Wolfgang Altgeld

Geschichte Italiens


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Ablehnung Heinrichs aus charakterlichen Gründen oder die Zurückweisung des von ihm erhobenen Anspruchs des Kaiserreichs auf Sizilien; jedoch besteht bei dieser Argumentation die Gefahr einer Rückprojektion späterer Ereignisse.

      Heinrich VI. versuchte sofort, seine Ansprüche militärisch durchzusetzen: zunächst durch eine Aktion Heinrichs von Kalden im Sommer 1190, dann durch einen persönlich geleiteten Feldzug im Sommer 1191. Dieses Unternehmen scheiterte aber, denn im Heer brachen bei der Belagerung Neapels Seuchen aus, und Heinrich, selbst erkrankt (die welfische Partei verbreitete in Deutschland sogar schon das Gerücht seines Todes), musste umkehren.

      Zwischen den beiden deutschen Angriffen passierten Philipp II. von Frankreich und Richard Löwenherz von England im Rahmen des 3. Kreuzzuges Sizilien (Philipp hielt sich vom 16. September 1190 bis zum 30. März 1191, Richard vom 23. September 1190 bis zum 10. April 1191 in Messina auf); Richard versuchte dabei, vermeintliche Erbansprüche seiner Schwester, der Witwe Wilhelms II., gewaltsam durchzusetzen.

      Erst als Heinrichs Angriff gescheitert war, bezog Papst Cölestin III. Stellung und erkannte Tankred als König von Sizilien an. Dieser musste im Konkordat von Gravina im Januar 1192 auf all jene kirchlichen Sonderrechte verzichten, [67]die die normannischen Könige noch von den Zeiten der Eroberung Siziliens aus islamischer Hand her innehatten. Im August 1192 erhob Tankred seinen Sohn Roger (III.) zum Mitkönig, der aber noch vor seinem Vater im Dezember 1193 starb. Tankred selbst starb am 20. Februar 1194 und hinterließ seinen zweiten Sohn Wilhelm III. unter der Regentschaft seiner Mutter Sybilla.

      Die Stauferzeit

1128–1130 Konrad III. (Gegen-)König in Italien.
1130 Schisma zwischen Innozenz II. und Anaklet II.
1133 Lothar III. führt Innozenz II. nach Italien und wird zum Kaiser gekrönt.
1139 Zweites Laterankonzil.
1153 Konstanzer Vertrag zwischen Friedrich I. und dem Papsttum.
1155 Friedrich I. Barbarossa König von Italien und Kaiser.
1158 Programmatischer Reichstag von Roncaglia.
1159 Schisma zwischen Alexander III. und Viktor IV.
1162 Zerstörung Mailands.
1176 Schlacht von Legnano: Friedrich I. unterliegt dem lombardischen Städtebund.
1177 Friede von Venedig zwischen Friedrich I. und Alexander III.
1179 Drittes Laterankonzil (Papstwahlordnung).
1183 Friede von Konstanz zwischen Friedrich I. und den lombardischen Städten.
1186 Heirat Heinrichs VI. mit Konstanze von Sizilien.
1190 [68]Tod Friedrichs I.
1191 Heinrich VI. Kaiser; vergeblicher Zug gegen die Normannen.
1194 Heinrich VI. König von Sizilien.
1197 Tod Heinrichs VI.

      Lothar III. und Konrad III.

      Wie ein harmonisches Vorspiel, das jedoch künftige Konflikte erahnen ließ, mutete die Italienpolitik Lothars III. an, der 1125 nach dem kinderlosen Tode Heinrichs V. unter Übergehung des Staufers Konrad (der von 1128 bis 1130 in Italien ein Gegenkönigtum aufzubauen versuchte) und mit maßgeblicher kirchlicher Beteiligung gewählt wurde. Das Schisma, das 1130 zwischen Innozenz II. und Anaklet II. ausbrach, bildete für ihn Aufgabe und Chance: Er führte Papst Innozenz II., der über die Alpen geflohen war, nach Italien zurück und empfing von ihm 1133 in Rom die Kaiserkrone. Freilich kam es schon bei der ersten Begegnung zwischen ihm und dem Papst zu einem Konflikt über die Bedeutung des Stratorendienstes (der Vorfall wiederholte sich 1154 in Sutri zwischen Barbarossa und Hadrian IV.). Auch beim zweiten Italienzug Lothars gab es Meinungsunterschiede zwischen Kaiser und Papst (vgl. S. 62).

      Innozenz II. nahm als erster Papst imperiale Ehrenrechte für sich in Anspruch (Bestattung in einem Porphyrsarg); die Kaiserkrönung Lothars ließ er dagegen auf einem Gemälde im Lateran in die Nähe einer Lehnsnahme rücken. Andererseits unterlag er nicht nur im Konflikt mit den [69]Normannen, sondern musste auch der Stadt Rom die Errichtung einer kommunalen Selbstverwaltung zugestehen, die in nostalgischer Erinnerung an die Antike als römischer Senat bezeichnet wurde.

      Friedrich I. Barbarossa

      Da Konrad III. in seiner Zeit als rechtmäßiger deutscher König Italien nicht betrat, griff erst sein Nachfolger Friedrich I. Barbarossa (1152–1190) wieder in die italienischen Verhältnisse ein. Er tat dies in sechs Italienzügen und hielt sich damit mehr als ein Drittel seiner Regierungszeit südlich der Alpen auf. Dieses massive Interesse an Italien wurde ihm von der älteren deutschen Geschichtsschreibung oft vorgehalten und führte zu einer gelehrten Kontroverse über die mittelalterliche deutsche Italienpolitik, die von 1859 an im sogenannten Sybel-Ficker-Streit zwischen Heinrich von Sybel und Julius Ficker gipfelte; allerdings flossen in die Auseinandersetzung auch tagespolitische Motive (Verhältnis zwischen Bayern, Preußen und Österreich, Verlust Venetiens 1866) mit ein.

       Barbarossas Italienzüge

Hauptziel bzw. -ereignis weitere Ereignisse
1. Zug 1154–1155 Kaiserkrönung Scholarenprivileg
2. Zug 1158–1162 Zerstörung Mailands Reichstag von Roncaglia, Schisma und Synode von Pavia
3. Zug 1163–1164 Bekämpfung der Lombarden
4. Zug 1166–1167 Katastrophe vor Rom
5. Zug 1174–1178 Friede von Venedig Vorfriede von Montebello, Begegnung mit Heinrich dem Löwen in Chiavenna, Schlacht von Legnano, Friede von Konstanz
6. Zug 1184–1186 Heirat Heinrichs VI.

      [70]Barbarossas erster Italienzug diente vorrangig der Kaiserkrönung. Vorbereitend wurden im Konstanzer Vertrag von 1153 die Positionen