Vertragsschluss zwischen dem Vertreter und dem Geschäftspartner verbleibt. Der Vertreter muss also für den von ihm geschaffenen Rechtsschein, er sei selbst der Vertragspartner, einstehen, und haftet auf die Erfüllung des Vertrages und eben nicht bloß auf den Ersatz des Vertrauensinteresses nach Anfechtung gemäß § 122. Im vorstehenden Beispiel kann V den mit B geschlossen Werkvertrag somit auch nicht nach § 119 Abs. 1 Var. 1 anfechten.

      2. Teil Die StellvertretungB. Offenkundigkeitsprinzip › II. Handeln unter fremdem Namen

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      Führt die Auslegung dazu, dass Geschäftspartner die handelnde Person und nicht der wahre Namensträger sein soll, liegt ein Eigengeschäft der handelnden Person unter falscher Namensangabe vor. Auf die Vertretungsmacht kommt es nicht mehr an.

      Beispiel

      A möchte einen Kongress besuchen und seine Geliebte mitnehmen. Damit seine Frau von der Affäre nichts erfährt, geht er in Absprache mit seinem ledigen Kollegen K, der den Kongress ebenfalls besuchen wird, folgendermaßen vor: A bucht beim Hotelier H ein Doppelzimmer unter Angabe des Namens „K“, K bucht hingegen ein Einzelzimmer unter Angabe des Namens „A“. H weiß von dem „Namenstausch“ nichts. Von wem kann der H die Zahlung des Doppelzimmers beanspruchen?

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      Ein Anspruch des H auf Bezahlung des Doppelzimmers gegen A aus Vertrag setzt notwendig voraus, dass zwischen A und H ein Beherbergungsvertrag über das Doppelzimmer zustande gekommen ist. Beide Parteien haben sich auf die Buchung eines Doppelzimmers geeinigt. Fraglich ist allein, wer nach den Erklärungen Vertragspartner des H sein sollte. Insoweit kommen nach den wechselseitigen Erklärungen einmal der A als persönlich handelnde Person selbst und zum anderen der K als Namensträger in Betracht. Wer Vertragspartner werden soll, ist hier durch Auslegung gemäß §§ 133, 157 zu ermitteln. Ein besonderes Interesse des H, den Vertrag gerade mit dem wahren Namensträger schließen zu wollen, ist nicht ersichtlich. Die Eigenschaft als Namensträger spielt bei der Durchführung dieses Vertrages keine Rolle. Im Gegenteil hat der Hotelier ein besonderes Interesse daran, dass der Vertragspartner auch die tatsächlich handelnde Person ist. Zum einen mag er den Abschluss eines Beherbergungsvertrages auch von dem persönlichen Erscheinen und Auftreten des Gastes abhängig machen wollen („Gesichtskontrolle“). Zum anderen erleichtert ihm die persönliche Kenntnisnahme seines Vertragspartners später auch die Durchsetzung seiner Ansprüche, etwa wenn der Gast wieder abreisen will und die Rechnung noch nicht bezahlt hat. Da A umgekehrt nicht deutlich gemacht hat, dass Vertragspartner eine andere Person werden solle, führt die Auslegung im Ergebnis zu einem Vertragsschluss zwischen A und dem H. A ist folglich aus dem mit H geschlossenen Vertrag zur Zahlung des Doppelzimmers verpflichtet.

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      Beispiel

      K hat bei V im Internet ein Sofa gekauft und bezahlt. K soll das Sofa abholen. Betrüger B erscheint bei V und gibt sich als K aus und nimmt das Sofa mit. Hier ergibt die Auslegung der Einigung nach § 929 S. 1, dass V das Eigentum am Sofa an den Namensträger K übertragen möchte und nicht an den B. Nur bei Übereignung an K könnte V sicher sein, seine Verpflichtung aus dem Kaufvertrag gem. § 433 Abs. 1 S. 1 zu erfüllen (vgl. § 362 Abs. 1).

      2. Teil Die StellvertretungB. Offenkundigkeitsprinzip › III. Unternehmensbezogenes Rechtsgeschäft

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