mich lange an, während ich mir schnell meinen Mund mit Hühnchen und Reis fülle, um nicht antworten zu müssen.
»Ich bin nur müde«, sage ich, nachdem ich fertiggekaut habe, »nur müde, ich lege mich etwas hin.«
17.45 Uhr
Rashid hat Glück. Wir gehen durch die kleine Wohnung und seine lachenden Augen verraten mir, wie froh er ist. Die Wohnung hat ein kleines Schlafzimmer, das Wohnzimmer ist etwas größer, Bad und Klo sind getrennt, alles ist sauber. Ich helfe Rashid mit Worten aus, wenn er mit dem Vermieter spricht, und nicht die richtigen Sätze findet. Der Vermieter ist ein freundlicher Mann. Er erklärt geduldig, was Rashid ihm noch schicken muss, damit die Wohnung sein neues Zuhause werden kann. »Danke«, sagt Rashid danach zu mir. Wir verabschieden uns gerade an der U-Bahnstation Kettenbrückengasse, als mein Handy klingelt. Ich sehe auf das Display. Es ist mein Chef. Am liebsten würde ich nicht abheben. Die Müdigkeit sitzt mir so schwer in den Knochen. Ich spüre meinen Körper in den harten U-Bahnsitz sinken. Als ob ich nie wieder aufstehen könnte.
»Kannst du kommen, nachher?«, fragt mein Chef. »Es muss noch so viel vorbereitet werden. Du weißt ja, morgen fängt der zweite Lockdown an.«
»Wann?«, frage ich etwas träge nach.
»Um 19 Uhr am Karlsplatz.«
Ich bin so müde, dass ich vergesse, dass man ein Nicken nicht durchs Telefon sehen kann.
»Ich komme.«
Der Blick auf die Uhr verrät mir, dass es keinen Sinn mehr macht, nachhause zu fahren. Schnell schreibe ich noch eine Nachricht an Nada.
»Muss doch noch auf die Arbeit jetzt leider.«
»Schade«, schreibt sie zurück und »Wir reden ein anderes Mal.«
»Wird sicher nicht so spät heute.«
Weil es aber zu früh ist, um direkt hinzufahren, beschließe ich einen Teil des Weges zu Fuß zu gehen. Ich fahre ein paar Stationen, steige aus und spaziere dann langsam Richtung Karlsplatz. Eigentlich komme ich immer zu spät, nicht viel, aber immer ein paar Minuten zu spät. Diesmal nicht. Diesmal bin ich viel zu früh dran. Ich setze mich in die Lounge in der Filiale am Karlsplatz, rede mit den Mitarbeitern und hole mir etwas zu trinken. Ich muss an Rashid denken, an sein fröhliches Gesicht, daran, was es heißt ein Zuhause zu haben, in dem man sich wohlfühlt. Meinen eigenen Traum, von einem Haus für die ganze Familie, habe ich auch noch nicht aufgegeben. Irgendwann, das weiß ich, werden wir es schaffen. Nachdenklich reiße ich eine Serviette in Streifen, als mein Handy wieder klingelt.
»Bist du schon da, Osama? Heute doch nicht Karlsplatz, du müsstest bitte zur Filiale am Schwedenplatz kommen.«
Einen kurzen Moment bleibe ich noch sitzen und strecke meinen müden Körper.
Dann gehe ich los.
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