Stefan Kiechle

Gott die Ehre


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sind, schnell ablehnt und damit unüberlegt das Ganze der Exerzitien verwirft. Dass man umgekehrt im Transfer für heute – hermeneutisch nachlässig – die schwierigen Elemente vereinfacht oder mit der guten Absicht, sie zu „retten“ (vgl. 22), glattbügelt. Dass man den Text der Exerzitien überkanonisiert und so überexegetisiert, dass jedes Wort für heute bedeutsam sei. Dass man umgekehrt die historisch bedingten Exerzitien mit heutigen theologischen Fragestellungen heillos überfordert. Dass man in der gegenwärtigen rationalen und funktionalen Lebensweise der Versuchung erliegt, das Verstehen der Exerzitien schon für die Erfahrung zu halten oder es an die Stelle der Erfahrung treten zu lassen. Dass man aus dem Verstehen eines vielleicht intellektuell konstruierten oder spirituell idealisierten „Prozesses“ vorschnell Maximen oder auch konkrete Entscheidungen für die Exerzitien-Praxis ableitet. Dass man generell die Theologie über- und die Erfahrung unterschätzt – oder umgekehrt.

      Gott gibt zu denken – darum betreibt der Mensch Theologie. Spirituelle Theologie nimmt geistliche Erfahrung als Quelle theologischen Denkens ernst. Diese kurze Theologie der Exerzitien legt die von Ignatius von Loyola begründete spirituelle Praxis für heutiges Fragen theologisch aus. Ihr Blick geht auf Gottes Wirken an dem, der Exerzitien macht, auf seine Beziehung zu Gott und auf sein Tun für ihn.

      1Nach dem klassischen lat. Diktum fides quaerens intellectum (Glaube, die Vernunft befragend).

      2Als Einführung zu Ignatius und zum Exerzitienbuch: Stefan Kiechle (32020).

      3Das Exerzitienbuch wird nach dem „Autographen“ zitiert, der ältesten, spanisch abgefassten Handschrift. Im vorl. Buch verweist eine eingeklammerte Zahl im Text immer auf die Randnummer des Exerzitienbuches. Übersetzung nach Peter Knauer, gelegentlich vom Verfasser verändert.

      4Karl Rahner sagt in seinem Aufsatz „Die ignatianische Logik der existentiellen Erkenntnis bei Ignatius von Loyola“ von 1956, „die eigentliche Theologie der Exerzitien sei noch immer ein Desideratum“ (SW 10, 368 f.). Seither wurden dafür Bausteine zusammengetragen – auch dieses kurze Buch sei ein Baustein.

      5Siehe das Literaturverzeichnis; auf Spanisch, Französisch und Englisch gibt es mehr Literatur als im Deutschen.

      6Um die Kompliziertheit gendergerechter Sprache zu vermeiden, wechselt diese Theologie immer wieder zwischen weiblichen und männlichen Beispielen.

       I.Geschaffen

      Die erste Bewegung Gottes zum Menschen ist, dass er ihn erschaffen hat und ständig weiter erschafft. Ignatius beginnt den inhaltlichen Teil seines Buches ganz direkt: „Der Mensch ist geschaffen dazuhin …“ (23). Er beginnt also nicht wie die klassische Theologie mit einer Gotteserkenntnis oder -lehre, sondern er setzt beim Menschen an – deutet sich hier die anthropologische Wende der beginnenden Neuzeit an, nach welcher der Mensch Gott als Zentrum des Kosmos verdrängt? Im Text schließt sich an: „und die übrigen Dinge auf dem Angesicht der Erde …“: Eingebunden ist der Mensch in einen gewaltigen Kosmos, der „für ihn geschaffen“ (ebd.) ist. Dieser erste Abschnitt der Theologie der Exerzitien behandelt das „Prinzip und Fundament“ und einige Fragen zum Ganzen und zur Methode der Exerzitien.

      1.Einzeln und gemeinsam

      Im Tod wird die Seele vom Leib getrennt; nach der Auferstehung erscheint Christus wieder „in Leib und in Seele“ (219). Der Leib wird also wertgeschätzt und aktiv in das geistliche Üben einbezogen. Der Leib ist ein gleichsam geistliches Mittel, das hilft, den Menschen zu Gott zu führen. Die innige Verbindung und Einheit von Leib und Seele gehören wesentlich zur ignatianischen Schöpfungslehre und Anthropologie.

      # „Loben“ (alabar) meint, dass der Exerzitant ausdrücklich die Größe und Güte Gottes anerkennt und preist: mit Worten, in schweigender Anbetung, durch sein tätiges Leben.