Peter Bülow

Recht der Kreditsicherheiten


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JuS 1994, 721), aber nicht die kreditsicherungsrechtlich virulente Frage, wie Gleichklang zwischen Sicherheit und Kredit herzustellen ist. Abstrakt zum obligatorischen Geschäft, dem Sicherungsvertrag, ist auch die Bestellung der akzessorischen Hypothek nach §§ 873, 1115. Das kreditsicherungsrechtlich relevante Verhältnis zwischen Grundgeschäft und Sicherheit wird präziser mit Nicht-Akzessorietät bezeichnet, sodass die Kategorien akzessorische und nicht-akzessorische Sicherheiten nebeneinander stehen.

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      Nicht-akzessorisch mit der gesicherten Forderung verbunden sind die kautelarischen Realsicherheiten, weil der in der Akzessorietät liegende Mechanismus zwischen Grundgeschäft und Bestellungsgeschäft nur durch Gesetz bestimmt werden kann. Durch Rechtsgeschäft ist eine Verknüpfung allenfalls im Wege der auflösenden Bedingung möglich (vorst. Rn. 40). Immerhin erwägenswert mag eine rechtsgeschäftliche Akzessorietätskonstruktion bei kautelarischen Personalsicherheiten sein, wo die Bestellung der Sicherheit in einem obligatorischen Vertrag liegt (unten Rn. 1734 a.E.). Mit der Grundschuld erfasst auch das Gesetz eine abstrakte, nicht-akzessorische Sicherheit.

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      Die Forderungsgarantie als nicht-akzessorische Personalsicherheit kennzeichnet sich dadurch, dass die Einstandspflicht gerade auch dann besteht, wenn die gesicherte Forderung mit Einwendungen behaftet ist. Nur die Erfüllung wirkt für den Garanten (den Sicherungsgeber), im Übrigen endet der Anspruch des Kreditgläubigers aus der Garantie trotz Einwendungen gegen die Forderung erst an der Grenze zum Rechtsmissbrauch (unten Rn. 1683).

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      Durch den Schuldbeitritt (kumulative Schuldübernahme) bestärkt der Beitretende die Verbindlichkeit des Schuldners, indem er mit diesem ein Gesamtschuldverhältnis gem. §§ 421 ff. BGB zum Zwecke der Sicherung bildet (Sicherungsgesamtschuld). Unmittelbare Wirkung für den Beitretenden haben gem. §§ 422 bis 424 nur Erfüllung, Erlass und Gläubigerverzug, während gem. § 425 andere Tatsachen nur für oder gegen denjenigen Gesamtschuldner wirken, in dessen Person sie eintreten. Die gesamtschuldnerische Bindung ist also nur teilweise akzessorisch, freilich unter dem Vorbehalt, dass sich aus dem Schuldverhältnis nicht ein anderes ergibt (§ 425 Abs. 1 BGB, unten Rn. 1708). Eine andere Frage ist, ob einerseits mehrere Sicherungsgeber (vorst. Rn. 20) oder andererseits Hauptschuldner und Dritter, z.B. der Bürge, Gesamtschuldner sind (unten Rn. 1084) und in welchem Verhältnis Gesamtschuldner als solche zu den Kreditsicherheiten stehen (nachf. Rn. 47 ff.).

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      Das Verhältnis von Kreditsicherungsrecht und dem Recht der Gesamtschuld nach §§ 421 ff. BGB wirft neben dem Problem der Abhängigkeit der Sicherheit vom Kredit (vorst. Rn. 46) Fragen ganz unterschiedlicher Richtung auf. Zunächst gilt es zu klären, wann ein Gesamtschuldverhältnis zugleich eine Personalsicherheit (vorst. Rn. 11) darstellt. Eine weitere Frage ist, ob der Sicherungsgeber (z.B. der Bürge) und der Schuldner der gesicherten Forderung (Hauptschuldner) Gesamtschuldner sind. Diese Frage stellt sich nur, wenn Kreditschuldner und Sicherungsgeber verschiedene Personen sind (Kreditsicherung für eine Drittschuld), stets bei den Personalsicherheiten, im besonderen Fall bei den Realsicherheiten. Schließlich ist fraglich, ob mehrere Sicherungsgeber untereinander Gesamtschuldner sind.

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      Ein Gesamtschuldverhältnis kann dadurch begründet werden, dass auf der einen Vertragsseite mehrere Personen stehen: Zwei Gewerbetreibende kaufen zusammen einen Bürocomputer, Eheleute kaufen gemeinsam ein Auto, mehrere Kaufleute nehmen zusammen einen Kredit auf. In diesen Fällen kann der Gläubiger im Allgemeinen die Leistung gem. § 421 Satz 1 BGB nach seinem Belieben von jedem Schuldner ganz oder teilweise fordern. Insofern ist seine Aussicht auf Befriedigung bestärkt wie bei einer Personalsicherheit. Aber während sich die Personalsicherheit dadurch kennzeichnet, dass sie eine einseitige Pflicht des Interzessionars begründet und der Gläubiger allenfalls Nebenpflichten hat, steht der Gläubiger im typischen Fall des Vertragsschlusses mit mehreren Personen auf der Gegenseite zugleich in der Schuld dieser Personen, hat also z.B. gegenüber allen die Vertragspflicht eines Verkäufers oder Darlehensgebers; diese können Gesamtgläubiger gem. § 428 BGB sein oder Leistung an alle gem. § 432 Abs. 1 Satz 1 BGB fordern können. Der Gläubiger auf der einen und die Mehrheit der Vertragspartner auf der anderen Seite stehen im Gegenseitigkeitsverhältnis, im Synallagma. Soweit die Mehrheit der Vertragspartner in ihrer Eigenschaft als Gesamtschuldner betrachtet werden, hat sich ihre Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger aus gleichem, primärem Schuldgrund ergeben, nicht aber hat der eine die Schuld des anderen bestärkt, ist nicht der eine hinzugetreten, um für den anderen einzuspringen (unten Rn. 1717). Deshalb sind solche paritätischen oder gleichgründigen Gesamtschulden (Ehmann, Die Gesamtschuld, 1972, S. 359) nicht Personalsicherheiten (Interzessionen), auch nicht der Schuldbeitritt aus eigenem Interesse des Beitretenden, der ebenfalls eine gleichgründige Gesamtschuld entstehen lässt mit der Besonderheit, dass die Gemeinsamkeit des Versprechens (§ 427 BGB) nicht zeitgleich, sondern nachträglich herbeigeführt wird (Erman/Ehmann, § 427 Rn. 6). Hierbei ist der Begriff der Gleichstufigkeit nicht hilfreich (so aber Bartels, Der vertragliche Schuldbeitritt im Gefüge gegenseitiger Dauerschuldverhältnisse, 2003, S. 34 sowie JZ 2000, 608, 610; krit. dagegen Sonja Meier, Gesamtschulden, 2010, S. 909 ff.).

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      Das schließt nicht aus, dass der eine mit einem anderen, sei es von Anfang an oder nachträglich, das Gesamtschuldverhältnis nur aus der Absicht begründen will, dem Gläubiger einen weiteren Schuldner zu bieten, ohne selbst auch Gläubiger der Leistungspflicht des Kredit gebenden Gläubigers zu werden. In diesem Fall begründet das Gesamtschuldverhältnis eine einseitige Verpflichtung des Gesamtschuldners und dient mithin der Bestärkung der Hauptschuld. Die Gesamtschuld ist als Sicherungsgesamtschuld Personalsicherheit, nämlich als Typus des Schuldbeitritts zu Sicherungszwecken (unten Rn. 1708 ff.), und unterliegt im Gegensatz zur Ausgangslage der Gesamtschuld dem Grundsatz der Subsidiarität, der die Anwendung von § 421 Satz 1 BGB ausschließt (nachf. Rn. 85).

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      Bei der Interzession kann der Gläubiger, der Kreditgeber, sowohl den Hauptschuldner wie den Sicherungsgeber oder doch dessen Gegenstand (das Grundstück, das Sicherungsgut) in Anspruch nehmen. Zwar begründet der Umstand allein, dass ein Gläubiger mehrere Schuldner wegen desselben Zugriffsgegenstandes in Anspruch nehmen kann, noch kein Gesamtschuldverhältnis; allerdings sind das Sicherungsverhältnis und das Hauptschuldverhältnis durch den Sicherungszweck miteinander verbunden, was bereits als ausreichend für ein Gesamtschuldverhältnis angesehen wird (Erman/Ehmann, § 421 BGB Rn. 40, 45). Jedoch sind die einzelnen Kreditsicherungsarten abweichend vom Regelungsmuster der Gesamtschuld nach §§ 421 ff. ausgestaltet. Für die einzelnen Kreditsicherungsarten ergibt sich vielmehr:

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